Im Jahr 1954 erschien Ilja Ehrenburgs letzter Roman „Tauwetter“, der dann der Lockerung bzw. Tauwetter-Periode in Osteuropa ihren Namen gab.
Nach Stalins Tod wurde eine Aufweichung des politischen Systems spürbar.
Der Kardinal Stefan Wyszyński wurde aus seiner Internierung befreit und wurde stürmisch begrüßt. Die Zensur wurde gelockert. Das Wochenblatt der Jugend „Po prostu“ (Einfach), wurde von einem Parteiorgan zu einer Tribüne sogenannter Reformer. Wir wissen, dass „Reform“ nichts Gutes bedeutet. Die Wandlung des Begriffs „Reform“ von Fortschritt zu Rückschritt begann schon damals.
Auf dem XX. Parteitag der KPdSU (14. bis 26. Februar 1956) hielt Nikita Chruschtschow eine Geheimrede mit scharfer Kritik an Stalin. Der 1. Sekretär der PVAP, Bolesław Bierut, erkrankte während des Kongresses und starb noch in Moskau am 12. März 1956. Nach seiner Beerdigung wurde in Polen der Text der Geheimrede vom Zentralkomitee der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) intern über 3.000 mal vervielfältigt und jedem lokalen Parteigremium zur Verfügung gestellt. Eines dieser Exemplare gelangte auch über einen Mossad(Geheimdienst Israels)-Agenten an die CIA (Geheimdienst der USA) und das US State Department.[1]
Am 28. Juni 1956 kam es in Posen zu konterrevolutionären Umtrieben, die in der offiziellen Geschichtsschreibung als „Aufstand der Arbeiter der Lokomotivwerke“ verkauft werden. Es gab viele Tote. Die Lage wurde immer angespannter. Am 19. Oktober 1956 begann die 8. Plenarsitzung des Zentralkomitees der PVAP. Am Vortag der Sitzung kam unerwartet Chruschtschow nach Warschau. Einheiten der Sowjetarmee in Polen begannen in Richtung Warschau vorzurücken.
Am 21. Oktober wurde Władysław Gomułka, der ehemalige 1. Parteisekretär und Häftling unter Bierut, zum neuen 1. Sekretär gewählt. Gomułka hielt am 24. Oktober auf dem Platz vor dem Warschauer Kulturpalast eine Rede vor einigen hunderttausend Warschauern.

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Gomułka fuhr vom 16. bis 18. November nach Moskau und kam mit vielen sowjetischen Zugeständnissen zurück. U.a. wurden viele polnische Bürger aus der Verbannung in Kasachstan befreit.
Der sowjetische Marschall Rokossowski (sowjetisch-polnischer Offizier und Verteidigungsminister der Volksrepublik Polen), Oberbefehlshaber der polnischen Armee, verließ eilig Warschau. Ihm folgten viele sowjetische Offiziere in polnischen Uniformen. Die Stadt Stalinogród wurde in Katowice zurückbenannt. Die Kollektivierung der Landwirtschaft wurde gestoppt, bzw. rückgängig gemacht.
Die Freude der konterrevolutionären Bewegung in Polen wurde getrübt, als die versuchte Konterrevolution in Ungarn im Jahre 1956 niedergeschlagen wurde.
Die Tauwetter-Periode dauerte nicht lange. Schon 1957 wurde das Blatt „Po prostu“ wegen Abweichung von den Parteirichtlinien geschlossen.
Gomułka fehlte die Entschlossenheit die Konterrevolution, die als „Reformen“ firmierte, voranzutreiben.
Das Land versank in der Folgezeit in Stagnation. Gomułka fand keinen Ausweg aus der sich ständig verschlechternden Lage. Ein Jahrzehnt später kam es zu den März-Unruhen 1968, schließlich zum Aufstand vom Dezember 1970, der den Sturz der Parteiführung am 19. Dezember 1970 verursachte.
Entnommen von Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel
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