Der Kampf mit den Deutschen, Schweden und Tataren im 13. Und 14. Jahrhundert. Alexander Newskij und Dimitrij Donskoj 

1. Der Einfall der Mongolo-Tataren in Rusj

Das Kiewer Rusj, aufgeteilt in eine Reihe von Lehensfürstentümern, die sich untereinander befeindeten, war nicht imstande, den äußeren Feinden Widerstand zu leisten. Vom Westen her rückten die Deutschen, die Schweden, die Ungarn vor. Vom Südosten her fielen Polowzer aus den Steppen am Kaspischen und am Schwarzen Meer in die russischen Gebiete ein. Sie überfielen die bäuerlichen Siedlungen und schickten Scharen von russischen Gefangenen in die Polowezer Steppen und von dort aus auf die Sklavenmärkte des Ostens.

Nicht selten verabredeten sich die Fürsten selbst mit den Polowzern und verwüsteten mit ihnen gemeinsam die Ländereien ihrer Nachbarn. Die Städte und Dörfer des Dnjeprgebietes wurden entvölkert. Auch die Verlegung der Welthandelsstraßen brachte der wirtschaftlichen Entwicklung des Kiewer Rusj ernsthaften Schaden. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts begann der alte Wasserweg, der durch die Gebiete der Ostslawen hindurchführte und die Ostsee mit dem Schwarzen Meer verband, in Verfall zu geraten. Die fremdländischen Kauflaute brachten jetzt ihre Waren über das Mittelmeer nach dem Osten und zurück.

Ein trauriges Bild der Verwüstung des russischen Landes zeichnet ein unbekannter Verfasser am Ende des 12. Jahrhunderts in seinem Lied „Die Mär vom Heereszuge Igors“. „Damals kam das Leben der Menschen in den Zwistigkeiten der Fürsten um“, schreibt er, „damals war über der russischen Erde nur selten der Ruf des Pflügers zu hören, aber oft krächzten die Krähen über den Leichnamen der Erschlagenen, oft kreischten die Dohlen, die sich auf die Beute herabstürzten.“ Der Dichter beschreibt den Kriegszug der Nowgorod-Sewersker Fürsten mit dem Fürsten Igor Swjatoslawitsch an der Spitze gegen die Polowzer im Jahre 1185. In der erbitterten Schlacht wurde Igors Kriegsgefolge vernichtet, er selbst jedoch gefangengenommen.

Der Verfasser der „Mär vom Heereszug Igors“ ist ein glühender Patriot. Sein Gedicht ist von Vaterlandsliebe und vom Schmerz über dessen Unglück durchdrungen. In seinem Poem erklingt der Ruf nach Einigung des gesamten russischen Volkes.

Marx schreib, dass der Sinn des Gedichtes der Aufruf an die russischen Fürsten zur Einigung gerade vor dem Einfall der Mongolen gewesen war.

Die Mongolen oder die Tataren, wie die Russen sie nannten, waren ein Nomadenvolk, das seit alters her in den Steppen Zentralasiens nördlich von China lebte. Unter der Leitung ihres Anführers Dschingis-Khan bildeten die Mongolen eine gewaltige Kriegsmacht.

Die Mongolen waren berühmt durch treffsicheres Bogenschießen und waren gute Reiter. Sie trugen Helme und Panzer aus dickem Leder sowie mit Leder bezogene Schilde. Für die Belagerung von Städten verwendeten die Mongolen mauerbrechende Geräte – die sogenannten Widder (Tarany), die aus schweren Schwebebalken bestanden. Um in die belagerten Städte Steine und brennendes Naphtha zu werfen, gebrauchten sie besondere Wurfgeräte. Dschingis-Khans Krieger kannten kein Mitleid, keine Gnade gegenüber den Unterjochten. Dort, wo sie durchgezogen waren, blieben nur Brandstätten und Berge von Leichen zurück. Die Mongolen machten die Gefangen zu Sklaven. Ihre Feinde besiegten sie nicht nur mit militärischer Kraft, sondern auch mit List und Tücke.

Dschingis-Khan träumte von gewaltigen Eroberungen und der Weltherrschaft. Auf einem Siegel waren die Worte eingraviert: „Siegel des Beherrschers der Menschheit“. In kurzer Frist eroberte Dschingis-Khan Nordchina, ganz Mittelasien, Persien, den Kaukasus und rückte in die südlichen Steppen von Osteuropa vor. Die Polowezer Khane wandten sich an die russischen Fürsten um Hilfe: „Wenn ihr uns nicht helft“, sagten sie, „werden wir heute geschlagen, aber ihr morgen.“

Im Jahre 1223 zogen die russischen Fürsten gemeinsam mit den Polowzern gegen die Mongolen.

Aber unter den russischen Fürsten herrschte keine Eintracht. Die Tataren lockten die russischen Fürsten in die Steppe und schlugen am Ufer des Kalkaflusses, der in das Asowsche Meer mündet, zuerst die Polowzer, fielen dann aber über die vereinzelten russischen Abteilungen her und vernichteten sie in erbitterten Kämpfen.

Nach dem Sieg an der Kalka zogen sich die Mongolen wieder nach Asien zurück. Einige Jahre nach der Schlacht an der Kalka starb Dschingis-Kahn. Sein Reich hatte er unter seine Söhne und Enkel aufgeteilt. Seinem Enkel Batu hatte Dschingis-Khan sämtliche westlichen Länder vererbt. Batu machte sich mit einem großen Heer durch die kaspischen Steppen zur Eroberung von Osteuropa auf. Am Ende des Jahres 1237 fiel er in das Gebiet des Fürstentums Rjasan ein. Tapfer fingen die Rjasaner den ersten Schlag auf. Sechs Tage haben sie sich – nach der Sage- „so kräftig geschlagen, dass sogar die Erde unter ihnen gestöhnt hat“. Aber die tatarischen Kriegsscharen waren zu stark. Die Rjasaner „tranken den bitteren Todeskelch bis zur Neige und fielen dort alle gemeinsam“.

Die Legende berichtet, dass der Rjasaner Fürst Ewpatij Kolowrat, als er die mit den Leichen russischer Menschen bedeckte Erde seines Heimatlandes gesehen hatte, in der Umgebung der Stadt kühne Männer um sich versammelt und sich in den Kampf der Tataren gestürzt habe.

Lange Zeit konnten die Tataren nicht mit Ewaptijs Kriegsgefolge fertig werden. Erst, nachdem sie etwa 100 Wurfgeräte auf Schlitten gestellt und die Rjasaner mit Steinen und Pfeilen überschüttet hatten, gelang es den Tataren, Kolowrats Kriegsgefolge zu vernichten.

Das russische Volk leistete dem Tatareneinfall heldenmütigen Widerstand, aber die durch innere Fehden voneinander getrennten und geschwächten Fürstentümer konnten dem Druck der machtvollen tatarischen Horde nicht widerstehen.

Im folgenden Jahr, 1238, erstürmten und zerstörten die Tataren die Stadt Wladimir und vierzehn andere Städte des Landes Susdal. Moskau, das damals noch eine kleine und unbedeutende Stadt war, hatten die Tataren schon früher eingenommen. Batu wollte noch weiter nach Norden, in das Nowgoroder Land vordringen, aber Nowgorod war durch undurchdringliche Wälder und Sümpfe geschützt, und Batu kehrte in die Wolgasteppen zurück.

Auf dem Wege nach Süden leisteten viele russische Städte den tatarischen Eroberern hartnäckigen Widerstand. Unter ihnen wurde besonders die Stadt Koselsk durch ihren heldenmütigen Widerstand bekannt. Nach sieben Wochen des Kampfes fielen sämtliche Verteidiger von Koselsk. Die am Leben gebliebenen Frauen und Kinder befahlt Batu zu töten. Die Tataren nannten Koselsk eine „böse Stadt“.

Im Jahre 1240 rückten gewaltige Kriegsscharen der Tataren gegen Kiew vor und belagerten es. Batu bot den Einwohnern von Kiew an, sich kampflos zu ergeben, erhielt jedoch eine Absage. Die Tataren begannen, die Stadt Tag und Nacht mit Mauerbrechern zu zertrümmern, bis die Festungsmauer durchstoßen worden war, Kiew – die Mutter der russischen Städte- wurde in einen Trümmerhaufen verwandelt.

2. Die Vernichtung der schwedischen Eroberer und der deutschen Ritter durch Alexander Newskij

Das russische Land hatte den wuchtigen Schlag der mongolo-tatarischen Eroberer aufgefangen und damit Europa vor dem Tatareneinbruch gerettet. Jedoch in Westeuropa rüstete sich gegen das russische Volk eine neue Kriegsmacht, die nicht weniger gefährlich und grausam war: das Heer der deutschen Ritter. Mit Ritter bezeichnete man die bewaffneten adligen Grundbesitzer.

Im Altertum war mehr als die Hälfte des jetzigen Deutschlands von Slawen besiedelt. Dort, wo sich jetzt die Hauptstadt Deutschlands, Berlin, befindet, wohnten Slawen. Die deutsche Stadt Leipzig war früher slawisch und hieß Lipezk. Das Land Pommern hieß früher auf slawisch Pomorje (Küstengebiet). Die slawischen Ansiedlungen reichten bis jenseits des Flusses Laba oder, wie man ihn heute nennt: der Elbe.

Die westlichen Slawen waren ein Kulturvolk. Sie besaßen große Handelsstädte, wie z.B. Stargrad (von den Deutschen Oldenburg genannt), Schtschetin (deutsch Stettin) und andere. Bei den Westslawen blühten Handwerk und Ackerbau. Aber die slawischen Stämme waren voneinander getrennt und daher schwach. Sie hatten keinen einheitlichen starken Staat. Die deutschen Stämme machten sich das zunutze, die schickten sich an, die Slawen auszurotten und sich ihres Gebietes zu bemächtigen.

Vom 13. Jahrhundert an begann die Unterjochung auch der baltischen Stämme, der Preußen, Liven, Letten und Esten. In dieses Land, das reich an Pelztieren, Fischen und Honig war, kamen anfangs die deutschen Kaufleute, ihnen folgten die katholischen Geistlichen und schließlich die deutschen Ritter.

Im Jahre 1201 bauten die Deutschen an der Mündung der westlichen Düna die Stadt und später die Festung Riga, die ihr Stützpunkt für die Unterwerfung der baltischen und slawischen Stämme wurde.

Um die baltischen Stämme endgültig zu unterjochen, schlossen sich die deutschen Ritter im Jahre 1237 im Schwertbruderorden zusammen. Die Ritter dieses Ordens trugen einen weißen Mantel mit der Abbildung des Kreuzes und Schwertes (im Mittelalter bezeichnete man mit Orden eine militärisch-mönchische Bruderschaft). Dieser deutsche Orden, der sich im Baltikum festgesetzt hatte, begann nun, nach Osten in die russischen Gebiete weiter vorzudringen.

Als Batus Heerscharen nach Rusj vorrückten, beschlossen die Deutschen, dessen schwierige Lage auszunutzen, und begannen die von ihnen längst ausgedachten Pläne der Unterjochung der nordwestlichen russischen Gebiete, besonders von Pskow und Nowgorod, zu verwirklichen. Der römische Paps hatte den deutschen Rittern schon im Voraus seinen Segen erteilt und ihnen ihre Sünden vergeben. Gegen Rusj wurde ein Kreuzzug erklärt. Als Vorwand hierfür wurde die Unterstützung zum Anlass genommen, die Nowgorod den von den deutschen Rittern bedrängten Esten und Liven gewährt hatte. Die Eröffnung des Kreuzzuges gegen Nowgorod hatte der Papst dem schwedischen Regenten Birger übertragen. Ihm sollte Dänemark zu Hilfe kommen, dem man dafür einen Teil von Estland versprach. Die deutschen Ritter selbst planten einen Schlag gegen Pskow.

Alexander, der Fürst von Nowgorod, erkannte wohl die Gefahr, die Nowgorod und ganz Rusj drohte. Das schwedische Heer, mit Birger als Feldherr an der Spitze, galt als unbesiegbar. In Birgers Armee befanden sich auch Finnen, Norweger und deutsche Ritter. Sie waren gut bewaffnet und von ihrer Unbesiegbarkeit überzeugt.

Im Sommer des Jahres 1240 führte Birger seine Truppen zur Newamündung, dorthin, wo die Ishora in die einmündet. Die schwedischen Gesandten übermittelten Alexander die hochmütigen Worte Birgers: „Wenn Du kannst, so leiste Widerstand! Wisse, ich bin gekommen und werde Deine Gebiete in Besitz nehmen.“

Als Alexander dies vernommen hatte, „entflammte sein Herz“, wie die Erzählung berichtet, „vor Wut“, und er erließ einen Aufruf an die Nowgoroder: „Lasst uns die russische Erde verteidigen!“

Auf Alexanders Befehl fuhren einige seiner Abteilungen in Booten den Wolchow hinauf, während andere zu Pferde und zu Fuß heimlich am Newa-Ufer entlang vorrückten. Am Morgen des 15. Juli 1240, als der Morgennebel noch die Ufer der Newa bedeckte, schlugen Alexanders Mannen mit Ungestüm auf das Zentrum des schwedischen Lagers los. Die Schweden, die keinen Angriff erwartet hatten, schliefen ruhig und hatten – wie die Chronik erzählt- nicht einmal Zeit, „die Schwerter um ihre Lenden zu gürten“. Eine große Schlacht begann. Alexanders Mannen kämpften tapfer und standhaft.

Auch der junge Fürst Alexander selbst schlug sich mit Kühnheit und riss seine Mannen zu Heldentaten hin. Das geschlagene schwedische Heer trat einen „schmachvollen Rückzug“ an. Drei Schiffe mit toten und verwundeten Schweden verließen eiligst die Newa. Der Ruhm Alexanders kämpferischer Heldentat verbreitete sich über das ganze russische Land. Die Zeitgenossen nannten ihn wegen des Sieges an der Newa „Alexander Newskij“, während das Volk den Sieg an der Newa in seinen Liedern verherrlichte:

„Und es war eine Tat am Newaflusse,

An dem Newaflusse, an dem großen Strom,

Dort haben wir den bösen Feind zusammengeschlagen…

Und wir haben gerungen,

Wie haben wir gekämpft!

Die Schiffe haben wir in einzelne Bretter zerhackt,

Unser Herzblut haben wir für die große russische Erde

Die russische Erde treten wir nicht ab, {nicht geschont…

Wer nach Rusj kommt, der wird aufs Haupt geschlagen.“

Alexander Newskij 1218 bis 1263 (Nach einem Gemälde von P. Korin)
entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

Die deutschen Ritter wussten wohl, dass die russischen Krieger kühn und tapfer sind und dass es schwer ist, sie im offenen Kampf zu besiegen. Unter dem Pskower Adel fanden sie in dem Fürsten Jaroslaw Wladimiroswitsch einen Verräter und arbeiteten mit seiner Hilfe einen Plan aus, um sich Pskows und Nowgorods zu bemächtigen. Den Zugang zu diesen Städten bildete Isborsk.

Isborsk wurde von den Deutschen im Sturm genommen und „niemand von den Russen“, so berichtet eine deutsche Chronik, „wurde in Ruhe gelassen, und über der ganzen Erde erhob sich ein Wehklagen und Gejammer“.

Ganz Pskow zog gegen die Deutschen, als man die Kunde von der Eroberung Isborks erfuhr. In der Schlacht jedoch fiel der Pskower Heerführer Gawrila Gorislawitsch. Da „führte“, nach den Worten des Chronisten, der Bojar Twerdila Iwankowitsch „die Deutschen nach Pskow“ und öffnete, ohne dass es das Volk wusste, dem Feind die Tore.

Nach der Eroberung von Pskow drangen die Deutschen in das Gebiet Nowgorod ein und eroberten zwei Vororte: Koporje und Tessowo. Jetzt war Nowgorod selbst bedroht- Fürst Alexander befand sich nicht in Nowgorod. Er hatte sich in sein Perejaslawer Teilfürstentum begeben, nachdem sein Bestreben, die fürstliche Macht dies Stadt zu stärken, bei den Bojaren auf Widerstand gestoßen war. Die Nowgoroder baten ihn, zurückzukehren und den Deutschen eine Abfuhr zu erteilen. Alexander eilte nach Nowgorod und begann Streitkräfte aufzubieten. Er sandte seine Mannen in alle Teile von Rusj; sie riefen die russischen Menschen auf, das Vaterland zu verteidigen: „Versammelt euch alle, klein und groß: wer ein Pferd hat, der soll zu Pferde kommen, wer kein Pferd hat, soll im Boot fahren.“

Alexander hatte begriffen, dass man nicht warten durfte, bis die Deutschen gegen Nowgorod marschieren. Er fasste den Beschluss, ihrem Angriff zuvorzukommen und als erster anzugreifen.

Vor allem warf Alexander eine starke Abteilung gegen Koporje, von wo aus der Fluss Luga einen guten Weg nach Nowgorod bildete. Die Deutschen hatten hier eine gut befestigte Burg errichtet. Alexander nahm Koporje in schnellem Sturmangriff und brachte die nordwestliche Grenz Nowgorods außer Gefahr.

Jedoch konnte die Verteidigung der Stadt Nowgorod nicht als sicher angesehen werden, solange deren „jüngere Schwester“ Pskow sich in den Händen der Deutschen befand. Die Nowgoroder Chronik berichtet: „Der Großfürst Alexander war mit gewaltigen Streitkräften mit seinem Bruder Andrej, mit den Nowgorodern und den Nisowzern in das von Deutschen besetzte Gebiet gezogen. Die Feinde sollen nicht prahlen: ‚Wir werden das slawische Volk unterwerfen!‘. Schon haben sie die Stadt Pskow eingenommen und ihre Diener in der Stadt eingesetzt; der Großfürst Alexander aber besetzte nun sämtliche nach Pskow führenden Wege, befreite die Stadt, verjagte die Deutschen und Tschuden; die deutschen Statthalter aber legte er in Ketten und schickte sie nach Nowgorod.“

Nachdem Alexander seine Grenzen nach Südwesten gesichert hatte, zog er nach der Befreiung von Pskow mit dem russischen Heer nach Westen. Er weg führte über die Stadt Isborsk, hinter der das Land der Esten begann. Hier hatten die Deutschen große Streitkräfte konzentriert. Es war zu Beginn des Frühlings – in den ersten Tagen des April im Jahre 1242.

Das Aprileis war stark genug, um die russischen Krieger, die mit Lanzen, Schwertern und Streitäxten bewaffnet waren, zu tragen. Jedoch für die Reiterei der Ordensritter, die aus schweren, in ihre Panzer eingeschlossenen Reitern bestand, war es schwierig, sich während des Kampfes auf dem Eis zu halten. Der begabte russische Heerführer kannte gut die schwachen und starken Seiten des Gegners. Er hatte sich für eine seine Truppen günstige Stellung auf dem Westufer des Tschudj-Sees (des Peipus-Sees), bei dem, „Krähenstein“, einem gewaltigen Felsen, ausgewählt.

In der Nacht zum 5. April 1242 machte Alexander Newskij bei seinen Regimentern die Runde und überzeugte sich noch einmal von der kriegerischen Stimmung.

Der Morgen brach heran, und die Schlacht entbrannte. „Es war eine grimmige Schlacht“, schreibt der Chronist über die Schlacht mit den deutschen Rittern, „und die russischen Krieger schlugen sie, verfolgten sie gleichsam wie durch die Luft, und nirgends konnten sie sich verstecken…“

Die Russen verfolgten die Ritter auf einer Strecke von sieben Kilometern und machten eine große Anzahl Gefangene. Viele deutsche Ritter brachen im Eise ein und kamen samt ihren Pferden um.

Nach der vernichtenden Niederlage auf dem Tschudj-See baten die deutschen Ritter die Nowgoroder um Frieden und versprachen, die früher eroberten Gebiete zurückzugeben. Der Fürst Alexander trug der Tatsache, dass die Kräfte des russischen Volkes noch zersplittert und schwach waren, Rechnung und riet den Nowgorodern, Frieden zu schließen.

Der Sieg der russischen Krieger auf dem Eis des Tschudj-Sees brachte das Vorrücken der Deutschen nach Osten zum Stehen und rettete die Völker Osteuropas vor der Unterjochung.

Die „Eisschlacht“ nachte die Eroberungspläne der deutschen Feudalherren gegenüber Rusj zunichte. Die russischen Menschen, die um ihre Unabhängigkeit tapfer kämpften, wendeten das furchtbare Lose von sich ab, germanisiert oder von den deutschen Feudalherren ausgerottet zu werden.

Alexander Newskij kämpfte um die Erhaltung der Unabhängigkeit und Unantastbarkeit der russischen Erde in jener schweren Zeit, als das durch die inneren Fehden der Fürsten zersplitterte und geschwächte Rusj dem gelichzeitigen Angriff zweier machtvoller Eroberer ausgesetzt war: im Osten seitens der Tataren, im Westen seitens der Deutschen.

3. Die Zerschmetterung der Mongolo-Tataren auf dem Kulikowo-Feld

Die Zerschmetterung der Deutschen auf dem Tschudj-See hatte gezeigt, wie groß die Kraft des russischen Volkes ist, wenn es in Einigkeit handelt. Aber noch gab es im russischen Lande keine Einigkeit, und die Mongolen machten sich dies zunutze. In den weiten Räumen von der Wolga bis nach Westsibirien gründeten sie ihren Staat- die Goldene Horde- und machten sich die russischen Fürstentümer abhängig. Der gesamten männlichen Bevölkerung in Rusj wurde ein tribut auferlegt. Damit sich niemand der Tributzahlung entziehen konnte, veranstalteten die Tataren eine Zählung der gesamten russischen Bevölkerung. Über ganz Rusj jagten die grimmigen tatarischen Tributeinnehmer, die Basaki. Sie waren grausam und unerbittlich. Diejenigen, die den Tribut nicht zahlten, wurden in die Sklaverei verkauft.

Die besten russischen Handwerker wurden von den Tataren in die Horde weggeführt, die gesündesten und stärksten Jünglinge in ihre Kriegsscharen eingereiht.

Aber die russischen Menschen unterwarfen sich den grausamen Bedrückern nicht. Wiederholt lehnten sie sich gegen „die grausame basurmanische Quälerei“

Die Gewaltakte gegenüber den Tributeinnehmern waren so häufig, dass die Tataren gezwungen waren, die Eintreibung des Tributs den russischen Fürsten zu übertragen. Den eingetriebenen Tribut überreichten die Fürsten der Horde durch ihre Großfürsten.

Die Khane förderten die Zwistigkeiten und Kriege zwischen den Fürsten und hinderten die Vereinigung der russischen Länder. Gemäß der Charakteristik von Marx bestand die dauernde Politik der Horde in dem Bestreben, einen russischen Fürsten mit Hilfe eines anderen niederzuhalten, ihre Zwietracht zu nähren, ihre Kräfte im Gleichgewicht zu halten und keinem von ihnen zu gestatten, stark zu werden.

Das schwere Tatarenjoch währte länger als zweihundert Jahre. Marx schrieb, das das Tatarenjoch nicht nur belastete, sondern kränkte und selbst die Seele des Volkes verdarb, das sein Opfer wurde.

Nach dem Zerfall des Kiewer Staates im 13. Jahrhundert verlagerte sich das Zentrum des politischen Lebens nach Nordosten, in das Land Wladimir-Susdal. Die Hauptstadt von Rusj war jetzt Wladimir, das vom Fürsten Wladimir Monomach gegründet worden war.

Die Khane der Goldenen Horde ernannten gewöhnlich einen russischen Fürsten zum Großfürsten von Wladimir. Der Großfürst, der von dem Khan einen Jarlyk (eine Belehnungsurkunde) für das Großfürstentum erhalten hatte, gliederte seinen Besitz die Stadt Wladimir und die sie umgebenden Lande an.

Im 13. Und 14. Jahrhundert gab es in im späteren Zentrum von Groß-Russland verschiedene selbstständige Fürstentümer (Teilfürstentümer): Rostow-Susdal, Twer, Rjasan, Jaroslawl, Kostroma, Nishnij-Nowgorod, sowie auch die Besitzungen von Nowgorod und Pskow. Unter diesen begann Moskau sich hervorzutun.

In der Chronik wird Moskau zum ersten Mal im Jahre 1147 erwähnt. Zu jener Zeit war es ein kleiner Herrensitz des Rostow-Susdaler Fürsten Jurij Dolgorukij. Jedoch die günstige Lage Moskaus, das auf dem hohen Ufer der Moskwa, einem Zufluss der Oka, mitten im Zentrum sich kreuzender Verkehrswege, lag, zog eine große Menge russischer Siedler herbei. Der Fürst Daniil, Alexander Newkijs Sohn, der Moskau als Teilfürstentum erhalten hatte, siedelte dorthin über und legte den Grund für das Fürstentum Moskau.

In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vergrößerten die Moskauer Fürsten das Territorium des Moskauer Fürstentums um das Doppelte. Unter der wohlwollenden Teilnahme der Bevölkerung, die durch die gegenseitigen Kämpfe der Fürsten gequält und verarmt war, vereinigten die Moskauer Fürsten erfolgreich die um Moskau liegenden Lande. Einer der ersten, die die russischen Länder vereinigten, war Iwan Kalita (Kalita bedeutet „Geldsack“). Er war ein geiziger, reicher, schlauer und weitschauender Fürst. Es gelang ihm, die Unterstützung des tatarischen Khans sich zunutze zu machen und mit dessen Hilfe sich von seinen Rivalen zu befreien.

Iwan Kalita verstand es auch, den russischen Metropoliten für sich zu gewinnen, welcher seinen Sitz von Wladimir nach Moskau verlegt hatte. Von diesen Zeiten an wurde die Kirche den Moskauer Fürsten in ihrem Kampf um die Vereinigung aller russischer Länder um Moskau ein einflussreicher Bundesgenosse.

Nachdem der energische und unternehmungslustige Kalita den Jarlyk (die Belehnungsurkunde) für das Großfürstetum Wladimir erhalten hatte, begann er, Amtsbezirke und Dörfer anderer Fürsten und Bojaren aufzukaufen, von der „Horde“ russische Gefangene loszukaufen und in seinen Landen anzusiedeln. Den Neusiedlern gewährte er Vergünstigungen, befreite sie von Steuerzahlungen. Die im Moskauer Lande errichteten Klöster führten eine Großwirtschaft und lockten gleichfalls Siedler herbei. Auch die Handelsbeziehungen Moskaus hatten zugenommen. Iwan Kalita säuberte die großen Handelsstraßen von Räubern und förderte auf diese Weise die Entwicklung des Handelsverkehrs. Die Moskauer Fürsten wurden die reichsten von allen russischen Fürsten. Der Chronist vermerkt lobend und billigend, dass Iwan Kalita der Organisator der inneren Ordnung und der Verteidiger der russischen Erde vor der unheilvollen tatarischen Zerstörung wurde: „Und es trat eine große Stille im ganzen russischen Lande ein, und die Tataren hörten auf, es zu bekämpfen.“

Auf diese Weise begann unter Iwan Kalita das Territorium des künftigen russischen Staates mit Moskau als Zentrum sich herauszubilden. Die Söhne Kalitas setzten ihres Vaters Politik der Vereinigung der russischen Lande rings um Moskau fort. Marx weist darauf hin, dass sie diese eifrig, konsequent und stetig verfolgten.

Nach dem Tode Iwan Kalitas verschaffte sich sein Sohn Semjon Iwanowitsch, mit dem Beinamen „der Stolze“, den Jarlyk für das Großfürstentum.

Sterbend hinterließ Semjon der Stolze seinen Söhnen und Enkeln das Vermächtnis, die unheilvollen Zwistigkeiten zu vermeiden und Kräfte zu sammeln für den Entscheidungskampf mit dem Hauptfeind des russischen Volkes – den mongolo-tatarischen Eroberern. Die große Aufgabe begann das russische Volk unter der Leitung von Iwan Kalitas Enkel- Dimitrij Iwanowitsch, mit dem späteren Beinamen „Donskoj“, erfolgreich zu verwirklichen.

Der Moskauer Fürst Dimitrij Iwanowitsch wurde im Oktober 1350 geboren. Sein Vater (der Bruder Semjons des Stolzen) starb, als Dimitrij erst im 10. Lebensjahr stand. Dimitrijs Kindheit und Jugend vergingen unter den Bedingungen eines langwierigen und schweren Feudalringens um die Vormachtstellung. Die Gegner Moskaus trachteten danach, den minderjährigen Dimitrij des Großfürstenthrones zu berauben, aber die Moskauer Bojaren und der Metropolit verteidigten ihn für Dimitrij. Moskau wuchs und wurde stark. Dimitrij brachte- wie die Chronik berichtet- „sämtliche Fürsten unter seine Botmäßigkeit und ging gegen jene vor, die sich seinem Willen nicht unterordnen wollten.“ Als seine Hauptaufgabe betrachtete er den Kampf gegen die Unterdrücker des russischen Volkes-die Tataren. In seinen Vorbereitungen hierzu beschloss Dimitrij, vor allem die Hauptstadt seines Staates-Moskau- zu befestigen. Wie auch die anderen Festungsstädte jener Zeit, war Moskau von einer hölzernen Schutzwehr umgeben. Die von der Schutzwehr umgebende Festungsanlage hieß „Kreml“.

Diese Holzwände gerieten öfters in Brand und wurden sehr baufällig. Fürst Dimitrij Iwanowitsch beschloss darum, neue Kremlmauern aus Stein zu bauen. In den Steinbrüchen nahe bei Moskau fand man weiße Steine und brachte sie auf Kähnen in die Stadt. Steinmetzen behauten diese Steine zu großen viereckigen Platten und errichteten eine neue, massive Steinmauer, die den Moskauer Kreml umgab. Von jener Zeit an nannte der Volksmund Moskau „das Weißsteinige“. Der Steinerne Kreml, der von dem Fürsten Dimitrij im Jahre 1367 fertig gebaut worden war, wurde eine sichere Festung des Moskauer Staates.

Für den Kampf mit dem starken Feind waren bewaffnete Kräfte im Staat notwendig. Der Fürst verstärkte auf jede Weise das fürstliche Kriegsgefolge und schuf allmählich starke, gut ausgebildete Regimenter. Sämtliche Fürsten und Bojaren waren dem Großfürsten gegenüber zum Dienst verpflichtet; an den Sammelpunkten mussten sie „mit Pferden, Mannen und bewaffnet“ sich einfinden.

Die Bewaffnung der Moskauer Krieger bestand aus Schwertern, Streitäxten und runden Schilden zur Abwehr der Schläge. Man schoss mit Pfeil und Bogen. Die Spitzen der Pfeile waren aus Eisen. Den Kopf eines Kriegers bedeckte ein Helm aus Metall, die Brust wurde von einem Ringpanzernetz (Panzerhemd) geschützt.

Inzwischen begann die Goldene Horde merklich schwächer zu werden. In ihren Reihen wurde ein ununterbrochener Kampf um die Macht ausgetragen. Es kam vor, dass in der Horde mehrere Khane zugleich herrschten, die sich untereinander befehdeten. Unter Ausnutzung der Zwistigkeiten der Khane ergriff die Macht einer der tatarischen Heerführer, Mamaj, der ein 10 000 Mann umfassendes tatarisches Heer, oder eine „Tjma“ befehligte. Er träumte davon, die ehemalige Macht der Goldenen Horde wiederherzustellen und das russische Land noch mehr zu unterjochen. Mamaj befahl den Fürsten der Horde, sich für einen Feldzug nach Russland zu rüsten. In alle Besitzungen der Horde schickte er den Befehlt: „Niemand soll Getreide säen! Stellt Euch auf das Getreide der russischen Lande ein!“

Im Sommer 1380 versammelte Mamaj für den Feldzug nach Russland ein gewaltiges Heer. „Seit Batus Zeiten“, schreibt der Chronist, „hatte es ein solches Heer nicht gegeben.“ Aber Mamaj begnügte sich nicht damit. Er schloss ein Kriegsbündnis mit dem litauischen Fürsten Jagiello und trat in Verhandlungen mit Oleg, dem Fürsten von Rjasan.

Eine furchtbare Gefahr schwebte über Rusj. Dimitrij sandte an alle Städte Aufrufe, in denen die Fürsten mit ihren Mannen aufgefordert wurden, sich mit Moskau zu vereinigen. Der Aufruf fand bei den russischen Menschen feurigen Widerhall. Moskau wurde das Zentrum des Kampfes um die Befreiung des russischen Volkes vom tatarischen Joch.

Das große russische Heer, das unter den Fahnen des Fürsten Dimitrij aufgeboten war, brach feierlich von Moskau nach Kolomma auf. Hier veranstaltete der Fürst Dimitrij eine Truppenschau.

Dimitrij hatte erfahren, dass die Tataren planten, sich mit den Litauern zu vereinigen und mit ihnen gemeinsam die Russen anzugreifen. Er beschloss, der Vereinigung der feindlichen Heere zuvorzukommen. Die russischen Regimenter setzten über die Oka und gelangten im schnellen Marsch an den Don. Mamajs Heerscharen standen zu dieser Zeit jenseits des Dons in Erwartung der Bundesgenossen.

Bis zur Ankunft der Litauer waren es noch drei Tage. Fürst Dimitrij entschloss sich, die Feinde einzeln zu schlagen. Er sprach zu den Truppen: „Liebe Freunde und Brüder! Wisset, ich bin nicht hierhergekommen, um auf Oleg oder Jagiello zu schauen oder den Don zu sichern, sondern um das russische Land vor Knechtschaft und Vernichtung zu bewahren, oder meinen Kopf für Russland herzugeben. Ein ehrenhafter Tod ist besser als ein schmachvolles Leben. Besser wäre es, überhaupt nicht gegen die Tataren zu ziehen, als gegen sie zu ziehen und, ohne etwas getan zu haben, wieder umzukehren. Heute schon werden wir über den Don setzen und dort entweder siegen und das ganze russische Volk vor dem Untergang bewahren, oder unsere Köpfe dem Vaterland zu opfern.“

In der Nacht vom 07. Zum 08. September begann der Übergang über den Don. Bei Tagesanbruch hatten sich die russischen Truppen auf den Hügeln bei der breiten Ebene jenseits des Dons in der Nähe der Mündung des Flusses Neprjadwa aufgestellt. Diese Ebene wurde das Kulikowo-Feld genannt. Unter dem Schutz des Morgennebels nahmen die russischen Truppen günstige Stellungen ein. Einem der Regimenter, unter Führung des Fürsten Wladimir Andrejewitsch, Dimitrijs Waffengefährten und Vetter, sowie des tapferen Wojwoden Dimitrij Bobrok, mit dem Beinamen „der Wolhynier“, war befohlen, im dichten Wald verborgen, in Reserve zu bleiben.

Als die Sonne wärmer schien und der Nebel sich zerteilte, kam die russische Streitmacht schnell von den Hügeln herunter. Im tatarischen Lager hatte man die Russen nicht erwartet und sich für das Mittagessen eingerichtet. Die Tataren mussten ihre Kessel im Stich lassen und die Schlacht aufnehmen. Nahe gegeneinandergerückt, machten beide Heere halt. Ein tatarischer Reiter von riesigem Wuchs ritt auf die Russen zu. Höhnend forderte er einen ihm an Stärke gleichkommenden russischen Recken zum Zweikampf heraus. Als Antwort auf die Herausforderung löste sich ein Reiter aus den russischen Reihen. Über seiner Rüstung trug er Mönchskleidung. Er war der Mönch und Recke Pereswjet. Die Reiter stürzten aufeinander los und führten die Lanzen mit solcher Wucht, dass beide sogleich tot zu Boden stürzten.

DA sprach Fürst Dimitrij zu seinen Kriegern: „Brüder, kühne russische Männer! Die Zeit ist da, und die Stunde ist gekommen!“ Auf sein Zeichen stürzten die Krieger in die Schlacht. Es war ein erbittertes und blutiges Ringen. „Die Lanzen zerbrachen wie Strohhalme“, berichtet der Chronist. „Der Staub verdunkelte die Sonne, die Pfeile fielen wie Regen.“ Fünf Stunden schlug man sich, aber weder die Tataren noch die Russen gewannen die Überhand. Die Tataren warfen auf dem linken Flügel ihre in Reserve gehaltenen schweren Reiter in die Schlacht.

Da griff das russische Reserveregiment die Tataren, die schon bereit waren, den Sieg zu feiern, im Rücken an. Die durch den unerwarteten Schlag überraschten und durch den furchtbaren Kampf ermatteten Tataren wandten sich zur Flucht.

Mamaj, der von seinem Hügel aus sah, dass die Schlacht verloren war, floh mit den Resten seines Heeres. Bei dem Übergang über den Fluss Krassiwaja Metsch kamen viele Tataren ums Leben. Den Russen fiel eine gewaltige Beute in die Hände: Rinderherden, prachtvolle Pferde, die prächtigen Zelte Mamajs und seiner Mursy (d.s. tatarische Fürsten).

Ende September kehrten die Russen siegreich nach Moskau zurück. Der Fürst Dimitrij erhielt für diesen bedeutsamen Sieg die ruhmvolle Bezeichnung „Donskoj“.

Die Kulikower Schlacht ließ erkennen, dass die für unbesiegbar gehaltenen Tataren geschlagen werden können, wenn das russische Volk sich einmütig zum Kampf für seine Unabhängigkeit erhebt. Aber die politische Einigung von Rusj war noch nicht vollendet und das Tatarenjoch noch nicht abgeschüttelt. Der Kulikower Sieg hatte die tatarische Horde stark geschwächt, aber noch nicht vernichtet.

Dimitij Donskoj starb am 19. Mai 1389; er hinterließ seinen Kindern das Vermächtnis, in Frieden und Freundschaft zu leben und den Russischen Staat zu festigen.

Das tapfere Vorbild Dimitrij Donskoj und seine kriegerischen Heldentaten wurden vom Volk nicht vergessen. In ihren Liedern verherrlichten die alten Guslispieler die Verdienste es Fürsten Dimitrij:

„Kommt herbei, ihr russischen Brüder und Söhne,                                                                                         Lasset uns ein Lied verfassen,                                                                                                                         Lasset uns das russische Land aufheitern,                                                                                                       Lasset uns den Sieg über Mamaj preisen.“

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 „Die Vergangenheit des Sowjetlandes“ aus dem Jahre 1947

Original-Autorin Anna Michailowna Pankratowa

Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

Fritz Selbmann

Friedrich Wilhelm „Fritz“ Selbmann, geboren am 29. September 1899 in Lauterbach (Hessen), gestorben am 26. Januar 1975 in Berlin/DDR war Parteipolitiker, Minister und Schriftsteller in der DDR.

Fritz Selbmann (links) und Otto Grotewohl (1949)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-S88297 / Igel / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5436606

Fritz Selbmann war Sohn eines Kupferschmiedes. Er arbeitete bereits mit 17 Jahren unter Tage, war Soldat im Ersten Weltkrieg und 1918 Mitglied eines Arbeiter- und Soldatenrates. 1920 trat er in die USPD ein und 1922 in die KPD. In der Weimarer Republik wurde er mehrfach wegen politischer Tätigkeit verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Er war vom 4. Oktober 1930 bis zu seiner Mandatsniederlegung am 22. August 1932 Mitglied des Preußischen Landtages[1], 1932/33 Mitglied des Reichstages und politischer Sekretär in den Bezirken Oberschlesien und Sachsen. Selbmann nahm am 7. Februar 1933 an der illegalen Tagung des Zentralkomitees der KPD im Sporthaus Ziegenhals bei Berlin teil.[2] Im gleichen Jahr wurde er verhaftet und überlebte den Faschismus in Zuchthäusern und KZs (KZ Sachsenhausen und KZ Flossenbürg, siehe „Die lange Nacht“, 1961).

Nach der Befreiung vom Faschismus hatte er in der SBZ (stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Wirtschaftskommission) und in der DDR hohe Funktionen inne (u. a. Minister für Industrie, später Minister für Schwerindustrie und stellvertretender Vorsitzender der Staatlichen Plankommission und des Volkswirtschaftsrates).

Anlässlich der versuchten Konterrevolution am 17. Juni 1953 war er einer der wenigen prominenten SED-Politiker, die sich in Berlin den Streikenden stellten. Als sich am 16. Juni 1953 Tausende von Bauarbeitern auf dem Platz vor dem Haus der Ministerien in der Leipziger Straße versammelt hatten, um gegen die Erhöhung ihrer Arbeitsnormen zu protestieren, begab er sich mutig unter die Demonstranten und versuchte von einem Bürotisch herab zu ihnen zu sprechen. Aber der aufgestaute Unmut der Arbeiter war schon zu groß. Selbst seine Mitteilung, das Politbüro habe die Normenerhöhung soeben zurückgenommen, vermochte die aufgebrachte Menge nicht zu beruhigen. Sein Hinweis, er sei doch selber ein Arbeiter, stieß auf entschiedene Ablehnung. Selbmann musste abtreten. Der begonnene Arbeiterprotest entwickelte sich zum Volksaufstand. In seinem am 21. Juni 1953 auf der Parteiaktivtagung in Dresden gehaltenen Referat bezeichnete Selbmann den Aufstand als „unerhörten Schandfleck der deutschen Arbeiterbewegung“ und verglich ihn mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941.[3]

1954 bis 1958 war Selbmann Mitglied des ZK der SED. Wegen „abweichender Haltung“ wurde er von Walter Ulbricht 1958 im Umfeld der sogenannten SchirdewanWollweber-Fraktion in der SED-Führung aus seinen politischen und staatlichen Ämtern gedrängt und verlegte sich auf die Schriftstellerei. Die Kämpfe um die sozialistische Planerfüllung waren sein vorherrschendes Motiv.

Bis zu seinem Tod lebte Fritz Selbmann als freischaffender Schriftsteller in Berlin, erst in Karlshorst und dann ab 1965 in Müggelheim. 1969–1975 war er einer der Vizepräsidenten des DDR-Schriftstellerverbandes. Er veröffentlichte 1970 im Mitteldeutschen Verlag, Halle/Saale, unter dem Titel „Alternative, Bilanz, Credo. Versuch einer Selbstdarstellung“ seine Autobiografie.

 

Gedenktafel in Lauterbach
Bildquelle: Von Reinhardhauke – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19914809

Seine Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt. Nach Selbmanns Tod wurde 1977 eine Schule in Müggelheim nach ihm benannt (16. POS „Fritz Selbmann“), die nach 1989 wieder umbenannt wurde.[4] Auch in Leipzig gab es eine nach ihm benannte Schule (88. POS „Fritz Selbmann“, Alte Salzstrasse 123). Schon 1950 war die Fachschule für Elektrotechnik in Mittweida nach Selbmann benannt worden.[5]

Grabstätte
Bildquelle: Von Z thomas – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52555270

Sein Sohn Erich war Journalist und Chefredakteur der „Aktuellen Kamera“ (Nachrichtensendung des Fernsehens der DDR).

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Bruno Leuschner

Bruno Max Leuschner, geboren am 12. August 1910 in Rixdorf, gestorben am 10. Februar 1965 in Berlin/DDR war Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der SED und Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR. 

Bruno Leuschner (1963)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-B1026-0004-005 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5360676

Bruno Leuschner war der Sohn eines Schuhmachers[1] und absolvierte nach dem Besuch der Mittelschule von 1925 bis 1928 eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Konfektionsfabrik „Lachmann & Meyer“ in Berlin, wo er danach als Expedient, Calculator, Verkäufer und zuletzt als Mitarbeiter der Exportabteilung arbeitete. Er besuchte 1928 bis 1931 Abendkurse an der Lessing- und der Humboldt-Hochschule Berlin und die Marxistische Arbeiterschule, wo er u. a. Unterricht bei Hermann Duncker und Ernst Schneller hatte. 1931 trat er der KPD bei und arbeitete ab 1933 in verschiedenen Funktionen, so unter anderen als Mitarbeiter der illegalen Zeitung „Der Rote Wedding“ und in M-Apparat der KPD unter dem Decknamen „Max“, für die Partei. Im Jahr 1936 wurde Leuschner verhaftet und 1937 vom Kammergericht Berlin zu einer Strafe von sechs Jahren Zuchthaus wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt, die er in den Zuchthäusern Zuchthaus Brandenburg-Görden und Sonnenburg verbüßte. Danach war er 1942 bis 1944 im KZ Sachsenhausen und bis 1945 im KZ Mauthausen in Haft.

Leuschner war 1945 am Aufbau der Wirtschaftsabteilung der KPD beteiligt, deren Vorsitzender er wurde. Als Leiter der Abteilung Wirtschaft und Finanzen der SED war er ab 1947 maßgeblich am Aufbau der Deutschen Wirtschaftskommission beteiligt, wo er zunächst Leiter der Abteilung für Wirtschaftsfragen und ab 1948 zuständig für Planung war. In dieser Funktion war er entscheidend an der Ausarbeitung des Halbjahresplanes 1948 und des Zweijahresplanes 1949/1950 beteiligt.

Von 1950 bis 1952 war er erster Stellvertreter des Vorsitzenden und von 1952 bis 1961 als Nachfolger von Heinrich Rau Vorsitzender der Staatlichen Plankommission. Außerdem war er von 1950 bis 1965 Mitglied des Zentralkomitees der SED, von 1953 bis 1965 Abgeordneter der Volkskammer, ab 1953 Kandidat und ab 1958 Mitglied des Politbüros des ZK der SED, 1955 bis 1965 stellvertretender Vorsitzender des Ministerrates, 1960 bis 1963 Mitglied des Staatsrates und 1960 bis 1965 Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates. Im Jahr 1961 wurde er vom ZK der SED seiner Funktion als Vorsitzender der Staatlichen Plankommission entbunden, wurde Minister für die Koordination volkswirtschaftlicher Grundaufgaben beim Präsidium des Ministerrates und ab Juni 1962 Ständiger Vertreter der DDR im Exekutivkomitee des RGW.

 

Leuna-Werke, Chemiekonferenz am 3. November 1958
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-57522-0001 / Hans-Günter Quaschinsky / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5355085

Leuschner war mit Renate Bischoff (1924–2018) verheiratet und Vater von zwei Söhnen.[2]

Leuschners Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.

Bildquelle: Von Z thomas – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52555383

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Rudolfine Steindling („Rote Fini“)

Rudolfine Steindling, geboren am 10. September 1934 als Rudolfine Eckel; gestorben am 27. Oktober 2012 in Tel Aviv. Sie wurde auch „Rote Fini“ genannt.

Sie war eine österreichische Unternehmerin und Kommerzialrätin.

Rudolfine Steindling
Bild: dpa; entnommen aus TAZ 29.10.2012

Rudolfine Steindling arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg als Buchhalterin in der Wiener Dependance der ungarischen Central Wechsel- und Creditbank. Dort lernte sie ihren – damals noch mit der früheren Widerstandskämpferin Vilma Steindling verheirateten – Ehemann, den jüdischen Holocaust-Überlebenden und Résistance-Kämpfer Adolf Dolly Steindling (1918–1983), kennen,[3] der ab 1974 Generaldirektor der Bank war.[4] Rudolfine Steindling verließ das Bankhaus 1966 und begann ihren Aufstieg im Firmenimperium der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ),[3] in der sie von 1959 bis 1969 Mitglied war.[5] Sie galt als gut vernetzt mit der österreichischen Wirtschaft sowie mit der politischen Elite der DDR.[6] Auch nach ihrem Austritt aus der KPÖ verwaltete sie als am Wiener Kohlmarkt ansässige Treuhänderin nicht nur Vermögen der KPÖ, sondern auch Gelder der DDR.

Ab 1973 war sie Geschäftsführerin der Novum GmbH, über die die DDR Außenhandelsbeziehungen in den Westen unterhielt.[7] Die Gesellschaft vertrat als Teil des Bereichs Kommerzielle Koordinierung Firmen wie Bosch, Ciba-Geigy, Voest-Alpine und Steyr Daimler Puch in der DDR und brachte es so auf beträchtliche Provisionseinnahmen.[8] Steindling übernahm 1978 die Hälfte und 1983 sämtliche Geschäftsanteile der Novum,[6] die nie in einen Organisationseigenen Betrieb der SED überführt worden war, sondern die Rechtsform einer GmbH beibehalten hatte.[9] Die Novum GmbH verfügte zur Annexion der DDR durch die BRD über ein Vermögen von rund einer halben Milliarde DM auf Konten in Österreich und der Schweiz.[10]

Aufgrund von Treuhandvereinbarungen zugunsten der SED-Firma VOB Zentrag übernahm ab 1992 die Treuhandanstalt die Verwaltung der Novum GmbH. Daraufhin verklagte Steindling die Treuhand-Nachfolgerin Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Sie gab an, seit April 1983 Alleingesellschafterin der Novum im Auftrag der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) gewesen zu sein, und erhielt zunächst in erster Instanz Recht.[9] Das Oberverwaltungsgericht Berlin entschied in zweiter Instanz jedoch, dass die Novum GmbH ab 1983 nur zum Schein von Steindling geführt wurde, um SED-Vermögen ins Ausland zu transferieren, und darum als eine mit der SED verbundene juristische Person anzusehen war.[11]

Noch vor der endgültigen juristischen Klärung des Falles hob Steindling rund die Hälfte des Guthabens von den Novum-Konten ab, deren weiterer Verbleib zum Teil ungeklärt blieb.[12] Im Jahr 2009 schloss die BvS mit Steindling einen Vollstreckungsvergleich über die Zahlung von 106 Millionen Euro zuzüglich der Erlöse aus Rücklagen, sodass die Bundesanstalt insgesamt 120 Millionen Euro erhielt, welche an die neuen Bundesländer ausgezahlt wurden.[13] Steindling lebte zuletzt in Wien und Tel Aviv, wo sie als Spenderin und Mäzenin in Erscheinung trat. Unter anderem unterstützte sie die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und errichtete zu Ehren ihres verstorbenen Mannes den Dolly Steindling Fund.[14] Steindling pflegte einen extravaganten Lebensstil und hatte größere Vermögenswerte – wie ihre Villa in Döbling – bereits zu Lebzeiten auf ihre Tochter überschrieben.[15] Rudolfine Steindling verstarb am 27. Oktober 2012 in Tel Aviv;[12] sie ist in der Neuen Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs bestattet.

Die Bank Austria, die (damals noch als Länderbank) Steindlings Hausbank war und der Komplizenschaft mit der Geschäftsfrau beschuldigt wurde, wurde im März 2010 vom Obergericht des Kantons Zürich zur Zahlung von insgesamt 245 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt, von der Berufungsinstanz wurde das Urteil jedoch zunächst aufgehoben und das Verfahren an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.[8] Ein erneutes Urteil des Zürcher Obergerichts[16] wurde nach Zurückweisung einer Beschwerde durch das Schweizer Bundesgericht 2013 rechtskräftig, so dass die Bank Austria 128 Millionen Euro zuzüglich 5 Prozent Zinsen seit 1994 an die BRD zahlen musste.[17][18]

Am 21. August 2014 reichte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Treuhänderin für das Vermögen der ehemaligen DDR beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die schweizerische Bank Julius Bär & Co. AG auf Schadenersatz für verschwundenes DDR-Staatsvermögen in Höhe von umgerechnet 135 Millionen Euro ein.[19] Diese Summe soll über die Novum GmbH durch Rudolfine Steindling auf Schweizer Konten der „Cantrade Privatbank AG“ (Zürich) transferiert worden sein. Später soll Steindling das Geld abgehoben und in Banksafes gelagert haben, wobei der endgültige Verbleib unbekannt ist. 2019 verurteilte das Schweizer Bundesgericht in Lausanne die Bank Julius Bär als Rechtsnachfolgerin der Cantrade Privatbank dazu, 88 Millionen Euro zuzüglich Zinsen an die BRD zu zahlen. Auf den zwischen Steindling und der BvS 2009 geschlossenen Vergleich konnte sich die Bank nicht berufen.[20]

Interessante Links

Literatur

  • Dolly Steindling: „Meine Jugend: Ein Bericht.“ Eigenverlag, Wien 1990 (Autobiografie von Dolly Steindling).
  • Erich Klein: „Die Rote Fini. Das Leben der Rudolfine Steindling und die verschwundenen DDR-Millionen.“ Residenz-Verlag, Salzburg 2017.

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

NOVUM (Unternehmen)

Die Novum GmbH war ein Außenhandelsbetrieb der DDR. Im Auftrag der SED organisierte sie Geschäfte zwischen volkseigenen Betrieben und Unternehmen im westlichen Ausland. Rudolfine Steindling übernahm treuhänderisch 1978 die Hälfte und 1983 sämtliche Geschäftsanteile der Novum. Die Gesellschaft wurde nie in einen Organisationseigenen Betrieb der SED überführt, sondern behielt die Rechtsform einer GmbH.

Die am 31. Mai 1951 in Berlin/DDR gegründete Handelsgesellschaft diente zunächst dem Zweck, für die DDR Waren am Wirtschaftsembargo westlicher Staaten vorbei zu besorgen.[1] Später war sie als Teil des Bereichs Kommerzielle Koordinierung[2] für die Beschaffung westlicher Devisen verantwortlich. Hierfür organisierte sie Geschäfte zwischen DDR-Betrieben und Firmen in der BRD, Österreich und der Schweiz. In den knapp 40 Jahren ihres Bestehens erwirtschaftete das Unternehmen hohe Provisionsgewinne. Auf einige Konten der Novum hatte nur die DDR Zugriff, ein Großteil der Novum-Erlöse floss in die Staatskasse der DDR oder diente zur Finanzierung von Spionageoperationen des Ministeriums für Staatssicherheit.[3]

Zur Konterrevolution verfügte die Novum GmbH über ein Vermögen von rund einer halben Milliarde DM auf Konten in Österreich und der Schweiz.[4]

Juristische Auseinandersetzungen nach 1990

Nach dem Auffinden von Treuhanderklärungen vom 16. März 1978 sowie aus dem Jahr 1983, die die SED-Firma „VOB Zentrag“ als Novum-Inhaber benannte, übernahm im Januar 1992 die Treuhandanstalt die Verwaltung der Novum GmbH und ließ die Konten der Firma einfrieren.[3][5]

Hieraufhin verklagte die Geschäftsfrau Rudolfine Steindling die Treuhand-Nachfolgerin Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin. Sie gab an, mit dem Erwerb von Novum-Anteilen seit April 1983 Alleingesellschafterin der Novum im Auftrag der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) gewesen zu sein und erhielt am 12. Dezember 1996 in erster Instanz Recht.[6]

In zweiter Instanz stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin jedoch fest, dass die Novum GmbH nicht – wie von der Klägerin angegeben – im Eigentum der KPÖ stand, sondern auf Grund von Treuhandvereinbarungen zum SED-Vermögen zu zählen ist.[7] So entschied das Gericht, dass die Novum ab 1983 nur zum Schein von Steindling geführt wurde, um SED-Vermögen ins Ausland zu transferieren.[8] Damit fiel das verbliebene Guthaben von 255 Millionen Euro der Bundesanstalt zu.[9] Die Revision war unter anderem deshalb möglich geworden, weil ein Anwalt der Novum Informationen über die Fälschung bzw. Vernichtung von Beweismaterialien geliefert hatte, mit dem Ziel, die ausgelobte Belohnung für das Auffinden von SED-Parteivermögen zu kassieren.[10] Weitere Revisionen wurden nicht zugelassen.[11] Vor Inkrafttreten des Urteils wurden hohe Geldbeträge von Firmenkonten überwiesen, sodass nur ein Teil des Vermögens sichergestellt werden konnte. Man einigte sich in einem Vergleich auf die Zahlung von 106 Millionen Euro sowie den Erlösen aus Rücklagen, sodass die Bundesanstalt insgesamt 120 Millionen Euro erhielt, welche an die neuen Bundesländer ausgezahlt wurden.[12]

Am 27. März 2010 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich die Unicredit Bank Austria zur Zahlung von 230 Millionen Euro an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Diese hatte geklagt, da die Bank (damals noch als Länderbank) Steindling Anfang 1992 umgerechnet rund 128 Mio. Euro von den Novum-Konten ausgezahlt hatte, obwohl sich die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits unter Verwaltung der Treuhand befand.[13] Die Richter urteilten, dass die Banker bei der Auszahlung fahrlässig gehandelt hätten und die entsprechende Summe nebst 5 % Zinsen p. a. daher von der Bank zu ersetzen seien.[14] Die dagegen gerichtete Berufung der Bank Austria wurde zurückgewiesen und der Betrag aufgrund der Zinsen auf 245 Millionen Euro erhöht. Die Bank focht das Urteil an,[15] das Urteil wurde von der Berufungsinstanz aufgehoben und das Verfahren an das ursprüngliche Gericht zurückverwiesen.[16] Dieses wies 2013 die Beschwerde zurück und somit wurde das Urteil rechtskräftig. Die Bank Austria musste an die BRD 128 Mio. Euro, zuzüglich 5 % Zinsen seit 1994, zahlen.[17]

Am 21. August 2014 reichte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Treuhänderin für das Vermögen der ehemaligen DDR beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die schweizerische Bank Julius Bär & Co. AG auf Schadenersatz für verschwundenes DDR-Staatsvermögen in Höhe von umgerechnet 135 Millionen Euro ein.[18] Diese Summe soll über die Novum GmbH durch Rudolfine Steindling auf Schweizer Konten der „Cantrade Privatbank AG“ transferiert worden sein. Später soll Steindling das Geld abgehoben und in Banksafes gelagert haben, wobei der endgültige Verbleib unbekannt ist. 2019 verurteilte das Schweizer Bundesgericht in Lausanne die Bank Julius Bär als Rechtsnachfolgerin der Cantrade Privatbank dazu, 88 Millionen Euro zuzüglich Zinsen an die BRD zu zahlen. Auf den zwischen Steindling und der BvS 2009 geschlossenen Vergleich konnte sich die Bank nicht berufen.[19]

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Kommerzielle Koordinierung (Koko)

Der Bereich Kommerzielle Koordinierung (BKK), kurz KoKo genannt, wurde am 1. Oktober 1966 im damaligen Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel der DDR gegründet.

Der Bereich KoKo hatte die Aufgabe, mittels der Koordinierung von kommerziellen Aktivitäten maximalen Gewinn in Valuta außerhalb des Staatsplanes zu erwirtschaften, und nahm damit eine inhaltliche wie rechtliche Sonderstellung ein.

Die Kommerzielle Koordinierung betätigte sich vor allem als Importeur von Embargogütern und war eng mit dem Ministerium für Staatssicherheit verzahnt. Anfang der 1970er Jahre erhielt KoKo den Status als „Devisenausländer“ und damit eine Sonderstellung in der DDR-Wirtschaft: Die DDR-Betriebe mussten mit KoKo wie mit Unternehmen aus dem westlichen Ausland handeln. Chef Alexander Schalck-Golodkowski unterstand nur Günter Mittag und Erich Honecker.[1]

KoKo erwirtschaftete mindestens 28 Milliarden Valutamark (D-Mark) Gewinn[2] und trug dazu bei, die Defizite in der Handelsbilanz der DDR zu begrenzen und akuten Kreditbedarf kurzfristig zu bedienen.

Der Bereich KoKo war in Hauptabteilungen, Abteilungen sowie Sektoren strukturiert und hatte mehr als 3000 Beschäftigte. Dabei verfügte er über ein Netz von Firmen und Kontakten zu Politik, Wirtschaft, Geheimdiensten sowie Händlern, mit deren Hilfe die kommerziellen Aktivitäten koordiniert wurden.

1989 umfasste der Bereich KoKo mehr als 150 Handelsgesellschaften, Briefkasten- und sonstige Firmen. Besonders hervorzuheben wären hier die Firmen F. C. Gerlach, G. Simon, Forgber und Camet des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) sowie das Waffenexportunternehmen Imes Import-Export GmbH (IMES) mit seinem Hauptlager Kavelstorf bei Rostock.

Das Leistungsprofil des Bereiches KoKo beinhaltete fiskalische Geschäfte, Handelsgeschäfte, embargobrechende Technologieimporte, Waffenexporte, Import von Sondermüll aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, Provisionseinnahmen durch Zwangseinschaltung von Vertreterfirmen, Transit- und Touristikgeschäfte, sogenannte kalte Enteignungen, Kirchengeschäfte und Häftlingsfreikäufe, Export von Kunst- und Kulturgegenständen, sogenannte Kontenfreimachungen, die Versorgung mit westlichen Konsumgütern und Kreditierung von Industrieinvestitionen.

Die staatlichen Kontrollinstanzen hatten nur einen sehr eingeschränkten Zugriff auf den Bereich KoKo. Kontrollen fanden lediglich in ausgewählten KoKo-Segmenten durch Sonderrevisionen des Ministeriums der Finanzen, durch das Ministerium für Staatssicherheit und die Leitung des Bereiches KoKo selbst statt. Dies war durch die Zwitterrolle zwischen (illegalem) Außenhandel und Ministerium für Staatssicherheit begründet. D.h. der Willkür war Tür und Tor geöffnet. Andererseits ging es nicht anders, um die Embargos zu umschiffen. P.R.

Der komplexe Charakter des Bereiches KoKo sowie seine Einordnung zwischen Außenhandel, Wirtschaft und Geheimdienst waren die Ursache für zahlreiche Konflikte auch innerhalb der DDR-Institutionen. Die Gründe dafür lagen unter anderem in der Konkurrenz zwischen KoKo und den zuständigen Ministerien, im Kompetenzgerangel innerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit und nicht zuletzt im dreifachen Unterstellungsverhältnis des Leiters des Bereiches KoKo, Alexander Schalck-Golodkowski, nämlich in Wirtschaftsfragen unter Günter Mittag, in sicherheitspolitischen Angelegenheiten unter Erich Mielke sowie in Fragen der deutsch-deutschen Beziehungen unter Erich Honecker.

Internationales Handelszentrum
Bildquelle: Von Manuel Strobel/Deutsches Architektur-Forum – Eigenes Werk des ursprünglichen Hochladers, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2004511

Das generelle Ziel der Einrichtung des Bereiches KoKo 1966[3] lag in der Devisengewinnerwirtschaftung, die nach planwirtschaftlichen Vorgaben koordiniert werden sollte. Bis dahin waren diese eher unabgestimmt, genau wie die illegalen Güterimporte, die ebenfalls vollkommen unsystematisch vollzogen wurden.[4] Firmen, über die in den fünfziger Jahren entsprechende Geschäfte mit Wissen des MfS liefen, gab es bereits in großer Zahl, beispielsweise das Unternehmen F. C. Gerlach Export-Import, das aus einem Schwarzhandelsring hervorgegangen war.[5] So war auch die Deutsche Handelsbank AG bereits vorher in diverse fragwürdige Devisen- und Finanzgeschäfte verwickelt und es existierten die sogenannten Kirchengeschäfte und Parteifirmen.

Die Initiative zur Gründung des Bereiches KoKo ging offenbar von Alexander Schalck-Golodkowski selbst aus, der in einem Brief vom 29. Dezember 1965 an Hermann Matern dafür warb und sich selbst für eine solche Aufgabe als prädestiniert bezeichnete. Die Idee sollte von Hans Fruck stammen, der eigene Interessen für seine HVA-Firmen verfolgte.[6]

Alexander Schalk-Golodkowski (1988)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1988-0317-312 / Brüggmann, Eva / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5424273

Ab 1957 sammelte Schalck-Golodkowski in diversen Positionen des Außenhandelsministeriums Erfahrungen im Westhandel, den Innerdeutschen Handel und mit ihm verbundene illegale Praktiken eingeschlossen. Als 1. Sekretär der SED-Kreisleitung des Ministeriums für Außen- und Innerdeutschen Handel (MAI) von 1962 bis 1966 lernte er zudem die wirtschafts- und handelspolitischen Hintergründe kennen, die der DDR Restriktionen setzten, und systematisierte diese Erkenntnisse in seiner Dissertation von 1970, die er zusammen mit Heinz Volpert verfasste und die den Titel „Zur Bekämpfung der imperialistischen Störtätigkeit auf dem Gebiet des Außenhandels“ trug.[7]

Im Spätsommer 1966 erhielt Schalck-Golodkowski den Auftrag, mit dem Aufbau des Bereiches KoKo im Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel zu beginnen.[8]

Im Mittelpunkt der praktischen Gründungsaktivitäten stand die Schaffung einer gemeinsamen Dachorganisation für die Handelsfirmen Genex, Transinter, Intrac, Zentral-Kommerz und Intershop.[9] Als Kommerzielle Beziehungen bezeichnet, wurde der Bereich zunächst der HA XVIII (Absicherung der Volkswirtschaft) im MfS kommissarisch unterstellt.

Die Gründung des Bereiches KoKo erfolgte zum 1. Oktober 1966 gemäß Ministerratsverfügung vom April desselben Jahres und wurde dem Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel direkt unterstellt. Im November übernahm Schalck-Golodkowski als Bevollmächtigter die Leitung, bis er per Ministerratsbeschluss vom 7. Dezember 1966 im Range eines Stellvertreters des Ministers bestätigt wurde. Als generelle Aufgaben galten gemäß der Verfügung 61/66:[10]

  • die maximale Erwirtschaftung kapitalistischer Valuten außerhalb des Staatsplanes
  • die Durchführung der Kirchengeschäfte
  • die handelspolitische Einflussnahme auf die MfS-Firmen F. C. Gerlach und G. Simon
  • die Nutzung materieller Fonds der Staatsreserve B für zusätzliche Valutaeinnahmen (über Spekulationsgeschäfte an internationalen Warenterminbörsen)

Der Aufbau des Bereiches KoKo war bis 1969 abgeschlossen, und in den folgenden Jahren wurden seine Befugnisse schrittweise erweitert. Im Juli 1969 wurde eine Art Zwangsvertretersystem etabliert, die sogenannte Organisation staatlicher Handelsvertreter. Dies bedeutet, dass die KoKo nun im Besitz des Anfragemonopols war und somit die zuvor an westliche Handelsvertreter und Vertreterfirmen geflossenen Provisionen selbst kassieren konnte. Der hierfür zuständige Außenhandelsbetrieb Transinter nahm in den späten achtziger Jahren dadurch jährlich ca. 350 Millionen DM ein. Doch das Ziel, alle nichtstaatlichen Handelsvertretungen vom Markt zu verdrängen, konnte nicht erreicht werden.[11]

1971 erteilte der Ministerrat der DDR dem Bereich KoKo per Verfügung die Zollhoheit.[12] Somit wurde der kommerzielle Grenzverkehr in eigener Verantwortung sichergestellt. Der Status eines Devisenausländers ermöglichte dem Bereich KoKo ab 1972, über Devisenkonten der Deutschen Handelsbank AG und der Deutschen Außenhandelsbank am internationalen Zahlungsverkehr teilzunehmen. Bereits zu dieser Zeit hatte der Außenhandelsminister faktisch kein Zugriffsrecht mehr auf den Bereich KoKo.[13] Mit der Ministerratsverfügung 15/75 wurden die Befugnisse und Aufgaben des Bereiches KoKo grundsätzlich überarbeitet.[14] Nur anderthalb Jahre später wurden sie allerdings von Schalck-Golodkowski über eine Interne Ordnung erneut novelliert.[15] Zum Jahreswechsel 1976/77 wurde der Bereich KoKo endgültig aus dem Außenhandelsministerium herausgelöst, wobei er diesem aber formal zugeordnet blieb. Der nun selbstständige Dienstbereich unterstand dem Sekretär des ZK der SEDGünter Mittag. Durch den Politbürobeschluss des ZK der SED vom 2. November 1976 wurde dem Leiter des Bereiches KoKo, Schalck-Golodkowski, der Status eines Staatssekretärs mit eigenem Geschäftsbereich verliehen.[16][17]

Schalck-Golodkowski hatte damit eine einzigartige Sonderstellung in der Staats- und Parteiführung inne, er war immerhin Unterhändler in den deutsch-deutschen Beziehungen, Mitglied zahlreicher Kommissionen und als Leiter des Bereiches KoKo Staatssekretär mit eigenem Geschäftsbereich, der sich um die Alltagsgeschäfte der KoKo-Betriebe nicht mehr kümmerte, außer wenn etwas schief lief.[18] Der Bereich KoKo war Ende der 1970er Jahre ein staatlicher Großkonzern mit internationalen Geschäftsbeziehungen.[19]

Noch weiter ausgebaut wurde der Bereich KoKo, als 1980 eine Regelung des MfS in Kraft getreten war, welche die Zuordnung der HVA-Unternehmen Asimex, Camet, Gerlach und Intersport verfügte.[20] Die Deutsche Handelsbank AG wurde dem Bereich KoKo 1981 unterstellt[21], und 1986 erhielt er das Nutzungsrecht über die Staatsreserve A zur Gewinnerwirtschaftung.[22]

Mitte der 1970er Jahre wurde dem Bereich durch Beschluss des Politbüros die wirtschaftliche Lenkung der entgegen den Vorschriften der Militärregierungsverordnung Nr. 53 in der Bundesrepublik Deutschland und auch in anderen westlichen Ländern aus Mitteln der DDR errichteten Unternehmen übertragen, die bis dahin von der Abteilung Verkehr des ZK der SED betreut worden waren.

Hauptaufgabe war die Devisenbeschaffung mit allen legalen und illegalen Mitteln, über die Möglichkeiten des normalen Außenhandels hinaus.

Beschaffung von Devisen

Die Versorgung mit Devisen zur Deckung der Importe basierte dabei auf mehreren Bereichen:

  • Zum einen konnten mit den Intershops,die sich besonders in Bahnhöfen, Flughäfen und an Grenzübergängen und Transitstrecken befanden und den Bedarf der Reisenden aus den westlichen Ländern decken sollte, Gelder erwirtschaftet werden. Hierbei war von Vorteil, dass die Reisenden die Waren meist günstiger als im Herstellungsland erwerben konnten.
  • Auch wurden über Genex Devisen erwirtschaftet. Der Genex-Kataloghandel richtete sich an BRD-Bürger mit Verwandten und Bekannten in der DDR.
  • Die Kunst und Antiquitäten GmbH exportierte Kulturgüter aus staatlichem und privatem Besitz gegen Devisen. Zum Aufspüren dieser Kunstwerke bei Privatleuten und zur Absicherung der Geschäfte wurde eng mit den Fachabteilungen des MfS, der Zoll- und Steuerfahndung zusammengearbeitet.

Doch die damit erwirtschafteten Gelder konnten den Devisenbedarf nicht decken.

So kaufte KoKo auch im westlichen Ausland kleinere Unternehmen auf, verwaltete SED-Parteibetriebe im westlichen Ausland (meist BRD, Österreich; Treuhandunternehmen auch in Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz) und betrieb Waffenhandel. KoKo profitierte auch von den Geldern aus Häftlingsfreikäufen,[32] Müllimporten aus Westberlin,[33] Blut- und Blutplasma-Export (Wikipedia schreibt allerdings nichts über Blut-, Blutplasma-Importe. Die wird es wohl auch gegeben haben. Schließlich ging und geht bis heute der Bluthandel rund um die Welt, was ganz normal ist. P.R.),[34] Textil- und Zigarettenschmuggel u. a. Außerdem wurde mit Geldern in Millionenhöhe an westlichen Waren- und Termingeldbörsen spekuliert.

Geplant war auch die Gründung einer „deutsch-deutschen“ Bank in Zürich, die an die DDR Kredite von insgesamt vier Milliarden DM ausreichen sollte, wobei die DDR im Gegenzug das Reisealter für Westreisen ihrer Bürger um fünf Jahre senken sollte. Diese Planungen wurden als Zürcher Modell bezeichnet.[35]

Beschaffung von Embargo-Ware

Ein wesentlicher Geschäftsbereich, für den die erwirtschafteten Devisen wieder ausgegeben wurden, war die Beschaffung von Embargoware aus nichtsozialistischen Staaten und West-Berlin (CoCom-Liste), insbesondere Hochtechnologie für den Aufbau der DDR-Mikroelektronik-Industrie (siehe Kombinat Robotron), komplette EDV-Anlagen und Militärtechnologie; allein 1986 bis 1990 fanden Käufe für angeblich 900 Mio. DM statt.


Der seit den 1970er Jahren stetig ansteigende Lebensstandard in der DDR war nicht zuletzt durch Importe aus dem Westen ermöglicht worden. Die Kosten hierfür konnten nur zeitweise durch reguläre Exporte von laufenden Produktionsgütern erwirtschaftet werden. In der BRD fand der Ölpreisschock 1972 statt. Die DDR profitierte davon zunächst, der Führung erschien die Krise als „Geschenk des Himmels“.[23] Wegen der unterschiedlichen Verrechnungspreise (im fünfjährigen Mittel des Weltmarktpreises) im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) konnte sie Rohöllieferungen aus der UdSSR über die 1962 fertiggestellte Erdölleitung Freundschaft bis 1977 günstig beziehen und nach der Veredelung über den binnendeutschen Handel für den gesamten RGW wichtige Gewinne erzielen.[23] Der spätere Verfall der Ölpreise auf dem Weltmarkt traf dann später mit der RGW-internen Preiserhöhung und Anfang der 1980er Jahre gedrosselten Lieferungen zusammen, die vorher bedeutenden Gewinnmargen fielen weg. Die SED (vgl. entsprechende Beschlüsse des IX. Parteitages) bemühte sich bereits ab 1977 um Ansätze zum Aufbau eines Mikroelektronikclusters.[24] Das Kombinat Mikroelektronik Erfurt, der VEB Kombinat Robotron Dresden und das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena wurden zur industriellen Basis eines DDR-Hochtechnologieprogramms. Man wollte im RGW quasi zum Monopolanbieter werden und sich so von der Rohstoffabhängigkeit lösen. Die KoKo sagte in der Endphase der DDR noch zu, Investitionen in diesem Bereich in Höhe von 1,2 Milliarden Valutamark als Kredit zu finanzieren.[25] Ansätze zu verstärkten Rüstungslieferungen im Elektronikbereich scheiterten auch an der Politik von Gorbatschow.

Zentralbild-Stolp 6.9.1962 Erdölförderung der UdSSR. Die sowjetische Erdölindustrie hat mit einer Halbjahresbilanz 1962 von 89.3 Mio. t ihre Aufgaben zur raschen Steigerung der Produktion erfüllt. In diesem Jahr wird die Sowjetunion fast zehnmal mehr Öl als 1945 fördern. Das Entwicklungstempo ist so stürmisch, daß die ursprünglichen Ziele des Siebenjahrplanes erhöht werden konnten. Für das Jahr 1965 wird mit einer Jahresproduktion von 240 Mio. t gerechnet. Die Erfolge der sowjetischen Erdölindustrie kommen vielen Ländern des sozialistischen Lagers zugute, die keine oder nur geringe Erdölvorräte haben. Der Bau der Freundschaftsleitung nach Polen, der DDR, der CSSR und Ungarn macht schnelle Fortschritte.

Zeitgenössische Darstellung der Rohstofflieferungen der SU an die industriellen Abnehmer im RGW

Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-A0906-0008-001 / Stolp / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5432048

Die fehlende Akzeptanz des Sozialismus in der Bevölkerung der DDR, versuchte Honecker ab den 1970er Jahren durch sein Konsumprogramm (Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik) zu kompensieren. Dies überforderte jedoch die Leistungsfähigkeit der innovationsträgen Planwirtschaft der DDR und steigerte die Auslandsverschuldung der DDR bis hin zur drohenden internationalen Zahlungsunfähigkeit Anfang der 1980er Jahre. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung schien durch seinen zunehmenden Einfluss im Außenhandel und nicht zuletzt im innerdeutschen Handel Abhilfe zu schaffen. So erzielte KoKo mit teilweise illegalen Methoden beträchtliche Exporterlöse.

Die durch KoKo beschafften monetären Mittel wurden jedoch nicht in ausreichendem Maße für dringend notwendige Investitionen in der Industrie der DDR verwendet, sondern für Konsumausgaben etc. Dieser industrielle Substanzverlust wirkte sich nachteilig auf die Volkswirtschaft der DDR aus. Deshalb verlor die DDR weiterhin an Wettbewerbsfähigkeit auf westlichen Märkten. Damit wurde KoKo für die Regierenden immer unentbehrlicher und erhielt weiteren Einfluss im Export und somit auch im Handel mit der BRD. Diese Entwicklung bekam Eigendynamik, stabilisierte kurzfristig die den Sozialismus, förderte aber langfristig den Verfall der DDR-Industrie und trug so zum Ende der DDR bei.[26]

Unterstützung von DKP und SEW

Ein weiterer Ausgabenposten der KoKo war die finanzielle Unterstützung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW).[36]

Da die beiden deutschen Staaten aufgrund alliierter Vorbehalte auf dem Territorium des jeweils anderen Staates wirtschaftlich nicht aktiv sein durften, es aber andererseits ein wechselseitiges starkes Bedürfnis nach wirtschaftlichem Austausch und politischer Einflussnahme gab, wurden Handel und Transport z. T. über bundesdeutsche Unternehmen abgewickelt. Diese Unternehmen übernahmen unverzichtbare und von beiden Seiten wertgeschätzte Funktionen im Ost-West-Handel. Unter den gegebenen Bedingungen bedurfte es jedoch komplizierter Gesellschafterstrukturen u. a. auch mit Hilfe liechtensteinischer Stiftungen unter Betreuung und in Regie der KoKo. In Absprache mit der Abteilung Verkehr des ZK der SED waren als Geschäftsführer und Prokuristen solcher Unternehmen auch Mitglieder der DKP tätig, die treuhänderisch Anteile an ihnen hielten.[37] (Na da hatten sich ja einige über diesen Posten gefreut. P.R.) Im Ergebnis war es möglich, z. B. über Anzeigen solcher Unternehmen in Zeitungen und Zeitschriften der DKP (u. a. Unsere Zeit) Beiträge nicht nur zur Finanzierung dieser Medien, sondern der DKP als Partei zu leisten.

Diese Unterstützung war in Politik und Medien der BRD bekannt.

Dann und wann wurde etwas in dieser Richtung veröffentlicht. Die DKP z.B. konnte das erfolgreich dementieren. Wikipedia schreibt, dass laut BStU die Bevölkerung in der BRD darüber gut informiert gewesen wäre. Dem ist aber nicht so. Selbst die einfachen Mitglieder z.B. der DKP wussten nicht, dass die Partei von der DDR finanziert wurde. P.R.

Organisation

Geleitet wurde der Bereich seit der Gründung von Alexander Schalck-Golodkowski, einem langjährigen Mitarbeiter des Ministeriums für Außenhandel, seit 1975 Staatssekretär für Außenhandel. Sein Stellvertreter war zunächst Horst Roigk und dann lange Jahre Manfred Seidel, beide, genau wie Schalck-Golodkowski selbst, Offiziere im besonderen Einsatz (OibE) des MfS.

Die Zentrale des Bereiches KoKo bestand aus dem Bereich des Staatssekretärs, den Hauptabteilungen I, II und III sowie den selbstständigen Abteilungen Handelspolitik und Tourismus. Die Zentrale hatte ihren Sitz in der Wallstraße 17–22 in Berlin-Mitte. Der unauffällige Plattenbau wurde 2018 zugunsten eines Neubaus abgerissen.

Der Bereich des Staatssekretärs

Dieser Führungsbereich umfasste zehn Mitarbeiter und ihm waren stabsförmig die Abteilungen Sekretariat, Kaderabteilung, Sicherheit, Zoll und Beschaffung untergeordnet sowie weitere Funktionalorgane wie Kuriere, Finanzen, Sonderbeauftragter und Einkäufer.

Abteilung Kader/Staatliche Ordnung, Sicherheit und Geheimnisschutz

Diese Abteilung umfasste 10 Mitarbeiter und war gegliedert in die Sektoren Information und Dokumentation, Kader, Ordnung und Sicherheit sowie Zoll. Ihr untergeordnet waren ferner die VS-Hauptstelle und die Objektwache.[39]

Details siehe Wikipedia.

Konterrevolution und die Liquidation

Ein Sitzungsbeschluss des ZK der SED vom 24. Oktober 1989 unterstellte KoKo dem Generalsekretär des ZK der SED Egon Krenz.[27] Ab November 1989 wurde KoKo zunehmend infrage gestellt. Auch wenn sich Egon Krenz für die Fortexistenz von KoKo aussprach, plädierte er für unumgängliche Strukturveränderungen und personelle Konsequenzen. Am 6. Dezember 1989 erließen die Ministerin für Finanzen und Preise Uta Nickel und der Minister für Außenwirtschaft (Ministerium für Innerdeutschen Handel, Außenhandel und Materialversorgung) Gerhard Beil der Regierung Modrow eine „Gemeinsame Anweisung“, in der Karl-Heinz Gerstenberger mit sofortiger Wirkung als kommissarischer Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung eingesetzt wurde. Die Aufgabe des kommissarischen Leiters bestand in der Einordnung des Bereichs in die Volks- und Finanzwirtschaft der DDR.[28]

Konterrevolution 1989
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1989-1203-016 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5347657

Die Untersuchung unterlag der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (UKPV), die treuhänderische Verwaltung der Treuhandanstalt bzw. ihrer Nachfolgeorganisation, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Das KoKo-Geflecht schien bei der Auflösung der Abteilung im März 1990 undurchschaubar, nur wenige hatten Einblick in die geheimen KoKo-Geschäfte. Für DDR-Normalbürger war der Bereich bis zur Konterrevolution 1989 völlig unbekannt.

Die Treuhandanstalt privatisierte bzw. wickelte u. a. die folgenden Unternehmen der Koko und deren Beteiligungen ab:

Bekannt sind die langjährigen Rechtsstreitigkeiten um das Vermögen der Novum GmbH, wonach Rudolfine Steindling als Treuhänderin noch vor der endgültigen juristischen Klärung etwa 450 Millionen DM von den Novum-Konten abhob, deren weiterer Verbleib nie geklärt werden konnte.

Vom 6. Dezember 1989 bis 28. Februar 1990 wurden 95 von 171 KoKo-Mitarbeitern in andere volkswirtschaftliche Bereiche umgesetzt. Weil die Staatliche Finanzrevision der DDR kein Kontrollrecht für KoKo besaß, existierte kein hinreichender Belegnachweis und somit war eine Transparenz betriebswirtschaftlicher Daten nicht gegeben. Außerdem waren die einzelnen Arbeitsbereiche voneinander isoliert und weder für den Gesamtbereich noch für die einzelnen Hauptabteilungen und Abteilungen gab es Arbeitsordnungen, innerbetriebliche Weisungen mit eindeutigen Festlegungen zu Rechnungsführung und Statistik, Verantwortlichkeiten oder Befugnissen. Im Dienstgebäude fanden sich 19,970 Tonnen Gold, das seit Oktober 1988 gekauft worden war. In der Verwertungsmasse befanden sich darüber hinaus Einfamilienhäuser, Kraftfahrzeuge, Bargeld, Schmuck, hochwertige Konsum- und Kulturgüter, Waffen und Munition[29]

Ursprünglich sollte KoKo als Staatsorgan bis zum 31. März 1990 abgewickelt werden, was aus technischen, finanziellen und wirtschaftspolitischen Erwägungen heraus nicht realisiert werden konnte. So war die erst am 31. März 1990 eröffnete Liquidation der Firma Forgber bis Ende Mai 1991 noch nicht abgeschlossen, da die Eintreibung von Forderungen gegen westdeutsche Gesellschaften, welche die Zahlung von vereinbarten Provisionen nachträglich mit dem Hinweis auf bestehende Zwangsvertretung ablehnten, nicht erfolgreich war. Ähnliche Probleme gab es mit der IMES GmbH, deren Liquidation zwar am 30. April 1991 beendet war. Doch blieb eine offene Forderung gegenüber dem iranischen Verteidigungsministerium aus einem umfangreichen Panzerreparaturgeschäft von ca. 23 Millionen US-$ insofern bestehen. Diese wurde an das Bundesministerium für Finanzen abgetreten.

Der Gesamtbereich der Kommerziellen Koordinierung war Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages unter dem Vorsitz des CDU-Abgeordneten Friedrich Vogel. Über das Ergebnis der Untersuchungen gab es umfangreiche Berichte, vor allem: Beschlussempfehlung und Bericht Drucksache 12/7600 vom 27. Mai 1994 mit drei Anlagenbänden und einem Anhangband.[30]

 

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Alexander Schalk-Golodkowski

Alexander Schalck-Golodkowski (gebürtig Alexander Golodkowski; geboren am 3. Juli 1932 in Berlin-Treptow; gestorben am 21. Juni 2015 in Rottach-Egern[1]) war ein deutscher Politiker (SED), Oberst im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und Wirtschaftsfunktionär(in der DDR verwendete man nicht die heute gebräuchliche US-amerikanische Bezeichnung Manager. P.R.) der DDR. Er war Leiter des geheimen Bereichs für Kommerzielle Koordinierung im Ministerium für Außenhandel, der durch die Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) des MfS kontrolliert wurde. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung war zuständig für den (inoffiziellen) Handel mit dem kapitalistischen Ausland. Bekanntheit erlangte er im Nachhinein für die Aushandlung eines Kredits in Höhe von einer Milliarde DM, den ein westdeutsches Bankenkonsortium der DDR 1983 gewährte.[2] Schalck-Golodkowskis Verhandlungspartner auf westdeutscher Seite war der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU).[3]

Schalk-Golodkowski war ein Geschäftsmann vom Typ „windiger Hund“. Er musste so auftreten, um die Embargos umgehen, Geschäfte zum Wohle der DDR machen und Devisen heranzuschaffen. P.R.

Alexander Schalk-Golodkowski (1988)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1988-0317-312 / Brüggmann, Eva / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5424273

Alexander Golodkowskis Vater Peter Golodkowski war ein Staatenloser mit russischen Wurzeln, dessen Vater ein höherer russischer Finanzbeamter in Gomel gewesen war. Peter Golodkowski war Offizier der zaristischen Armee, bevor er vor den Bolschewiki floh. Später leitete er die russische Dolmetscherschule der Wehrmacht in Berlin-Moabit. Sein Sohn Alexander wurde im Jahr 1940 vom Ehepaar Schalck adoptiert.

Schalck-Golodkowski begann zunächst eine Bäckerlehre und absolvierte dann von 1948 bis 1950 eine Lehre als Feinmechaniker. 1951 trat er in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ein. Ab 1952 arbeitete Schalck-Golodkowski als Sachbearbeiter in einem Außenhandelsbetrieb; nach kurzer Zeit wechselte er in das Ministerium für Außenhandel und innerdeutschen Handel der DDR, wo er innerhalb eines Jahres zum Hauptreferenten des Referates Werkzeugmaschinen aufstieg. Nachdem er an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin sein Abitur abgelegt hatte, absolvierte Schalck-Golodkowski von 1954 bis 1957 ein Studium der Ökonomie an der Hochschule für Außenhandel in Staaken, das er als Diplomwirtschaftler abschloss[4]

Am 5. März 1953 stellte Schalck-Golodkowski den SED-Aufnahmeantrag und wurde nach der Kandidatenzeit 1955 als Mitglied aufgenommen. Bereits 1956, also noch vor Ende seines Studiums, wurde er Hauptverwaltungsleiter beim Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel. Diese Position hatte er bis 1962 inne. 1958 wurde er außerdem zum Vertreter des Außenhandels in der Ständigen Kommission für Bauwesen des Rats für Gegenseitige Wirtschaftshilfe ernannt. Von 1962 bis 1966 war er hauptamtlicher Erster Sekretär der SED-Kreisleitung im Ministerium für Außenhandel.

Ab 1966 war er für den neu gegründeten Bereich Kommerzielle Koordinierung (KoKo) zuständig, den er maßgeblich mit aufbaute. Dieser Bereich sollte mit verdeckten Geschäften zur Devisenerwirtschaftung die Zahlungsfähigkeit der DDR sichern.

Seine Karriere im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) begann 1967, als er zum Offizier im besonderen Einsatz (OibE) der Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) ernannt wurde. 1975 wurde Schalck-Golodkowski zum Oberst befördert. Ein weiterer Aufstieg zum General kam nicht in Frage, da dies zwangsweise seine Enttarnung als MfS-Offizier nach sich gezogen hätte; er erhielt zuletzt jedoch das Gehalt eines Generalleutnants.

1970 verteidigte er gemeinsam mit seinem Führungsoffizier, MfS-Oberst Heinz Volpert, an der zum Ministerium für Staatssicherheit gehörenden Juristischen Hochschule in Golm bei Potsdam seine Dissertation zum Thema „Vermeidung ökonomischer Verluste und Erwirtschaftung zusätzlicher Devisen“. Diese Arbeit war bis zum Ende der DDR geheim. „Doktorvater“ war neben zwei Doktoren des MfS der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke, der selbst weder Abitur hatte noch einen akademischen Grad besaß.[5][6][7] 

Von 1967 bis 1975 war Schalck-Golodkowski offiziell einer der stellvertretenden Minister für Außenhandel und im Anschluss daran bis 1989 Staatssekretär im Ministerium für Außenhandel. Beim Politbüro des ZK der SED war er seit 1976 Mitglied der Wirtschaftskommission, ab 1981 der Kommission zur Koordinierung der ökonomischen, kulturellen und wissenschaftlich-technischen Beziehungen der DDR zu Ländern Asiens, Afrikas und des arabischen Raums. 1981 nahm er an den Verhandlungen zwischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und dem Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker im Jagdhaus Hubertusstock am Werbellinsee teil. In der Folge führte er 1983 die erfolgreichen Verhandlungen mit dem bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß über einen westdeutschen Milliardenkredit für die DDR.

Seit 1986 war Schalck-Golodkowski Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der SED.

Als stellvertretender Minister, Staatssekretär, ZK-Mitglied und Leiter der Kommerziellen Koordinierung war Schalck-Golodkowski einer der wichtigsten Männer der DDR-Wirtschaft und Angehöriger der Nomenklatura. Durch seinen Zugriff auf Westwaren aller Art war er innerhalb der DDR-Führung eine gefragte und hofierte Persönlichkeit. 

ADN-ZB Mittelstädt Leipziger Frühjahrsmesse 1987 Begegnung im Gästehaus – von l.n.r.: Alexander Schalck-Golodkowski, Georg [Gerold] Tandler, Günter Mittag, Franz Josef Strauß, Theo Waigel und Erich Honecker.
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1990-0226-315 / Mittelstädt, Rainer / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5425218

Schalck-Golodkowski selbst wohnte in einem Einfamilienhaus in der Manetstraße im Villenviertel am Orankesee in Berlin-Hohenschönhausen unweit von anderen Domizilen hochrangiger Mitarbeiter des MfS, wie dem Reihenhaus von Mielkes Sohn und dem Gästehaus Mielkes. Er besaß ein Ferienhaus in der Schorfheide, dessen Bau genehmigt wurde, obwohl es inmitten eines Naturschutzgebietes lag, und dessen sanitäre Erschließung über 200.000 Mark (DDR) kostete. Beide Häuser wurden von Westfirmen gebaut und eingerichtet. Wie diese Gebäude heute genutzt werden, schreibt Wikipedia nicht. P.R.

Schalck-Golodkowski war zusammen mit Gerhard SchürerGerhard BeilErnst Höfner und Arno Donda einer der Autoren der „Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen“, einer Vorlage für die Sitzung des Politbüros der SED am 30. Oktober 1989. In diesem auch als „Schürer-Papier“ bekannt gewordenen Geheimbericht wurde die Überschuldung und wirtschaftliche Zerrüttung der DDR erstmals deutlich benannt. Allerdings ist später das Schürer-Papier widerlegt worden. P.R. Wenn man bedenkt, wie verschuldet die Staaten heute sind, dann müsste man ja viele Staaten auf dieser Welt auflösen. P.R.

Im Zuge der Konterrevolution und der Endphase der DDR wurde Schalck-Golodkowski wegen Pressemeldungen über kriminelle Machenschaften von KoKo-Firmen auf der letzten Sitzung des ZK der SED am 3. Dezember 1989 aus dem ZK und der SED ausgeschlossen. Er flüchtete daraufhin am 4. Dezember mit seiner Ehefrau Sigrid nach Westberlin, wo er sich den Behörden stellte und für circa sechs Wochen in Untersuchungshaft kam. Er gab an, dass er eine Abstempelung als Buhmann und die Beseitigung durch seine ehemaligen Genossen fürchte. Ein Auslieferungsantrag der DDR-Generalstaatsanwaltschaft wurde abgelehnt. Im Januar 1990 zog das Ehepaar Schalck-Golodkowski nach Rottach-Egern am Tegernsee. Dort betrieb er die Firma „Gusimex Handelsgesellschaft GmbH“, deren Unternehmensgegenstand als „Handel mit Waren aller Art“ angegeben wurde.[8] Die Gesellschaft wurde 2015 aufgelöst.[9]

Unter dem Decknamen „Schneewittchen“ machte er beim Bundesnachrichtendienst umfangreiche Aussagen über die kriminellen Wirtschaftsmethoden des Bereichs Kommerzielle Koordinierung und seine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit. Er erhielt vom BND Straffreiheit und bekam Papiere mit falschem Namen in Aussicht gestellt. Es wird gemutmaßt, dass Schalck-Golodkowski aufgrund dieser Ausweisdokumente in der Lage war, auf zuvor geschaffene Rücklagen in Form von Geheimkonten zuzugreifen. Bestätigt ist nur der Zugriff auf ein West-Berliner Bankschließfach mit unbekanntem Inhalt.

Bei der Auflösung seiner alten Wirkungsstätte Kommerzielle Koordinierung wurden weitere dubiose Einzelheiten seiner Tätigkeiten bekannt, die mehrere Ermittlungsverfahren zur Folge hatten. Unter anderem wurden Schalck-Golodkowski Straftaten gemäß Betäubungsmittelgesetz, Untreue, Betrug und Spionage vorgeworfen. 1991 wurde öffentliche Kritik an der Verzögerung der Ermittlungen gegen Schalck-Golodkowski laut, die in der Presse mit den aus DDR-Zeiten bestehenden Kontakten zwischen ihm und bedeutenden westdeutschen Politikern und Unternehmern in Zusammenhang gebracht wurde. Vermutungen, dass Schalck-Golodkowski von westdeutschen Behörden geschützt würde, widersprach der damalige Bundesjustizminister Klaus Kinkel energisch. Natürlich hat Klaus Kinkel diese Aussage getroffen. Es war Klaus Kinkel, der zur Delegitimierung der DDR aufgerufen hat. P.R.

Schalk-Golodkowski selbst beteuerte in einem Auftritt in der Fernsehsendung „Der heiße Stuhl“ auf RTL, „alles anständig und korrekt abgewickelt“ und „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt zu haben, „in der Absicht, der DDR und den Menschen zu dienen“.

Der Gesamtbereich der Kommerziellen Koordinierung, insbesondere die Aufgaben und Tätigkeiten von Schalck-Golodkowski, war Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages unter dem Vorsitz des CDU-Abgeordneten Friedrich Vogel. Über das Ergebnis der Untersuchungen gibt es umfangreiche Berichte, vor allem Beschlussempfehlung und Bericht Drucksache 12/7600 vom 27. Mai 1994 mit drei Anlagenbänden und einem Anhangband.[10]

Das Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde 1992, das Verfahren wegen Veruntreuung von Milliardenbeträgen der DDR-Regierung durch Überweisungen ins Ausland 1993 eingestellt. Zum Prozess kam es jedoch 1995 wegen des Vorwurfs der Abwicklung illegaler Waffengeschäfte. Als Ergebnis wurde Schalck-Golodkowski im Januar 1996 wegen Verstoßes gegen das als Bundesrecht weitergeltende Militärregierungsgesetz Nr. 53 zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Eine Revision gegen das Urteil wurde vom Bundesgerichtshof verworfen.[11] Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Im Juli 1996 kam es zu einer weiteren Anklageerhebung wegen Embargovergehen. 1998 wurde Schalck-Golodkowski wegen eines Krebsleidens für verhandlungsunfähig erklärt und brauchte zunächst nicht mehr vor Gericht zu erscheinen. Dennoch wurde er im Juli 1998 zu einer erneuten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt; wiederum wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Sein Verteidiger war der Berliner Anwalt und spätere SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, der auch andere MfS-Offiziere vertrat.

Im März 2003 erlitt Schalck-Golodkowski während eines Urlaubs einen Herzstillstand und musste sich einer Notoperation unterziehen. Nach langem Krebsleiden verstarb er am 21. Juni 2015 in seinem Haus am Tegernsee.[12] Er wurde auf dem Auferstehungsfriedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt.[13]

Grabstein für Alexander Schalk-Golodkowski auf dem Auferstehungsfriedhof in Berlin-Weißensee
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1990-0226-315 / Mittelstädt, Rainer / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5425218

Schalck-Golodkowski war zweimal verheiratet. Seine erste Frau Margareta (geb. Becker; * 23. August 1932) war gelernte Schneiderin. Nach der Heirat 1955 wurde 1956 ein Sohn geboren. Die gemeinsame Tochter kam 1964 zur Welt. Die Ehe wurde 1975 geschieden.

Kurz darauf folgte 1976 die Heirat mit seiner zweiten Frau Sigrid (geb. Gutmann; geboren am 28. Oktober 1940). Sie war die Tochter der ehemaligen Oberbürgermeisterin von Schwerin Johanna Blecha (geb. Kutzerra, geschiedene Gutmann). Ihr Stiefvater Kurt Blecha war Leiter des Presseamtes des DDR-Ministerrats. Beruflich war sie als Diplomfinanzwirtschaftlerin ebenfalls im Bereich KoKo als Leiterin der Arbeitsgruppe Spezialimporte, insbesondere Sonderversorgung Politbürosiedlung Wandlitz, tätig. Sie hatte den Rang eines Obersten des MfS (OibE).

Alexander Schalk-Golodkowski war eine Figur der „Entspannungspolitik“. Es gab keine klaren Fronten mehr. Aus ökonomischen Gründen diente man sich dem Erzfeind an. Ausgerechnet der größte Antikommunist Franz-Josef Strauß und andere konservative bayrischen Politiker wurden nun Handelspartner. Ob das wirklich in vollem Umfang notwendig war, mögen ehrliche Experten beantworten. Ich (P.R.) sehe das als die langsame Aufweichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung der DDR bis hin zur Beseitigung des ganzen Staates. P.R.

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Worauf fußt der Karlspreis ?

Der Karlspreis geht auf Karl den Großen zurück. Der Karlspreis soll an Leute gehen, die sich um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Doch in Wahrheit wird mit der Preisverleihung dem Zeitgeist Rechnung getragen.

Diese Ausgabe von DIE TROMMLER beschäftigt sich mit der Zeit Karls des Großen, dem  Fränkischen Staat (Frankenreich) und dem Gründer des Fränkischen Staates (Frankenreiches) Chlodwig I.

Mehr siehe Inhaltsverzeichnis.

Die Entstehung und Festigung des fränkischen Staates

Die Auflösung der Urgesellschaft bei den Franken

Die Franken in Gallien

Im Gebiet östlich des mittleren und unteren Rheins wohnten im 3. Und 4. Jahrhundert westgermanische Stämme, die Franken genannt wurden.

Fränkischer Krieger
Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch für die 6. Klasse, Stand 1982

Ständig waren sie bestrebt, neues Land für den Ackerbau zu gewinnen. Deshalb überfielen sie oft andere Völker. Der König eines fränkischen Stammes, Chlodwig, fiel mit seinen freien Kriegern in Gallien ein und besiegte im Jahre 486 den römischen Statthalter und sein Heer. Damit hatten die Franken die Reste der römischen Staatsmacht und zugleich die Sklavenhaltergesellschaft in Gallien beseitigt.

Das Frankenreich unter Chlodwig
Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982

Die Unterwerfung Galliens beschleunigte bei den Franken die Auflösung der Urgesellschaft. Jetzt nahmen sich die freien Bauern in Gallien Land. Sie siedelten sich nicht mehr in Sippengemeinschaften, in der die Verwandten beieinander wohnten, sondern in Dorfgemeinschaften an. Die Bauernkrieger erhielten Land zugeteilt. Sie bearbeiteten es selbstständig mit ihrer Familie. Allmählich wurde dieses Land zum Privateigentum des einzelnen fränkischen Bauern:

Er durfte es verkaufen, verschenken oder vererben. Nur Weide, Wald, Gewässer, auch Allmende genannt, blieben Gemeineigentum der Dorfbewohner. Während der langen Kriege hatten die fränkischen Stammesführer und Könige alle Entscheidungen ohne das Thing getroffen.

Die Stammesführer stärkten ihre Stellung weiter, indem sie sich große Teile des eroberten Landes als Eigentum nahmen. Sie bildeten Gefolgschaften (wie früher die Germanenstämme). Den Gefolgsleuten teilten sie Land zu. Die Stammesführer und die Gefolgsleute, die mehr Land als die freien Bauern und mehr Rechte besaßen, bildeten am Ende des 5. Jahrhunderts die adlige Oberschicht, kurz Adlige genannt. (Sie betrachteten sich als etwas Besseres: als edel oder adlig).

Die Gründung des fränkischen Staates

Der einflussreichste König war am Ende des 05. Jahrhunderts Chlodwig. Er stammte aus der Familie der Merowinger. Zu seinem hohen Ansehen hatten vor allem seine Siege über den römischen Statthalter in Gallien beigetragen. Chlodwig gelang es, die Führer der übrigen fränkischen Stämme zu beseitigen und selbst König aller Franken zu werden.

Chlodwig. Statue vom Grabmal.
Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982

Nachdem die Franken in Gallien den römischen Sklavenhalterstaat vernichtet hatten, brauchten die zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft einen eigenen Staat. Der fränkische Staat entstand um 500 unter Chlodwig. Der Staat der Franken hatte die Aufgabe, das eroberte Land zu sichern, die dort lebende Bevölkerung (vor allem die Kolonen und Unfreien) zu beherrschen, neue Eroberungen vorzunehmen und die freien fränkischen Bauern in die Abhängigkeit zu zwingen.

Die Franken übernahmen in Gallien das römische Gerichtswesen und die staatliche Münzprägung des römischen Sklavenhalterstaates. König Chlodwig stärkte seine Macht durch die Aneignung riesigen Grundbesitzes. Er stattete Angehörige seiner Gefolgschaft reich mit Land aus und ernannte sie – ebenso wie eine Reihe ehemaliger römischer Großgrundbesitzer- zu königlichen Beauftragten, zu Grafen. Sie erhielten verschiedene Gebiete des fränkischen Reiches zur Verwaltung: man nannte sie Grafschaften. Der fränkische Staat wurde zu einem Machtorgan des Adels. Nachdem nahezu ganz Gallien erobert war, wurden Feldzüge in Richtung Osten unternommen. Chlodwigs Söhne setzten die Eroberungen fort. Der fränkische Staat sehnte sich bald über weite Gebiete West- und Mitteleuropas aus. Friedrich Engels wertete den Staat als „eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch die andre“.

Merowingische Goldmünze, 6. Jh. (vergrößert)
Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982

Als die Franken unter Chlodwig Gallien überfielen, trafen sie auf die schon geschwächte römische Sklavenhaltergesellschaft. Da sie das eroberte Land beherrschen wollten, mussten sie einen neuen Staat aufbauen. Chlodwig nachte sich zum König der Franken und setzte Adlige als Grafen ein. Dadurch löste sich bei den Franken die Urgesellschaft schneller auf. Die freien Franken und Gallier wurden unterdrückt.

Die Festigung des fränkischen Staates

Die herrschende und die unterdrückte Klasse bei den Franken

Die Eroberung Galliens hatte für die Entwicklung der Ungleichheit bei den Franken und für die Festigung des fränkischen Staates weitreichende Folgen. Es bildete sich eine neue herrschende Klasse heraus, die sich allmählich zur Klasse der Feudalherren entwickelte. Ihre Macht beruhte auf gewaltigem Landbesitz, dem wichtigsten Produktionsmittel. Zur sich herausbildenden herrschenden Klasse gehörten:

Der König mit dem größten Landbesitz.

-Fränkische Stammesführer, die sich das Land der geflohenen römischen Großgrundbesitzer aneigneten.

-Ehemalige römische Großgrundbesitzer, die dem fränkischen Adel ihre Dienste anboten und zur Zusammenarbeit mit ihm bereit waren. Sie zeigten den Franken, wie man Bauern ausbeutet.

-Der Dienstadel des Königs. ER wurde aus Gefolgsleuten des Königs gebildet. Es waren Grafen (die Grafschaften verwalteten), Heerführer (die neues Land eroberten und sicherten) und Gutsverwalter (der König konnte sein Land nicht allein verwalten). Sie leisteten also dem König Dienste.

Zugleich entstand allmählich die neue unterdrückte Klasse. Das waren diejenigen, die wenig oder kein Land besaßen. Dazu gehörten:

-Die freien Bauern, die zunächst noch unabhängig waren. Da sie ihr Land verkaufen konnten, gab es in der fränkischen Dorfgenossenschaft bald reichere und ärmere Bauern. Viele freie Bauern, die lange Zeit zum Heeresdienst eingezogen wurden und ihr Land nicht mehr bestellen konnten, verarmten ebenfalls, verkauften ihr Land oder borgten sich Saatgut von den Adligen. Dadurch wurden sie abhängig.

-Halbfreie, die ein winziges Stück Land besaßen, aber meist auf den Feldern der Adligen arbeiten mussten.

-Unfreie, die kein Land besaßen und auf den Gütern und Feldern für den Adel arbeiteten.

So bestand im fränkischen Staat ein Gegensatz zwischen dem Adel, der großen Grundbesitz hatte, und den Bauern sowie den Halb- und Unfreien. Die Macht der herrschenden Klasse nahm zu, die Gleichheit aller Freien in der Dorfgemeinschaft wurde schließlich endgültig beseitigt.

Chlodwigs Übertritt zum Christentum

Ein weiteres Ereignis, das zur Festigung des fränkischen Staates beitrug, war die Übernahme der christlichen Religion durch König Chlodwig. Er soll während eines Feldzuges gegen die Alamannen zusammen mit 3 000 seiner Krieger zum Christentum übergetreten sein. Was veranlasste ihn, diesen Schritt zu tun?

Die Bewohner Galliens waren Christen. Chlodwig hoffte, wie früher die römischen Kaiser, sie leichter in Gehorsam zu halten, wenn er auch Christ wurde. Die römischen Großgrundbesitzer, die nicht vor den Franken flohen, waren ebenfalls Christen. Mit seinem Übertritt zum Christentum konnten Chlodwig und der fränkische Adel sie leichter als Verbündete gewinnen. Die Kirche war – wie bereits im Römischen Reich- einer der größten Landeigentümer. Der König bekannte sich zur Kirche und verbündete sich mit ihr. Er schenkte ihr Land und vermehrte somit ihren Reichtum. Die christliche Kirche beeinflusste die Bevölkerung, die dem Beispiel des Königs sehr bald folgte und zum Christentum übertrat.

In der Bibel („Neues Testament“) steht:                                                                                            „Ermahnung zum Gehorsam gegen die Obrigkeit….                                                                             Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebet Gottes Ordnung…                                                                                                                           So gebet nun jedermann, was ihr schuldig seid:                                                                                             …Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.“

Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982

Chlodwigs Übertritt zur Kirche festigte seine Macht und förderte die Entwicklung zur Klassengesellschaft im fränkischen Reich. Die christliche Kirche wurde – wie vorher im römischen Sklavenhalterstaat – zur Stütze des feudalen Staates.

Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982

Chlodwig festigte den fränkischen Staat, der um 500 entstanden war. Zu der sich herausbildenden herrschenden Klasse gehörten der König, fränkische Stammesführer, ehemalige römische Großgrundbesitzer und der Dienstadel. Sie besaß das wichtigste Produktionsmittel, den Grund und Boden. Zugleich begann die Herausbildung der unterdrückten Klasse.

Der Eintritt Chlodwigs und des fränkischen Adels in die christliche Kirche trug zur weiteren Festigung des Staates bei. Die Kirche heiligte den fränkischen Staat wie zuvor den römischen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 6. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Chlodwig I.

Chlodwig I. (auch Chlodowech, nach lateinisch Chlodovechus, romanisiert aus altfränkisch *Hlūdawīg oder *Hlōdowig, französisch und englisch Clovis; * 466; † 27. November 511 bei Paris) war ein fränkischer König bzw. rex aus der Dynastie der Merowinger.

Chlodwig war ein Sohn des fränkischen Childerich I. und dessen thüringischer Gemahlin Basena (Basina).

Chlodwig folgte seinem Vater wahrscheinlich 481/82 als „Kleinkönig“ des Kriegerverbandes der Salfranken nach. Damals gab es noch andere fränkische regna(Herrschaftsgebiete) in diesem Raum, etwa in Cambrai und bei Köln. Chlodwig kontrollierte zu dieser Zeit ungefähr den Raum der (ehemaligen) weströmischenProvinz Belgica secunda in den heutigen südlichen Niederlanden und dem nördlichen Belgien (Toxandrien um die Provinzhauptstadt Tournai). 

Gallien kurz vor Chlodwigs Königserhebung; sein Machtbereich umfasste anfangs nur einen Teil der fränkischen Gebiete.(481)
Bildquelle: Von Map Gaul divisions 481-fr.svg: Romain0derivative work: Furfur (talk) – Map Gaul divisions 481-fr.svg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11397282
Chlodwigs Eroberungen bis zum Jahr 511(abgebildet sind auch die salfränkischen Gebiete im Jahr 481 und die Provinz Belgica II)
Bildquelle: Von Altaileopard – Eigenes Werk – basiert auf File:Europe relief laea location map.jpg, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22911451

In der Schlacht von Zülpich im Jahre 496 besiegte Chlodwig die Alamannen zum ersten Mal, 506 zum zweiten und entscheidenden Mal. Daneben vereinte er die Franken und Gallorömer schrittweise unter seiner Herrschaft. 

Nach dem Sieg in der Schlacht von Zülpich konvertierte Chlodwig zum römisch(-katholisch)en Christentum. Zu Weihnachten wurde er von Bischof Remigius in Reims getauft. Das Jahr der Taufe ist bis heute in der Forschung umstritten, da die Quellenaussagen nicht genau sind; am wahrscheinlichsten sind die Jahre 497, 498 oder 499, aber auch 507 wurde in Betracht gezogen.

Die Taufe Chlodwigs, Miniatur aus der Vie de saint Denis (um 1250; Bibliothèque nationale de France)
Bildquelle: Von Ursprung unbekannt, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=722829

Auch innenpolitische Erwägungen sprachen für den Übertritt, da damit Spannungen zwischen der christlich-romanischen Mehrheitsbevölkerung und den bis dahin heidnischen Franken verringert wurden. Große Bedeutung hatte die Taufe Chlodwigs auch für die weitere Geschichte Europas, da das Fränkische Reich, aus dem Jahrhunderte später Frankreich und Deutschland hervorgehen sollten, mit seinem Übertritt christianisiert wurde. Anders als in der römischen Antike, wo die Taufe die Zuwendung eines Einzelnen zum Christentum bedeutete, fanden im germanischen Bereich sowie später im Frühmittelalter Taufen oft im Stammesverband, also kollektiv statt.

Darstellung der Taufe Chlodwigs in einer französischen Buchmalerei; eine Taube bringt die heilige Ampulle (Grandes Chroniques de France, entstanden 1375-1379; Biblothèque Nationale France, Département des Manuscrits, Francais 2813, fo. 12v).
Bildquelle: Von Original uploader was Jose Antonio at it.wikipedia – Transferred from it.wikipedia(Original text : miniatura del XV° secolo), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10379693

Folgenreich war auch Chlodwigs Entscheidung, das Christentum in der vom römischen Bischof vertretenen „katholischen“ Lehre anzunehmen: Anders als die Könige der allermeisten anderen germanischen Nachfolgereiche auf dem Boden des früheren Weströmischen Reiches, insbesondere der West- und Ostgoten, aber auch der Burgunder und Vandalen, die den christlichen Glauben in der Form des Arianismus angenommen hatten, bekannte sich Chlodwig zur Reichskirche des Römischen Reichs, das heißt zum athanasischen Glauben der römischen Kirche, die den Glauben der Arianer in den Jahren 325 und 381 verworfen hatte. Dies war von entscheidender Bedeutung, da im Merowingerreich fortan auch keine konfessionelle Barriere zwischen den neugetauften Franken und der gallorömischen Bevölkerungsmehrheit bestand, was mittelfristig eine Vermischung von Franken und Romanen ermöglichte. Und als 519 das erste Schisma zwischen Konstantinopel und Rom beigelegt wurde, befanden sich Chlodwigs Erben zudem in Kommunion mit dem oströmischen Kaiser, was erhebliche außenpolitische Vorteile mit sich brachte. Kirchengeschichtlich war dies, rückblickend betrachtet, der Anfang vom Ende des Arianismus im Westen. Die arianischen Westgotenkönige konvertierten gegen Ende des 6. Jahrhunderts zum römischen Christentum, nachdem die Reiche der arianischen Vandalen und Ostgoten um die Mitte des Jahrhunderts im Kampf gegen den oströmischen Kaiser Justinian untergegangen waren und die Franken das Burgunderreich erobert hatten.

Chlodwig starb 511 und wurde im sacrarium der Apostelkirche in Paris, der späteren Kirche Sainte-Geneviève, begraben. Nach seinem Tod teilten seine vier Söhne, wie er es verfügt hatte, die Herrschaft untereinander auf, ohne damit allerdings formal unabhängige Reiche zu gründen. 

Die Aufteilung des Frankenreiches nach Chlodwigs Tod
Bildquelle: Von Map Gaul divisions 511-fr.svg: Romain0derivative work: Furfur (talk) – Map Gaul divisions 511-fr.svg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11399467

Chlodwig war der Gründer des Frankenreiches. Seine Dynastie, die Merowinger verloren die Macht und den Einfluss. Die Dynastie der Karolinger gelangte nun zu Macht und Einfluss.  Aus dieser ging Karl der Große hervor, den man als den eigentlichen Nachfolger Chlodwigs sehen kann. (siehe Videobeiträge)

Entnommen Wikipedia, bearbeitet und gekürzt von Petra Reichel