Als Kaufhalle wurden in der DDR größere, räumlich nicht unterteilte eingeschossige Selbstbedienungsläden bezeichnet, in denen überwiegend Lebensmittel und sogenannte Waren des täglichen Bedarfs (WtB) wie Drogerieartikel und Reinigungsmittel angeboten wurden. In der BRD hießen ähnliche Einzelhandelsgeschäfte zumeist Supermarkt; es gab allerdings eine verbreitete Kette namens „Kaufhalle“, deren Geschäfte jedoch keine Supermärkte, sondern kleine Kaufhäuser waren.
Der Begriff hat sich in der Umgangssprache der neuen Bundesländer als allgemeinsprachliche Bezeichnung für ein größeres Lebensmittelgeschäft ohne Unterscheidung zwischen Discounter und Supermarkt gehalten. Die Kaufhalle der DDR kann man als Mischform aus Supermarkt und Discounter sehen.
Käsetheke in der Kaufhalle Pappelallee, Berlin 1976
Kaufhallen gab es überwiegend in Städten, sie wurden von der staatlichen Handelsorganisation, kurz HO (als Volkseigentum), oder der Konsumgenossenschaft (als genossenschaftliches Eigentum) betrieben. Wer auf dem Lande wohnte, ging zum Einkaufen zumeist in den Dorfkonsum. Die Konsumläden führten ein den Kaufhallen ähnliches, jedoch kleineres Sortiment und wurden von der Konsumgenossenschaft (ebenso als genossenschaftliches Eigentum) betrieben. Da es für alle Waren einheitliche feste Verkaufspreise gab, spielte sich zwischen verschiedenen Läden keine Preiskonkurrenz ab. Das Sortiment konnte allerdings je nach Engagement des Verkaufsstellenleiters unterschiedlich sein.
Kaufhalle Krien, Kreis Anklam, in den 1970er Jahren
Secondhand-Läden gab es auch in der DDR. Sie waren ein wichtiger Zweig des Einzelhandels in der DDR. Dieser ist nicht auf Wikipedia vertreten. Dafür gibt es aber einen historischen SPIEGEL-Artikel aus dem Jahre 1984. Leider nicht als Original-SPIEGEL-Kopie aus dem damaligen Heft. Einiges ist Unsinn. Nun ja, DER SPIEGEL eben. Der hat noch nie ein gutes Haar an der DDR gelassen. Weder damals, noch heute im Rückblick.
Nun zum Beitrag:
Um die Mangelwirtschaft bei wichtigen Konsumgütern abzumildern und gleichzeitig Rohstoffe und Produktionsmittel zu sparen, förderte die Regierung der DDR den Handel mit Waren aus zweiter Hand.
So entstanden bis zum Ende des Fünfjahrplanes 1985 in allen Kreisen der DDR „A & V“ (An- und Verkauf) -Läden.
Aus Mangel an Lager- und Verkaufsflächenkapazitäten, wurden gebrauchte Kleidung oder Haushaltsgeräte auch unter freiem Himmel verkauft, wo etwa in der Naumburger Fußgängerzone, auf dem Rathausmarkt in Eisenach oder auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin/DDR.
Sperrige Güter, wie etwa Möble und Kinderwagen, oder empfindliche technische Geräte, wie Stereoanlagen oder Kühlschränke, waren dagegen nur in speziellen „A & V“-Geschäften erhältlich.
Wie überall auf der Welt im legalen Handel, kassierte auch in der DDR der Staat mit. Hier waren es nicht nur Steuern, sondern der Staat war Zwischenhändler und kassierte 20 Prozent des Verkaufspreises. Es gab aber auch privat geführte „A & V“-Geschäfte.
DER SPIEGEL schreibt in seinem Text, dass es lange Wartezeiten gab, weil es an Personal mangelte, das die angebotenen Waren schätzte. Laut SPIEGEL mussten einige wieder mit vollen Taschen heimkehren, da sie nicht mehr drankamen. Die damalige „Berliner Zeitung“ wird zitiert, wo diese langen Wartezeiten kritisiert wurden. Nun ja das mag punktuell so gewesen sein. In Dresden habe ich (P.R.) nicht so lange Wartezeiten kennengelernt. In einem privat geführten „A & V“-Geschäft mussten die Leute zum Kaufen lange anstehen, aber zum Verkauf konnte man durch einen Seiteneingang in einen Nebenraum des Geschäftes gelangen, wo die Waren geschätzt, angenommen und das Geld ausgezahlt wurde.
DER SPIEGEL schreibt von benachteiligten berufstätigen Kunden und behauptet, dass samstags in der DDR viele Geschäfte geschlossen hatten und nur nach Feierabend einkaufen konnten. Laut SPIEGEL führten die „A & V“-Geschäfte einen langen Samstag ein. (Nun ja, ich erinnere mich, dass das Centrum-Warenhaus in Berlin montags geschlossen hatte. P.R.)
Die „A & V“-Geschäfte nahmen gerne neue Westware an, insbesondere technische Geräte, wie z.B. Taschenrechner und Radios. So hatten DDR-Bürgerinnen und -Bürger die Möglichkeit an Westware zu gelangen, die keine Möglichkeit hatten an Westgeld zu kommen. Bürgerinnen und Bürger der DDR freuten sich, wenn sie von ihren Westverwandten (-Bekannten) so ein technisches Gerät als Geschenk bekamen. Sie gaben das in einem „A & V“-Geschäft zum Verkauf ab und erhielten eine Menge DDR-Geld. Das konnte auf dem Sparbuch oder im Sparschwein deponiert werden. Der Besuch aus dem Westen hatte diese Dinge günstig in seinem Heimatort erworben. So war das für alle eine „Win Win-Situation“, wie man das heute nennt.
Manche bevorzugten ein technisches Gerät aus DDR-Produktion, denn sie dachten auch an die Reparatur. Bei Geräten aus DDR-Produktion konnte diese vor Ort erfolgen. Für Geräte aus westlicher Produktion war eine Fachwerkstatt weit weg. Man musste kilometerweit fahren um die Sachen hinzubringen und wieder abholen. Bei großen Fernsehern und Stereo-Anlagen war das umständlich.
Exquisit-Läden waren Bekleidungsgeschäfte in der DDR mit einem – verglichen mit den normalen HO– und Konsum-Läden – hochpreisigen Angebot von Bekleidung (eigene Filialen für Damen-, Herren-, Jugendmode, Schuhe) dazu Kosmetika und Accessoires. Analog dazu gab es noch die Delikatläden mit hochwertigen Genuss- und Lebensmitteln.
Die Exquisit-Läden wurden seit 1962 auf Beschluss des Ministerrates geschaffen und 1966 durch die Delikatläden ergänzt.[1] Beide Handelsketten der Handelsorganisation sollten den „gehobenen Bedarf“ abdecken. Die Bürgerinnen und Bürger der DDR sollten die Möglichkeit haben, auch ohne Westgeld Luxusartikel bzw. westliche Lizenzartikel der Gestattungsproduktion zu erwerben. Damit sollte auch das aufgrund des Mangels stetig anwachsende Geldvermögen der Bevölkerung abgeschöpft werden.
Die Preise wurden nicht allein vom Hersteller selbst bestimmt; auch eine Kommission, bestehend aus Verkäufern und Filialleitern, hatte Mitspracherecht.
Bei der Exquisitware achtete man sehr auf Qualität. Es gab allein 30 Modedesigner, die für jede Saison eine Kollektion entwarfen und zur Leipziger Messe vorstellten. Die Stückzahlen waren klein: Von einem Modell entstanden im Durchschnitt nur 300 Stück. Die Mustermodelle wurden strengen Tests auf Tragfähigkeit, Sitz und Passform unterworfen, bevor sie ans Band gingen. Die dafür verwendeten Stoffe kamen mehrheitlich aus westlichen Ländern wie Österreich, Italien, Frankreich und Japan. Es wurde ein eher klassischer Stil bevorzugt, keine kurzlebige Modeware.
Selbst für Geschäfte der hohen Preisklasse waren Plastiktüten die Ausnahme. Eigentlich gab es in der DDR keine Plastiktüten in den Geschäften.
Man kann die Exquisitläden mit teuren Boutiquen in der BRD u.a. westlichen Ländern vergleichen. Normalbürgerinnen und -bürger konnten sich die angebotene Ware, von Ausnahmen abgesehen, finanziell nicht leisten.
Nach der Konterrevolution wurden die Exquisit-Betriebe, wie andere Geschäfte und Betriebe plattgemacht. Es überlebten nur die Kreativen (Designer/Modeschöpfer) des Unternehmens, die nun an Kunsthochschulen lehrten oder/und als Designer in Modefirmen oder Gründer eigener Marken. Die Ladengeschäfte in überwiegend sehr guten Innenstadtlagen der Bezirksstädte wurden schnell von westdeutschen Einzelhandelsketten übernommen.
Russenmagazin (von russ.: магазин = Laden, Geschäft) war in der DDR die umgangssprachliche Bezeichnung für Verkaufseinrichtungen der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, die für deren Armeeangehörige und deren Familien bestimmt waren. Diese Läden des Militärhandelsunternehmens „Wojentorg“ befanden sich meist in größeren Garnisonsstädten, oft auf dem Kasernengelände und waren auch für DDR-Bürger zugänglich[1], die als Kunden dort Lebensmittel und Gebrauchsgüter, oft sowjetischen Fabrikats, für DDR-Mark kaufen konnten.
Russenmagazin in Leipzig im Jahr 1950 – Die Aufschrift ЦЕНТРАЛЬНЫЙ УНИВЕРМАГ bedeutet zentrales Kaufhaus und enthält auch den Stern der Roten Armee.
Bis zum Abzug der sowjetischen Truppen wurden dort vom sowjetischen Verkaufspersonal die Preise oft noch mit dem Stschjoty zusammengerechnet, einer russischen Variante des Abakus für den Alltagsgebrauch. Dies geschah selbst dann, wenn moderne Kassen zur Verfügung standen.
Neben den „Wojentorg“-Läden gab es in der Nähe sowjetischer Kasernen auch die mit deutschen Verkäuferinnen besetzten „Speztorg“-Läden des HO-Spezialhandels. Seit 1987 firmierte der Spezialhandel unter VEB Spezialhandel Taucha.
Intershop war eine Einzelhandelskette in der DDR, deren Waren nur mit konvertierbaren Währungen, später auch mit Forumschecks, jedoch nicht mit Mark der DDR bezahlt werden konnten. Ein unvermeidbarer Nebeneffekt war, dass der normale DDR-Bürger dadurch einen begrenzten Einblick in das Warenangebot des Westens bekam. Vorläufer-Namen für den „Intershop“ waren nach Angaben des Historikers Matthias Judt „Transitlager“ und „Internationaler Basar“.[1]
Am 14. Dezember 1962 wurde in der DDR die staatliche Handelsorganisation „Intershop GmbH“ von Vertretern der Mitropa und der Deutschen Genussmittel GmbH gegründet.[2] Diese sollte die in der DDR im Umlauf befindlichen frei konvertierbaren Währungen (Devisen, Valuta) abschöpfen. Zielgruppe waren anfangs Transitreisende und Besucher aus dem westlichen Ausland. Die ersten noch mobilen Verkaufsstände wurden in Berlin/DDR im Bahnhof Friedrichstraße eingesetzt. Hier wurden hauptsächlich Zigaretten zu einem wesentlich günstigeren Preis als in Westberlin verkauft. Nach und nach kamen Alkoholika und andere Waren hinzu. 1962 wurden eine Million DM umgesetzt.
Anfangs wurde der Intershophandel von der Mitropa organisiert. Mit der Einrichtung der ersten Interhotels wurde dort ein sogenannter „Zimmerservice“ eingeführt. Dieser war meist in einem Hotelzimmer untergebracht und sollte an Ort und Stelle zum Ausgeben von Valutawährungen animieren. Nach und nach wuchsen diese Geschäfte.
Später wurden Intershops an Grenzübergangsstellen, auf Rastplätzen an den Transitstrecken zwischen der BRD und Westberlin (Inter-Tank) und auf Bahnhöfen, Flug- und Fährhäfen eingerichtet. Bezahlt werden konnte mit jeder frei konvertierbaren Währung, vor allem mit Westmark (DM). Das Sortiment umfasste Nahrungsmittel, Alkoholika, Tabakwaren, Kleidung, Spielwaren, Schmuck, Kosmetika, technische Geräte, Tonträger und vieles mehr. Diese Produkte gab es in der DDR für die offizielle Währung Mark der DDR gar nicht oder nur vereinzelt zu kaufen, obwohl der größte Teil des Warenangebots im Rahmen der Gestattungsproduktion in der DDR für Westfirmen produziert wurde. Für die Versorgung der Intershop-Läden mit Waren war die zum Bereich Kommerzielle Koordinierung gehörende „forum Außenhandelsgesellschaft mbH“ mit 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuständig.
Bis 1974 war es Bürgern der DDR offiziell verboten, Valuta zu besitzen (Westgeld). Durch Erlass des Ministerrates der DDR wurde dieses Verbot aufgehoben und auch DDR-Bürgerinnen und -Bürger durften seitdem in den meisten Intershops einkaufen.[3] Die an Autobahnraststätten gelegenen sogenannten „Transitshops“ – teilweise mit Selbstbedienung – waren jedoch nach wie vor nur für Reisende aus dem „Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet“ zugänglich, weshalb an den Eingängen die Reisedokumente vorgezeigt werden mussten. Zudem bestand das Angebot aus zollfreien Waren (Zigaretten, Spirituosen, Kaffee und Parfum) sowie Markenkleidung, Uhren und Schmuck. Die Verkaufspreise für diese Waren lagen deutlich unter dem Preisniveau in der BRD und Westberlin, während die Intershop-Preise für die Waren, die vor allem von DDR-Bürgern gefragt waren, relativ hoch waren. DDR-Bürger konnten die Mark der DDR nicht legal gegen Valutawährung eintauschen. Legal waren nur Valutageschenke von Verwandten aus dem westlichen Ausland oder Arbeitsentgelt für Tätigkeiten im westlichen Ausland, das anteilig in Valuta ausgezahlt wurde. 1974 gab es 271 Intershops. Da dies ein ideologisches Problem darstelle, nahm der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker 1977 zu den Intershops Stellung:
„Diese Läden sind selbstverständlich kein ständiger Begleiter des Sozialismus. Wir können aber nicht an der Tatsache vorbeigehen, dass besonders der große Besucherstrom viel mehr Devisen unter die Leute bringt, als das früher der Fall war. Bekanntlich kommen zu uns im Jahr etwa 9,5 Millionen Gäste aus kapitalistischen Ländern, die bei uns essen, zum großen Teil übernachten und selbstverständlich auch Geld in den Taschen haben. Durch die Intershop-Läden haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass diese Devisen bei uns im Lande bleiben.“
Am 1. Januar 1977 wurde die forum HG gegründet, ein zentral geleitetes Organ, das den Valutahandel in der DDR koordinierte. LeiterKommerzielle Koordinierung (KoKo) im Ministerium für Außenhandel war Alexander Schalck-Golodkowski, zu dessen Aufgaben auch die Verwaltung des Intershop-Handels und damit auch die forum gehörten.
Am 16. April 1979 wurde die forum HG in der DDR öffentlich wahrnehmbar mit ihren kleinen, bunten Papierstreifen, die wie Spielgeld aus dem Kaufmannsladen aussahen – die sogenannten „Mark-Wertschecks der forum Handelsgesellschaft mbH“: Ab diesem Tag mussten DDR-Bürger, um weiterhin im Intershop einkaufen zu können, Valuta zuvor bei der Staatsbank der DDR in dieses bald Forumschecks genannte, DDR-interne Zahlungsmittel umtauschen.[4] Nicht-DDR-Bürger zahlten weiterhin in Valuta. Eine Forumscheck-Mark entsprach einer D-Mark, die kleinste Stückelung waren 50 Forumscheck-Pfennig. Kleinere Beträge wurden bei Zahlung mit Forumschecks meist in Form von Schokoladentäfelchen oder Lutschern à 10 Pfennig erstattet. Der Grund für die Einführung der Forumschecks: Die DDR-Staatsführung kam auf diese Weise früher an die Valuta-Währungen, denn die Forumschecks wurden selten noch am selben Tag, oft auch erst Wochen oder Monate später in den Intershop-Läden eingelöst. Kurz und gut, die Bürgerinnen und Bürger der DDR konnten getrost die Forumschecks unter der Matratze oder im Sparschwein lagern, aber mit den Devisen konnte der Staat, bzw. die Staatsbank, arbeiten.
In den 1980er Jahren gab es 380 Filialen, der Umsatz ging in die Milliarden. Seit 1962 wurden in der DDR die zuletzt 300 Filialen vonExquisit (für hochwertige Bekleidung/Schuhe/Kosmetika) und seit 1976 550 Geschäfte von Delikat (für hochwertige Nahrungsmittel/Feinkost) aufgebaut. Sie ermöglichten auch Bürgern der DDR ohne Westgeld den Zugang zu hochwertigen Waren, um Kaufkraft abzuschöpfen. 1988 waren es 416 Shops.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überwachte die Intershops sehr stark. Oft arbeiteten Angehörige von MfS-Mitarbeitern oder -Funktionären im Verkauf. Teilweise wurden auch Überwachungskameras eingesetzt; anfangs wurden sogar die Pässe kontrolliert. Auch der Warentransport war gut gesichert. Trotzdem kam es zu zahlreichen Diebstählen. Die in Wikipedia erwähnten bewaffneten Raubüberfälle halte ich (P.R.) für eine Übertreibung. Hätten diese tatsächlich stattgefunden, wäre das in der westlichen Asphaltpresse u.a. Medien breitgetreten worden. Dass durch das Personal, einschließlich Filialleiterinnen und -leiter Diebstähle begangen wurden ist allerdings wahrscheinlich, denn die Westwaren und auch das Westgeld war in der DDR sehr begehrt. Für die Ermittlungen in solchen Fällen war nicht nur die Volkspolizei, sondern auch das MfS zuständig. Daher wurden die Löhne für das Personal der Intershops seit den 1980er Jahren teilweise in Westgeld ausgezahlt. Trinkgelder (z.B. in Transitgaststätten) mussten nach festen Regeln abgeführt werden.
Nach den Steuergesetzen der BRD war der steuerfreie Einkauf in Intershops für Bürgerinnen und Bürger der BRD und Westberlins nur dann legal, wenn sie in die DDR eingereist waren. Kunden des Intershops auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße, der vom Westberliner U-Bahn-Netz aus ohne Grenzübergang zugänglich war, wurden deshalb vielfach bei der Rückkehr auf Westberliner Gebiet von West-Zollbeamten angehalten und mussten die nicht gezahlte Umsatzsteuer nachzahlen.
Intershop des Bahnhofs Friedrichstraße, nur von Westberlin aus zugänglich
Mit Einführung der Forum-Schecks 1979 sank der Umsatz im Intershop auf 774 Millionen D-Mark (1978: 896 Millionen D-Mark).[6] Ab 1985 wurde jährlich mehr als eine Milliarde D-Mark umgesetzt. Zum Vergleich: Die DDR-Auslandsschulden betrugen am Ende der 1980er Jahre 26,5 Milliarden US-Dollar – dieser Summe standen eigene Guthaben und Forderungen von 15,7 Milliarden US-Dollar gegenüber. Einen beträchtlichen Anteil davon erwirtschaftete das KoKo-Imperium unter Leitung von Alexander Schalck-Golodkowski, zu dem auch die Intershop-Ladenkette gehörte.[1]
Die Geschenkdienst- und Kleinexporte GmbH (kurz Genex; später nur noch Genex Geschenkdienst GmbH) war ein am 20. Dezember 1956 auf Anordnung der DDR-Regierung gegründetes Unternehmen. Es war eine der wichtigsten Devisenquellen derKommerziellen Koordinierung, einer Abteilung des Ministeriums für Außenhandel der DDR. Hauptsitz war in Berlin/DDR (Mauerstraße 86–88).
Von Rechteinhaber: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Original uploader was Stefan Kühn. – Genex. Originally uploaded to the German Wikipedia by Stefan Kühn, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5560892
Anfangs diente es nur als Geschenkdienst für Kirchengemeinden. Die BRD lehnte eine Ausweitung auf Privatpersonen ab, um der DDR keinen Zugang zu Devisen zu verschaffen.[1]
Nach der Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls 1961 wurde das Geschäft aber weiter ausgeweitet, sogar nach Dänemark (über die Jauerfood AG in Kopenhagen-Valby) und in die Schweiz (über die Palatinus GmbH in Zürich). Erst ab 1989 konnten Bundesbürger Geschenke in die DDR direkt über eine westdeutsche Firma, die Inter-Geschenkdienst GmbH mit Sitz in Stuttgart und Niederlassungen in Westberlin, Dortmund, Frankfurt am Main und München, an Bürger der DDR senden.[2][3]
Das Unternehmen vertrieb einen Katalog mit dem Titel Geschenke in die DDR, aus dem die Bürger der Bundesrepublik Waren bestellen und mit D-Mark bezahlen konnten, die direkt an ihre Verwandten und Bekannten in der DDR versandt wurden.
Von Rechteinhaber: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Der ursprünglich hochladende Benutzer war Stefan Kühn in der Wikipedia auf Deutsch – Genex. Originally uploaded to the German Wikipedia, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5560915
Die Waren im Katalog waren zu etwa neunzig Prozent aus der DDR-Produktion. Neben Lebensmitteln und Konsumgütern wie Möbel, Kosmetik, Kleidung, Werkzeug und HiFi-Anlagen konnte man aber auch Motorräder, Autos (ohne die sonst üblichen mehrjährigen Wartezeiten), Campingwagen und sogar ganze Fertigteilhäuser, die so genannten Neckermannhäuser, bestellen.
Von Rechteinhaber: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Original uploader was Stefan Kühn. – Genex. Originally uploaded to the German Wikipedia., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5560945
Neben Krafträdern von MZ und Simson sowie z. B. 1986 einem Yamaha-Motorrad, gab es die ostdeutschen Autos Trabant, Wartburg (auch als Pick-up) und Barkas sowie osteuropäische Fahrzeuge von Škoda, Polski Fiat und Lada, die in der DDR als bessere Wagen galten. Aber man konnte auch ausgewählte Modelle von westeuropäischen Automobilkonzernen verschenken. So wurde beispielsweise im Katalog von 1986 ein Fiat Uno 60 Super, Renault 9 GTL, Ford Orion, VW Golf, VW Passat und der VW-Transporter angeboten. Auch die Marken Mazda, BMW, Lancia und Volvo gab es zeitweise im Angebot. Hierbei war zu berücksichtigen, dass bei einigen westeuropäischen/japanischen Marken die Ersatzteilversorgung nur für fünf Jahre gegen Mark erfolgte; danach nur noch gegen frei konvertierbare Währungen.
Von Rechteinhaber: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Original uploader was Stefan Kühn. – Genex. Originally uploaded to the German Wikipedia., Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5560958
Dem Beschenkten entstanden keine Kosten, die sonst schwer erhältlichen Waren wurden ohne große Wartezeit (bei Autos beispielsweise nur vier bis sechs Wochen) direkt an die DDR-Bürger geliefert.
Doch nicht alle Westverwandten hatten soviel Geld, um die großen Dinge aus dem Genex-Katalog zu finanzieren. Sie konnten ihre Verwandten (und Bekannten) nur mit kleinen Dingen erfreuen, wie den angebotenen Paketen.
So kam auch in dieser Hinsicht Unmut auf. Ärmere Westverwandte(-Bekannte) konnten es sich meist nur leisten, die Geschenke für ihre in der DDR lebenden Verwandten und Bekannten in ihrem Heimatort im Supermarkt oder Discounter zu kaufen und das im sogenannten Westpaket verschicken oder beim nächsten Besuch mitzubringen. Was hier nicht abgebildet ist, ist ein Paket mit Diabetikersüßwaren von einer Sorte, die auch im Westen nicht überall zu haben war. So ein Paket lohnte sich zu bestellen. Nun ja, heute gibt es keine Diabetiker-Süßwaren nicht mehr.
Von Rechteinhaber: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Original uploader was Stefan Kühn. – Genex. Originally uploaded to the German Wikipedia, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5560928
1962/1963 kostete beispielsweise ein Trabant 3.760 DM, ein Wartburg 5.800 DM, ein 140-Liter-Kühlschrank 740 DM und eine Waschmaschine 580 DM. In den 1960er Jahren war ein Zentner Brikett für 6,35 DM und ein Liter Benzin für 0,78 DM zu haben. Die Preisgestaltung gestaltete Genex im Laufe der Jahre dynamisch: So betrug 1967 der Preis für den nach wie vor baugleichen Trabant 4.430 DM und 1988 dann 7.500 DM.
66 aus Schwarzenberg im Erzgebirge: Diese Waschmaschine kostete in der DDR im Jahr 1967 – meist nach einer Wartezeit – rund 2.600 DDR-Mark. In der Bundesrepublik Deutschland gab es dasselbe Gerät bei sofortiger Lieferung im Versandhaus QUELLE unter der Handelsmarke „Privileg“ für 498 D-Mark – und bei Genex ebenfalls sofort für 820 D-Mark.
Ab 1983 waren in der DDR via Genex Fertighäuser, im Volksmund „Neckermannhäuser“ genannt, in drei Ausführungen zu haben – die Preisspanne reichte von 96.220 DM bis 113.275 DM. Der Aufpreis für das ausgebaute Dachgeschoss und den Keller belief sich auf rund 50.000 DM. Die garantierte Lieferzeit betrug drei bis acht Monate.
Insgesamt rollten auf den Straßen der DDR 42.313 Fahrzeuge der Marke Wartburg, 39.269 Trabant, 11.486 Lada und 13.332 VW Golf, die exklusiv bei Genex bestellt und in D-Mark bezahlt worden waren. Mit jedem dieser bei Genex gekauften und kurz darauf abholbereiten Personenkraftwagen wuchs zugleich die Wartezeit für den großen, nicht privilegierten Teil der DDR-Bevölkerung, die – ohne D-Mark-Zugriff in solchen Größenordnungen und daher „nur“ reguläre Zahler in DDR-Mark – jahrelange Wartelisten bis zur Kauf-„Zuteilung“ eines privaten Autos zu erdulden hatten: Die Genex-Autos stammten aus den festgelegten, staatlich geplanten Produktions- bzw. Import-Kontingenten.[4]
Der offizielle 1:1-Wechselkurs von Mark der DDR zu Deutscher Mark wurde in den Genex-Katalogen nicht eingehalten. So kostete beispielsweise ein Trabant 601 etwa 8.000 DM, sonst über 10.000 Mark und ein Wartburg 353 etwa 9.000 DM, sonst 20.000 Mark.
Beschäftigte der DDR im sozialistischen Ausland konnten einen Teil ihrer Gehälter oder Löhne auf ein „Genex-Konto“ einzahlen (beispielsweise am Bau der Druschba-Trasse in der Sowjetunion Beteiligte einen Teil der Tagegelder: 3 Rubel pro Tag, entsprechend etwa 270 Mark pro Monat; sie erhielten keine DM) und konnten damit Waren aus der „Ost-Ausgabe“ des Genex-Kataloges bestellen. Diese Ost-Ausgabe des Genex-Kataloges unterschied sich von der West-Ausgabe durch das Fehlen von Waren, die aus dem westlichen Ausland importiert wurden. Über den „Ost-Genex-Katalog“ konnten – außer in der DDR oder den RGW-Staaten hergestellte, aber gewöhnlich im freien Verkauf nur schwer erhältliche Waren, wie beispielsweise Zement, Fliesen, Schlagbohrmaschinen, aber auch Autos – Waren aus der sogenanntenGestattungsproduktion bestellt werden.[5][6][7]
Erhielt die DDR im Jahr 1962 via Genex aus der Schweiz und Dänemark 12,3 Mio. DM, waren es 1963 schon 16,6 Mio. DM.[8]
Nach einer Statistik der Bundesbank sind zwischen 1967 und 1989 den Genex-Vertretungen – einschließlich der Käufe von DDR-Bürgern und von Organisationen – 3,3 Milliarden DM zugeflossen.[9] Laut der Tageszeitung „Neues Deutschland“ vom 14. Juni 1990 belief sich das Bilanzvermögen von GENEX am 31. Dezember 1989 auf 44,1 Mio. DM.
Klaus Behlingbezeichnete im Jahr 2019 Genex als „Geldmaschine“ und nannte folgende Zahlen: Von 1968 bis 1988 erwirtschaftete das Unternehmen netto 2.358.297.405,77 DDR-Mark. Alle Erlöse, die Genex in DDR-Mark erwirtschaftete, gingen in voller Höhe in die SED-Kasse. Von 1981 bis 30. November 1989 erzielte GenexValutamark-Gewinne in Höhe von 1.093.166.700 D-Mark; rund ein Drittel davon – 379.414.400 D-Mark – floss an die Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim Zentralkomitee der SED, die verbleibende Summe in den DDR-Staatshaushalt.[10]
Nach der Konterrevolution:
Im zweiten Halbjahr 1990 firmierte Genex alsHavers GmbH; die Treuhand beschloss im Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission im Mai 1991 deren Liquidation, sie dauerte bis Oktober 1997. Nach Abzug aller Kosten betrug der Gewinn 98.733.000 D-Mark zugunsten der Treuhand.[11]
Im Jahre 1990 zum 1. Oktober musste eine Namensänderung erfolgen, weil der Name Genex offiziell nicht mehr genannt werden durfte. Im Zusammenhang mit der Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion und anderen staatlichen Regelungen wurde dies so festgelegt, und es wurde damit eine Umstrukturierung in Gang gebracht – allen Mitarbeitern wurde fristgemäß zum 30. September 1990 gekündigt (Kündigungsschreiben vom 27. Juni 1990).
Neue Arbeitsstellen wurden im Anschluss ausgeschrieben, die Neubewerbungen erforderlich machten, damit ab 1. Oktober 1990 eine weitere Übernahme aller ehemaligen Mitarbeiter gewährleistet werden konnte.
Bestimmte ehemalige Mitarbeiter mit entsprechender Vergangenheit (Parteizugehörigkeit SED und Führungsfunktionäre) in der ehemaligen DDR wurden abgelehnt. (Wen wundert’s? P.R.)
Allerdings kam völlig neues Personal hinzu. (Na Leute, deren Gesinnung nun genehm war.P.R.)
Es entstand im Zuge der Auflösung von Genex ein völlig neues Unternehmen mit drei Bereichen; einem für Handel und Vermögensverwaltung (HAVERS-Gesellschaft für Handel und Vermögensverwaltung mbH, Berlin), einem weiteren für Vermögensverwaltung (Refix Vermögensverwaltung GmbH, Bamberg) sowie einem für den Bereich Versanddienst (Papillon Versand GmbH, Bamberg). Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1991 wurden diese Bereiche des Unternehmens in die Verwaltung der Treuhandanstalt überführt. Die endgültige Abwicklung der Firmen erfolgte bis 1992.
Jauerfood AG war eine in Dänemark ansässige Firma, die zum DDR-Devisenbeschaffungssystem der Kommerziellen Koordinierung von Alexander Schalck-Golodkowski gehörte.
Die Jauerfood AG wurde 1956 in Kopenhagen-Valby durch Gunnar Jauer gegründet. Der Zweck des Unternehmens war es, Lebensmittel in die DDR zu liefern, welche von den Empfängern mit im Ausland angesparten Devisen bezahlt wurde. Da es den DDR-Bürgern ab 1959 nicht mehr möglich war, auf ihr Vermögen im Westen zuzugreifen, einigte sich Jauerfood mit dem Außenhandelsministeriumder DDR auf eine andere Modalität. Das Unternehmen bot nun Personen aus dem Westen die Möglichkeit, Waren aus dem Genex-Katalog auszuwählen, sie mit Devisen zu bezahlen und die Waren einem DDR-Bürger zukommen zu lassen. Ein DDR-Bürger oder auch eine Kirchengemeinde konnte so innerhalb kürzester Zeit begehrte Konsumgüter erlangen. Die DDR erhielt, da der Großteil der Produkte in den sozialistischen Ländern produziert wurde und einen Wechselkurs von 1:1 zwischen D-Mark und Mark der DDR zu Grunde gelegt wurde, auf diesem Weg die begehrten Devisen.
Die DDR nutzte neben der Firma Jauerfood noch die Zürcher Palatinus GmbH, um die Genex-Kataloge im Westen zu vertreiben, die Kunden zu betreuen und über deren Konten in der BRD das Geld in die DDR zu transferieren.
Der Umfang der Geschäfte stieg im Laufe der Zeit immer weiter an. 1988 lagen die Bruttoeinnahmen der Jauerfood AG bei etwa 175.000.000 US-Dollar.
Mit der Grenzöffnung in Berlin am 09.11.1989 entfiel die Geschäftsgrundlage der Jauerfod AG.
Sonderprospekt (Jauerfood Dänemark) Broschiert – 1. Januar 1972
DiePalatinus GmbHwar ein 1957 gegründetes Schweizer Handelsunternehmen mit Sitz inHerrliberg.[1]ZuDDR-Zeiten verkaufte sie von ihrem damaligen Sitz inZürichper Katalog Geschenke fürBürger der DDR.[2]Ähnlich wie über dieJauerfood AGin Dänemark konnten über Palatinus gegenWestwährungKonsumgüter an DDR-Bürger geschenkt werden. Im Gegensatz zur Jauerfood AG weitete die Palatinus GmbH die angebotene Produktpalette jedoch im Laufe der Jahre zu einem vollständigen Versandhausangebot aus. Die Transaktionen wurden von der Genex abgewickelt, deren Vertragsfirma Palatinus war. Bereits 1968 wurden über die Unternehmen Jauerfood und Palatinus die meisten Transaktionen für Genex abgewickelt.[3]1990 wurde der letzte Genex-Katalog herausgegeben.[4]Das Unternehmen wurde im Jahre 2010 liquidiert.
Gemäß Eintrag imHandelsregisterdesKantons Zürichwurde dieLiquidationder Gesellschaft im Januar 2016 widerrufen.
Genex-Katalog von 1986, unten mit Aufdruck des Firmenlogos der Palatinus GmbH
Von Rechteinhaber: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Der ursprünglich hochladende Benutzer war Stefan Kühn in der Wikipedia auf Deutsch – Genex. Originally uploaded to the German Wikipedia, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5560915
Der Fall Matthias Domaschk wird immer wieder hervorgekramt und der Nachwelt präsentiert.
Immer wieder werden die unklaren Todesumstände des Matthias Domaschk thematisiert.
DIE TROMMLER hat sich in dieser Ausgabe (Mai 2023) damit beschäftigt und ist der Meinung, dass das MfS gravierende Fehler gemacht hat, an deren Ende der tragische Tod des Matthias Domaschk steht, der hätte vermieden werden können. Wie überall auf der Welt, werden Fehler seitens einer Behörde nicht zugegeben, auch wenn dadurch Menschenschicksale bis hin zum Tod, entschieden werden. Die Todesumstände des Matthias Domaschk sind ungeklärt.
Es gab zwar einen Prozess im Jahre 2000, doch es ist nicht zur vollständigen Klärung des Falles gekommen.
Die Thüringer Landesregierung kündigte im Januar 2015 eine erneute Überprüfung des Falles Matthias Domaschk an. Bisher ist es nicht dazu gekommen. Vermutlich wird das im Sande verlaufen.
Man könnte mit den Mitteln und Methoden von heute den Fall nochmal aufrollen. Z.B. die Untersuchung von DNA-Spuren. Das gab es ja seinerzeit nicht. Die Frage ist, ob sich die Beweismittel (Spurenträger) noch in der Asservatenkammer befinden oder beseitigt, verunreinigt oder vernichtet worden sind. Gewöhnliche Kriminalfälle sind oft nach Jahren, Jahrzehnten aufgeklärt worden. Darüber gibt es Fernsehsendungen. Aber aufgrund der politischen Brisanz dieses Falles hat der Staat kein Interesse an der zweifelsfreien Aufklärung.
Die ewige Legendenbildung trägt zur antikommunistischen Propaganda der Sieger der Geschichte bei. Diese haben kein Interesse daran das zu ändern.
Bis zur sechsten Klasse besuchte Matthias Domaschk die Schule in Görlitz. Bereits in dieser Zeit kam er in Konflikt mit dem staatlichen Schulsystem, als er den Besuch der Christenlehre-Gruppe(privater Religionsunterricht- In der DDR war Religion Privatsache. Daher gab es in der Schule keinen Religionsunterricht. Dieser erfolgte für Interessierte in der Freizeit privat durch den Pfarrer. P.R.) einem Arbeitseinsatz anlässlich des Geburtstags von Walter Ulbricht vorzog.[1] Pflicht geht nun mal vor. Freizeitbeschäftigung, wozu in der DDR der Religionsunterricht gehörte, muss hinten angestellt werden. Diesen hätte er sausen lassen sollen. Falls diese Terminüberschneidung, wobei Domaschk den Termin des Religionsunterrichtes dem Arbeitstermin vorzog, die Ursache für Domaschks Gegnerschaft zur DDR war. Das Ganze passierte, als Domaschk in der 6. Klasse war. Da war er noch Kind und verstand nichts von Politik. Da muss jemand ihm die Gegnerschaft zur DDR eingeflüstert haben. Was für ein Arbeitseinsatz soll das für so einen jungen Schüler, wie Domaschk damals war, gewesen sein?
Er interessierte sich besonders für Geschichte und Archäologie. Im Dezember 1970 zog die Familie Domaschk nach Neulobeda, einem Ortsteil von Jena, wo der Vater Gerhard Domaschk Karriere zum Hauptabteilungsleiter beim VEB Carl Zeiss machte und zu diesem Zweck auch in die SED eintrat, worüber seine Frau Ruth betrübt war.[1]Matthias Domaschk besuchte in Neulobeda die Dr. Theodor Neubauer-Schule. Die Mutter von Matthias Domaschk arbeitete in der Bibliothek der Sektion Theologie der Jenaer Universität. Sie hat gegen den Willen des Vaters Matthias` Konfirmation durchgesetzt. So kommt er 1972 in die evangelische Junge Gemeinde in Lobeda. Dort lernte er seine Freundin und Lebensgefährtin Renate Groß kennen, die nach ihrem Theologiestudium ab 1974 in der evangelischen Kirchgemeinde Lobeda als Katechetin arbeitete.[2]
Matthias Domaschk begann im September 1974 eine Ausbildung zum Feinmechaniker mit Abitur[3] beim VEB Carl Zeiss Jena, die er im April 1977 beendete – jedoch aus politischen Gründen ohne Abitur.
Seit 1975 war er in der Jungen Gemeinde Jena-Stadtmitte engagiert. Während der Zeit als Berufsschüler im Alter von 17 Jahren, am 18. Januar 1975, erlebte Matthias Domaschk ein für ihn einschneidendes Ereignis.
Dieses Ereignis war nichts Besonderes, eher alltäglich. In Jena, in der Gartenstraße 7 nahmen etwa 30 Jugendliche an der Verlobungsfeier eines Freundes teil. Das verursacht natürlich Lärm und die Nachbarn beschwerten sich. Es kam zu einem Polizeieinsatz. Wer keinen Personalausweis dabei hatte, wurden zum Polizeirevier mitgenommen, um die Identität festzustellen. Daraus wurde ein Politikum gemacht. Einige der Jugendlichen beschwerten sich über die Art der polizeilichen Maßnahme. Wikipedia lässt da etwas weg, weil dann geschrieben steht, dass vier Freunde vom Domaschk zu Gefängnisstrafen von einem Jahr verurteilt wurden. Weswegen? Das hat doch nichts mehr mit der Ruhestörung zu tun.
Nun beobachtete das MfS die Gartenstraße 7 in Jena genauer. Der Freundeskreis um die WG in der Gartenstr. 7 in Jena hatte auch Verbindung zu zum Konterrevolutionär Jürgen Fuchs und der Tochter des Schriftstellers Reiner Kunze.
Im Dezember 1975, im Alter von 18 Jahren, zog Matthias Domaschk aus der Wohnung seiner Eltern in Neulobeda aus in das Stadtzentrum von Jena, Rähmen 3, wo er mit seiner Freundin Renate[2] lebte und sie im Dezember 1976 ihre Tochter Julia bekamen.
1976 beteiligte Domaschk sich an Protesten gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR. Es kam zu ersten Verhören durch das MfS.
1977 organisierte er Hilfsaktionen (Briefe und Pakete) für verhaftete Jenaer Konterrevolutionäre und fuhr mit seiner damaligen Lebensgefährtin Renate Groß nach Prag, wo beide der neu gegründeten Charta 77(konterrevolutionäre Organisation in der CSSR P.R.)über die Ereignisse in Jena berichteten.
Aufgrund seiner konterrevolutionären Einstellung wurde Domaschk vier Wochen vor der mündlichen Abiturprüfung aus der Abiturklasse ausgeschlossen und durfte nur noch seine Facharbeiterprüfung abschließen. Sein Traum Geodäsie studieren blieb ein Traum. Ähnlich, wie bei Roland Jahn war das Bildungsverbot kontraproduktiv. Der Hass gegen die DDR wurde gestärkt (siehe Roland Jahn) und in der BRD, bzw, nach Ende der DDR bekamen diese Leute auch ohne entsprechenden Bildungsabschluss hohe Posten. (siehe Roland Jahn)
Angeblich war Domaschk nach Abschluss seiner Lehre mehrere Monate arbeitslos. Wikipedia zitiert aus dem Buch von Peter Wensierski: „Jena Paradies. Die letzte Reise des Matthias Domasschk“. Ch. Links Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-96289-186-2.
So lange war Arbeitslosigkeit in der DDR nicht möglich. Bereits nach wenigen Wochen schaltete sich die Stadt ein, falls der oder die Betroffene einige Zeit erfolglos nach einer Arbeitsstelle suchte.
Letztendlich fand Matthias Domaschk eine Stelle beim ZIMET, einem mikrobiologischen Forschungsinstitut bei der Akademie der Wissenschaften der DDR im Jenaer Stadtteil Beutenberg, als Maschinist für die Lüftungsanlagen – im Heizungskeller. Zunächst missfiel ihm die Arbeit des Kohleschaufelns. Da die Arbeit aber gut bezahlt war, konnte Domaschk sich doch mit dieser Arbeit anfreunden. Es war ein ruhiger Job, so dass er während der Arbeitszeit die Gelegenheit hatte Bücher zu lesen. Während der Nachtschichten nutzte er die Gelegenheit aus, dass es an seinem Arbeitsplatz ein Telefon gab. Später, bis zu seinem Tod, arbeitete Domaschk in der Tankschlosserei (Bioreaktoren, häufig auch als Fermenter bezeichnet, in dem bestimmte Mikroorganismen oder kleine Pflanzen unter möglichst optimalen Bedingungen kultiviert werden.P.R. siehe Wikipedia)des ZIMET.
Vom Herbst 1977 leistete er bis 1979 Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee. 1980 nahm er an Treffen der Initiativgruppe für einen Sozialen Friedensdienst sowie an Ost-West Treffen zwischen ehemaligen Jenaern und Akteuren der Jungen Gemeinde in Polen teil. Mit seinem Jenaer Freund und Konterrevolutionär Peter Rösch besuchte er Danzig, wo Kontakte zur polnischen Solidarność angebahnt werden sollten.
Am 10. April 1981 war Domaschk mit Rösch unterwegs zu einer Geburtstagsfeier nach Berlin/DDR. Am gleichen Wochenende fand dort der X. Parteitag der SED statt. Auf Befehl des MfS wurden Domaschk und Rösch im Zug verhaftet und nach ersten Verhören in Jüterbog am nächsten Tag in die Untersuchungshaftanstalt des MfS in Gera verbracht. Der Vorwurf: sie hätten Störaktionen während des Parteitages geplant. Es hat sich herausgestellt, dass dem nicht so war. Diese Fahrt war harmlos. Das Ziel war obengenannte Geburtstagsfeier. Die Aktion des MfS war ein Fehler. Warum war das MfS nicht in der Lage, im Vorfeld herauszufinden, dass das eine harmlose Fahrt zu einer Geburtstagsfeier war und sonst nichts?
Nachdem Domaschk am 12. April 1981 verhört wurde, unterschrieb er eine Verpflichtungserklärung für eine inoffizielle Mitarbeit beim MfS. Vor seiner Entlassung um 14 Uhr kam er im Besucherraum der Untersuchungshaftanstalt des MfS ums Leben.
Domaschks Tod war und ist bis heute Anlass zur Legendenbildung. Die konterrevolutionäre Bewegung in der DDR bekam durch dieses traurige Ereignis enormen Auftrieb. Siehe auch Beitrag zu Roland Jahn.
Gab es eine juristische Aufarbeitung nach 1990?
Die Frage, ob Domaschk wirklich Suizid beging, einem Unfall zum Opfer fiel oder aber ermordet wurde, konnte bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden.
Laut Wikipedia schweigen die verantwortlichen MfS-Offiziere. Na ja, welche Behörde, bzw. deren Vertreter gibt Fehler und Fehlentscheidungen zu? Andere MfS-Angehörige erklärten auf You Tube etwas dazu anhand der Fernsehsendung „Kontraste“, die sich mit dem Fall Domaschk beschäftigt hat. Dieser Beitrag ist auf You Tube gesperrt worden. Begründung: Das Urheberrecht. In einem anderen Video erklärt ein damaliger MfS-Angehöriger was dazu. Allerdings werden die Fehler der Verantwortlichen nicht zugegeben. Siehe weitere Beiträge in dieser Ausgabe DIE TROMMLER, auf You Tube u.a.
Im September 2000[16] kam es zum letzten Prozess, bei dem sein Freund Peter Rösch als Zeuge aussagte. Die Anklage der Freiheitsberaubung wurde nach DDR-Strafgesetzbuch verhandelt, da aus den vorhandenen Indizien, die gegen Suizid sprachen, weder eine von außen herbeigeführte Todesfolge noch eine eindeutige Rechtsbeugung nachgewiesen werden könne, so die damals zuständige Staatsanwaltschaft Gera. Sie hat deshalb die Strafanzeige der Freiheitsberaubung mit Todesfolge abgewiesen. Die MfS-Offiziere wurden zu geringen Tagessätzen wegen Freiheitsberaubung verurteilt.
Im Januar 2015 kündigte die seit Dezember 2014 amtierende rot-rot-grüne Thüringer Landesregierung (Kabinett Ramelow I) eine erneute Überprüfung des Falles an.[17]
Das wird wohl kaum passieren und wohl eher im Sande verlaufen.
Man könnte mit den Mitteln und Methoden von heute den Fall nochmal aufrollen. Z.B. die Untersuchung von DNA-Spuren. Das gab es ja seinerzeit nicht. Die Frage ist, ob sich die Beweismittel(Spurenträger) noch in der Asservatenkammer befinden oder beseitigt, verunreinigt oder vernichtet worden sind. Gewöhnliche Kriminalfälle sind oft nach Jahren, Jahrzehnten aufgeklärt worden. Darüber gibt es Fernsehsendungen. Aber aufgrund der politischen Brisanz dieses Falles hat der Staat kein Interesse an der zweifelsfreien Aufklärung.
Die ewige Legendenbildung trägt zur antikommunistischen Propaganda der Sieger der Geschichte bei. Diese haben kein Interesse daran das zu ändern.