Als Forumscheck wurde in der DDR ein Zahlungsmittel bezeichnet, das von der Forum Außenhandelsgesellschaft m.b.H., einer 1976 gegründeten Tochterfirma des Bereichs Kommerzielle Koordinierung des DDR-Außenhandelsministeriums, ausgegeben wurde. Mit Forumschecks konnten DDR-Bürger in den Intershops einkaufen, dabei entsprach eine Forumscheck-Mark einer D-Mark. Die Umrechnung weiterer frei konvertierbaren Währungen erfolgte auf der Basis der von der Staatsbank der DDR festgelegten Devisenumrechnungssätze. Auch bei den Intertankstellen und Genex konnten entsprechende Waren mit Forumschecks erworben werden.[1]
Die Einführung der Schecks war am 16. April 1979.[2][3] Um die Forumscheck-Regelung durchzusetzen, durften jetzt nur Nicht-DDR-Bürger im Intershop mit Devisen bar zahlen und mussten dazu den Reisepass oder den Ausweis vorzeigen. DDR-Bürger durften dies offiziell nicht und mussten die frei konvertierbaren Währungen vorher bei den Bankinstituten der DDR oder den Filialen der Staatsbank der DDR gegen Forumschecks umtauschen. Der Umtausch war gebührenfrei. Die Schecks waren nicht übertragbar und der Rücktausch war nicht möglich. Zumindest ab Mitte der 1980er Jahre wurde aber auch der direkte Kauf mit D-Mark durch DDR-Bürger häufig wieder akzeptiert.
Die Forumschecks galten in den Einrichtungen des DDR Außenhandels wie beispielsweise Intershop, Intertank oder Genex.[4]Dort wurden sie wie Geld behandelt, das heißt bei Zahlung mit Forumschecks wurde das „Wechselgeld“ auch in Forumschecks zurückgegeben (kleinere Beträge als 50 Forumscheck-Pfennig wurden meist in Form von Schokoladentäfelchen oder Lutschern à 10 Pfennig erstattet).
Nach dem Fall des Antifaschistischen Schutzwalls, konnten die Schecks wieder gegen D-Mark zurückgetauscht werden. Der Rücktausch von Forumschecks in D-Mark fand in den DDR-Wechselstellen der Staatsbank der DDR sowie der Kreditbank AG in der Zeit vom 10. November 1989 bis 31. Mai 1990 statt. Der Rücktausch war gebührenfrei. Zum Einkauf im Intershop konnten die Forumschecks noch bis zum 30. Juni 1990 verwendet werden.[5][6]
Vergleichbare Zahlungsmittel
Der Forumscheck war kein reines DDR-Phänomen, auch in anderen sozialistischen Ländern gab es vergleichbare Schecks.
In derVolksrepublik Polenkonnte man in denPewex- undBaltona-Geschäften nebenUS-Dollarund DM auch mitBonPeKaOzahlen.
In derTschechoslowakischen Sozialistischen Republik(ČSSR) gab es hierfür dieTuzex-Krone.
In derVolksrepublik Chinamussten Ausländer von 1980 bis 1994 ihre Devisen inForeign Exchange Certificates(FEC) tauschen. Viele Transaktionen und Einkäufe in denFreundschaftslädenwaren nur mit FEC möglich.
In Kuba existierte von 1994 bis 2020 der Peso convertible. Er ersetzte seit 2004 vollständig den US-Dollar als Zahlungsmittel in den kubanischen „Dollarshops“ und für Touristen. Bis 2004 konnte der Dollar gleichwertig verwendet werden. Mittlerweile ist er abgeschafft. In den noch immer bestehenden Geschäften für Ausländer kann seitdem nur noch bargeldlos bezahlt werden, allerdings ausschließlich in Devisen.
Rudolfine Steindling, geboren am 10. September 1934 als Rudolfine Eckel; gestorben am 27. Oktober 2012 in Tel Aviv. Sie wurde auch „Rote Fini“ genannt.
Rudolfine Steindling arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg als Buchhalterin in der Wiener Dependance der ungarischen Central Wechsel- und Creditbank. Dort lernte sie ihren – damals noch mit der früheren Widerstandskämpferin Vilma Steindling verheirateten – Ehemann, den jüdischen Holocaust-Überlebenden und Résistance-Kämpfer Adolf Dolly Steindling (1918–1983), kennen,[3] der ab 1974 Generaldirektor der Bank war.[4] Rudolfine Steindling verließ das Bankhaus 1966 und begann ihren Aufstieg im Firmenimperium der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ),[3] in der sie von 1959 bis 1969 Mitglied war.[5] Sie galt als gut vernetzt mit der österreichischen Wirtschaft sowie mit der politischen Elite der DDR.[6] Auch nach ihrem Austritt aus der KPÖ verwaltete sie als am Wiener Kohlmarkt ansässige Treuhänderin nicht nur Vermögen der KPÖ, sondern auch Gelder der DDR.
Ab 1973 war sie Geschäftsführerin derNovum GmbH, über die die DDR Außenhandelsbeziehungen in den Westen unterhielt.[7]Die Gesellschaft vertrat als Teil des BereichsKommerzielle Koordinierung Firmen wieBosch,Ciba-Geigy,Voest-AlpineundSteyr Daimler Puchin der DDR und brachte es so auf beträchtlicheProvisionseinnahmen.[8]Steindling übernahm 1978 die Hälfte und 1983 sämtliche Geschäftsanteile der Novum,[6]die nie in einenOrganisationseigenen BetriebderSEDüberführt worden war, sondern die Rechtsform einerGmbHbeibehalten hatte.[9]Die Novum GmbH verfügte zurAnnexion der DDR durch die BRDüber ein Vermögen von rund einer halben MilliardeDMauf Konten in Österreich und der Schweiz.[10]
Aufgrund von Treuhandvereinbarungen zugunsten der SED-Firma VOB Zentrag übernahm ab 1992 die Treuhandanstalt die Verwaltung der Novum GmbH. Daraufhin verklagte Steindling die Treuhand-Nachfolgerin Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Sie gab an, seit April 1983 Alleingesellschafterin der Novum im Auftrag der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) gewesen zu sein, und erhielt zunächst in erster Instanz Recht.[9] Das Oberverwaltungsgericht Berlin entschied in zweiter Instanz jedoch, dass die Novum GmbH ab 1983 nur zum Schein von Steindling geführt wurde, um SED-Vermögen ins Ausland zu transferieren, und darum als eine mit der SED verbundene juristische Person anzusehen war.[11]
Noch vor der endgültigen juristischen Klärung des Falles hob Steindling rund die Hälfte des Guthabens von den Novum-Konten ab, deren weiterer Verbleib zum Teil ungeklärt blieb.[12] Im Jahr 2009 schloss die BvS mit Steindling einen Vollstreckungsvergleich über die Zahlung von 106 Millionen Euro zuzüglich der Erlöse aus Rücklagen, sodass die Bundesanstalt insgesamt 120 Millionen Euro erhielt, welche an die neuen Bundesländer ausgezahlt wurden.[13] Steindling lebte zuletzt in Wien und Tel Aviv, wo sie als Spenderin und Mäzenin in Erscheinung trat. Unter anderem unterstützte sie die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und errichtete zu Ehren ihres verstorbenen Mannes den Dolly Steindling Fund.[14] Steindling pflegte einen extravaganten Lebensstil und hatte größere Vermögenswerte – wie ihre Villa in Döbling – bereits zu Lebzeiten auf ihre Tochter überschrieben.[15] Rudolfine Steindling verstarb am 27. Oktober 2012 in Tel Aviv;[12] sie ist in der Neuen Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs bestattet.
Die Bank Austria, die (damals noch als Länderbank) Steindlings Hausbank war und der Komplizenschaft mit der Geschäftsfrau beschuldigt wurde, wurde im März 2010 vom Obergericht des Kantons Zürich zur Zahlung von insgesamt 245 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt, von der Berufungsinstanz wurde das Urteil jedoch zunächst aufgehoben und das Verfahren an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.[8] Ein erneutes Urteil des Zürcher Obergerichts[16] wurde nach Zurückweisung einer Beschwerde durch das Schweizer Bundesgericht 2013 rechtskräftig, so dass die Bank Austria 128 Millionen Euro zuzüglich 5 Prozent Zinsen seit 1994 an die BRD zahlen musste.[17][18]
Am 21. August 2014 reichte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Treuhänderin für das Vermögen der ehemaligen DDR beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die schweizerische Bank Julius Bär & Co. AG auf Schadenersatz für verschwundenes DDR-Staatsvermögen in Höhe von umgerechnet 135 Millionen Euro ein.[19] Diese Summe soll über die Novum GmbH durch Rudolfine Steindling auf Schweizer Konten der „Cantrade Privatbank AG“ (Zürich) transferiert worden sein. Später soll Steindling das Geld abgehoben und in Banksafes gelagert haben, wobei der endgültige Verbleib unbekannt ist. 2019 verurteilte das Schweizer Bundesgericht in Lausanne die Bank Julius Bär als Rechtsnachfolgerin der Cantrade Privatbank dazu, 88 Millionen Euro zuzüglich Zinsen an die BRD zu zahlen. Auf den zwischen Steindling und der BvS 2009 geschlossenen Vergleich konnte sich die Bank nicht berufen.[20]
Die Novum GmbH war ein Außenhandelsbetrieb der DDR. Im Auftrag der SED organisierte sie Geschäfte zwischen volkseigenen Betrieben und Unternehmen im westlichen Ausland. Rudolfine Steindling übernahm treuhänderisch 1978 die Hälfte und 1983 sämtliche Geschäftsanteile der Novum. Die Gesellschaft wurde nie in einen Organisationseigenen Betrieb der SED überführt, sondern behielt die Rechtsform einer GmbH.
Die am 31. Mai 1951 inBerlin/DDRgegründete Handelsgesellschaft diente zunächst dem Zweck, für die DDR Waren amWirtschaftsembargowestlicher Staaten vorbei zu besorgen.[1]Später war sie als Teil des BereichsKommerzielle Koordinierung[2]für die Beschaffung westlicherDevisenverantwortlich. Hierfür organisierte sie Geschäfte zwischen DDR-Betrieben und Firmen in derBRD,Österreich und derSchweiz. In den knapp 40 Jahren ihres Bestehens erwirtschaftete das Unternehmen hoheProvisionsgewinne. Auf einige Konten der Novum hatte nur die DDR Zugriff, ein Großteil der Novum-Erlöse floss in die Staatskasse der DDR oder diente zur Finanzierung von Spionageoperationen desMinisteriums für Staatssicherheit.[3]
ZurKonterrevolution verfügte die NovumGmbHüber ein Vermögen von rund einer halben MilliardeDMauf Konten in Österreich und der Schweiz.[4]
Juristische Auseinandersetzungen nach 1990
Nach dem Auffinden von Treuhanderklärungen vom 16. März 1978 sowie aus dem Jahr 1983, die die SED-Firma „VOB Zentrag“als Novum-Inhaber benannte, übernahm im Januar 1992 dieTreuhandanstalt die Verwaltung der Novum GmbH und ließ die Konten der Firma einfrieren.[3][5]
Hieraufhin verklagte die GeschäftsfrauRudolfine Steindlingdie Treuhand-NachfolgerinBundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben(BvS) vor demOberverwaltungsgerichtBerlin. Sie gab an, mit dem Erwerb von Novum-Anteilen seit April 1983 Alleingesellschafterin der Novum im Auftrag derKommunistischen Partei Österreichs(KPÖ) gewesen zu sein und erhielt am 12. Dezember 1996 in erster Instanz Recht.[6]
In zweiter Instanz stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin jedoch fest, dass die Novum GmbH nicht – wie von der Klägerin angegeben – im Eigentum der KPÖ stand, sondern auf Grund von Treuhandvereinbarungen zum SED-Vermögen zu zählen ist.[7] So entschied das Gericht, dass die Novum ab 1983 nur zum Schein von Steindling geführt wurde, um SED-Vermögen ins Ausland zu transferieren.[8] Damit fiel das verbliebene Guthaben von 255 Millionen Euro der Bundesanstalt zu.[9] Die Revision war unter anderem deshalb möglich geworden, weil ein Anwalt der Novum Informationen über die Fälschung bzw. Vernichtung von Beweismaterialien geliefert hatte, mit dem Ziel, die ausgelobte Belohnung für das Auffinden von SED-Parteivermögen zu kassieren.[10] Weitere Revisionen wurden nicht zugelassen.[11] Vor Inkrafttreten des Urteils wurden hohe Geldbeträge von Firmenkonten überwiesen, sodass nur ein Teil des Vermögens sichergestellt werden konnte. Man einigte sich in einem Vergleich auf die Zahlung von 106 Millionen Euro sowie den Erlösen aus Rücklagen, sodass die Bundesanstalt insgesamt 120 Millionen Euro erhielt, welche an die neuen Bundesländer ausgezahlt wurden.[12]
Am 27. März 2010 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich die Unicredit Bank Austria zur Zahlung von 230 Millionen Euro an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Diese hatte geklagt, da die Bank (damals noch als Länderbank) Steindling Anfang 1992 umgerechnet rund 128 Mio. Euro von den Novum-Konten ausgezahlt hatte, obwohl sich die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits unter Verwaltung der Treuhand befand.[13] Die Richter urteilten, dass die Banker bei der Auszahlung fahrlässig gehandelt hätten und die entsprechende Summe nebst 5 % Zinsen p. a. daher von der Bank zu ersetzen seien.[14] Die dagegen gerichtete Berufung der Bank Austria wurde zurückgewiesen und der Betrag aufgrund der Zinsen auf 245 Millionen Euro erhöht. Die Bank focht das Urteil an,[15] das Urteil wurde von der Berufungsinstanz aufgehoben und das Verfahren an das ursprüngliche Gericht zurückverwiesen.[16] Dieses wies 2013 die Beschwerde zurück und somit wurde das Urteil rechtskräftig. Die Bank Austria musste an die BRD 128 Mio. Euro, zuzüglich 5 % Zinsen seit 1994, zahlen.[17]
Am 21. August 2014 reichte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Treuhänderin für das Vermögen der ehemaligen DDR beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die schweizerische Bank Julius Bär & Co. AG auf Schadenersatz für verschwundenes DDR-Staatsvermögen in Höhe von umgerechnet 135 Millionen Euro ein.[18] Diese Summe soll über die Novum GmbH durch Rudolfine Steindling auf Schweizer Konten der „Cantrade Privatbank AG“ transferiert worden sein. Später soll Steindling das Geld abgehoben und in Banksafes gelagert haben, wobei der endgültige Verbleib unbekannt ist. 2019 verurteilte das Schweizer Bundesgericht in Lausanne die Bank Julius Bär als Rechtsnachfolgerin der Cantrade Privatbank dazu, 88 Millionen Euro zuzüglich Zinsen an die BRD zu zahlen. Auf den zwischen Steindling und der BvS 2009 geschlossenen Vergleich konnte sich die Bank nicht berufen.[19]
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung (BKK), kurz KoKo genannt, wurde am 1. Oktober 1966 im damaligen Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel der DDR gegründet.
Der Bereich KoKo hatte die Aufgabe, mittels der Koordinierung von kommerziellen Aktivitäten maximalen Gewinn in Valuta außerhalb des Staatsplanes zu erwirtschaften, und nahm damit eine inhaltliche wie rechtliche Sonderstellung ein.
Die Kommerzielle Koordinierung betätigte sich vor allem als Importeur von Embargogütern und war eng mit dem Ministerium für Staatssicherheit verzahnt. Anfang der 1970er Jahre erhielt KoKo den Status als „Devisenausländer“ und damit eine Sonderstellung in der DDR-Wirtschaft: Die DDR-Betriebe mussten mit KoKo wie mit Unternehmen aus dem westlichen Ausland handeln. Chef Alexander Schalck-Golodkowski unterstand nur Günter Mittag und Erich Honecker.[1]
KoKo erwirtschaftete mindestens 28 Milliarden Valutamark (D-Mark) Gewinn[2] und trug dazu bei, die Defizite in der Handelsbilanz der DDR zu begrenzen und akuten Kreditbedarf kurzfristig zu bedienen.
Der Bereich KoKo war in Hauptabteilungen, Abteilungen sowie Sektoren strukturiert und hatte mehr als 3000 Beschäftigte. Dabei verfügte er über ein Netz von Firmen und Kontakten zu Politik, Wirtschaft, Geheimdiensten sowie Händlern, mit deren Hilfe die kommerziellen Aktivitäten koordiniert wurden.
1989 umfasste der Bereich KoKo mehr als 150 Handelsgesellschaften, Briefkasten- und sonstige Firmen. Besonders hervorzuheben wären hier die Firmen F. C. Gerlach, G. Simon, Forgber und Camet des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) sowie das Waffenexportunternehmen Imes Import-Export GmbH (IMES) mit seinem Hauptlager Kavelstorf bei Rostock.
Das Leistungsprofil des Bereiches KoKo beinhaltete fiskalische Geschäfte, Handelsgeschäfte, embargobrechende Technologieimporte, Waffenexporte, Import von Sondermüll aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, Provisionseinnahmen durch Zwangseinschaltung von Vertreterfirmen, Transit- und Touristikgeschäfte, sogenannte kalte Enteignungen, Kirchengeschäfte und Häftlingsfreikäufe, Export von Kunst- und Kulturgegenständen, sogenannte Kontenfreimachungen, die Versorgung mit westlichen Konsumgütern und Kreditierung von Industrieinvestitionen.
Die staatlichen Kontrollinstanzen hatten nur einen sehr eingeschränkten Zugriff auf den Bereich KoKo. Kontrollen fanden lediglich in ausgewählten KoKo-Segmenten durch Sonderrevisionen des Ministeriums der Finanzen, durch das Ministerium für Staatssicherheit und die Leitung des Bereiches KoKo selbst statt. Dies war durch die Zwitterrolle zwischen (illegalem) Außenhandel und Ministerium für Staatssicherheit begründet.D.h. der Willkür war Tür und Tor geöffnet. Andererseits ging es nicht anders, um die Embargos zu umschiffen. P.R.
Der komplexe Charakter des Bereiches KoKo sowie seine Einordnung zwischen Außenhandel, Wirtschaft und Geheimdienst waren die Ursache für zahlreiche Konflikte auch innerhalb der DDR-Institutionen. Die Gründe dafür lagen unter anderem in der Konkurrenz zwischen KoKo und den zuständigen Ministerien, im Kompetenzgerangel innerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit und nicht zuletzt im dreifachen Unterstellungsverhältnis des Leiters des Bereiches KoKo, Alexander Schalck-Golodkowski, nämlich in Wirtschaftsfragen unter Günter Mittag, in sicherheitspolitischen Angelegenheiten unter Erich Mielke sowie in Fragen der deutsch-deutschen Beziehungen unter Erich Honecker.
Das generelle Ziel der Einrichtung des Bereiches KoKo 1966[3] lag in der Devisengewinnerwirtschaftung, die nach planwirtschaftlichen Vorgaben koordiniert werden sollte. Bis dahin waren diese eher unabgestimmt, genau wie die illegalen Güterimporte, die ebenfalls vollkommen unsystematisch vollzogen wurden.[4] Firmen, über die in den fünfziger Jahren entsprechende Geschäfte mit Wissen des MfS liefen, gab es bereits in großer Zahl, beispielsweise das Unternehmen F. C. Gerlach Export-Import, das aus einem Schwarzhandelsring hervorgegangen war.[5] So war auch die Deutsche Handelsbank AG bereits vorher in diverse fragwürdige Devisen- und Finanzgeschäfte verwickelt und es existierten die sogenannten Kirchengeschäfte und Parteifirmen.
Die Initiative zur Gründung des Bereiches KoKo ging offenbar von Alexander Schalck-Golodkowski selbst aus, der in einem Brief vom 29. Dezember 1965 an Hermann Matern dafür warb und sich selbst für eine solche Aufgabe als prädestiniert bezeichnete. Die Idee sollte von Hans Fruck stammen, der eigene Interessen für seine HVA-Firmen verfolgte.[6]
Ab 1957 sammelte Schalck-Golodkowski in diversen Positionen des Außenhandelsministeriums Erfahrungen im Westhandel, den Innerdeutschen Handel und mit ihm verbundene illegale Praktiken eingeschlossen. Als 1. Sekretär der SED-Kreisleitung des Ministeriums für Außen- und Innerdeutschen Handel (MAI) von 1962 bis 1966 lernte er zudem die wirtschafts- und handelspolitischen Hintergründe kennen, die der DDR Restriktionen setzten, und systematisierte diese Erkenntnisse in seiner Dissertation von 1970, die er zusammen mit Heinz Volpert verfasste und die den Titel „Zur Bekämpfung der imperialistischen Störtätigkeit auf dem Gebiet des Außenhandels“ trug.[7]
Im Spätsommer 1966 erhielt Schalck-Golodkowski den Auftrag, mit dem Aufbau des Bereiches KoKo im Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel zu beginnen.[8]
Im Mittelpunkt der praktischen Gründungsaktivitäten stand die Schaffung einer gemeinsamen Dachorganisation für die Handelsfirmen Genex, Transinter, Intrac, Zentral-Kommerz und Intershop.[9] Als Kommerzielle Beziehungen bezeichnet, wurde der Bereich zunächst der HA XVIII (Absicherung der Volkswirtschaft) im MfS kommissarisch unterstellt.
Die Gründung des Bereiches KoKo erfolgte zum 1. Oktober 1966 gemäß Ministerratsverfügung vom April desselben Jahres und wurde dem Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel direkt unterstellt. Im November übernahm Schalck-Golodkowski als Bevollmächtigter die Leitung, bis er per Ministerratsbeschluss vom 7. Dezember 1966 im Range eines Stellvertreters des Ministers bestätigt wurde. Als generelle Aufgaben galten gemäß der Verfügung 61/66:[10]
die maximale Erwirtschaftung kapitalistischer Valuten außerhalb des Staatsplanes
die Durchführung der Kirchengeschäfte
die handelspolitische Einflussnahme auf die MfS-Firmen F. C. Gerlach und G. Simon
die Nutzung materieller Fonds der Staatsreserve B für zusätzliche Valutaeinnahmen (über Spekulationsgeschäfte an internationalen Warenterminbörsen)
Der Aufbau des Bereiches KoKo war bis 1969 abgeschlossen, und in den folgenden Jahren wurden seine Befugnisse schrittweise erweitert. Im Juli 1969 wurde eine Art Zwangsvertretersystem etabliert, die sogenannte Organisation staatlicher Handelsvertreter. Dies bedeutet, dass die KoKo nun im Besitz des Anfragemonopols war und somit die zuvor an westliche Handelsvertreter und Vertreterfirmen geflossenen Provisionen selbst kassieren konnte. Der hierfür zuständige Außenhandelsbetrieb Transinter nahm in den späten achtziger Jahren dadurch jährlich ca. 350 Millionen DM ein. Doch das Ziel, alle nichtstaatlichen Handelsvertretungen vom Markt zu verdrängen, konnte nicht erreicht werden.[11]
1971 erteilte der Ministerrat der DDR dem Bereich KoKo per Verfügung die Zollhoheit.[12] Somit wurde der kommerzielle Grenzverkehr in eigener Verantwortung sichergestellt. Der Status eines Devisenausländers ermöglichte dem Bereich KoKo ab 1972, über Devisenkonten der Deutschen Handelsbank AG und der Deutschen Außenhandelsbank am internationalen Zahlungsverkehr teilzunehmen. Bereits zu dieser Zeit hatte der Außenhandelsminister faktisch kein Zugriffsrecht mehr auf den Bereich KoKo.[13] Mit der Ministerratsverfügung 15/75 wurden die Befugnisse und Aufgaben des Bereiches KoKo grundsätzlich überarbeitet.[14] Nur anderthalb Jahre später wurden sie allerdings von Schalck-Golodkowski über eine Interne Ordnung erneut novelliert.[15] Zum Jahreswechsel 1976/77 wurde der Bereich KoKo endgültig aus dem Außenhandelsministerium herausgelöst, wobei er diesem aber formal zugeordnet blieb. Der nun selbstständige Dienstbereich unterstand dem Sekretär des ZK der SED, Günter Mittag. Durch den Politbürobeschluss des ZK der SED vom 2. November 1976 wurde dem Leiter des Bereiches KoKo, Schalck-Golodkowski, der Status eines Staatssekretärs mit eigenem Geschäftsbereich verliehen.[16][17]
Schalck-Golodkowski hatte damit eineeinzigartige Sonderstellung in der Staats- und Parteiführung inne,er war immerhin Unterhändler in den deutsch-deutschen Beziehungen, Mitglied zahlreicher Kommissionen und als Leiter des Bereiches KoKo Staatssekretär mit eigenem Geschäftsbereich, der sich um dieAlltagsgeschäfte der KoKo-Betriebenicht mehr kümmerte, außerwenn etwas schief lief.[18]Der Bereich KoKo war Ende der 1970er Jahreein staatlicher Großkonzern mit internationalen Geschäftsbeziehungen.[19]
Noch weiter ausgebaut wurde der Bereich KoKo, als 1980 eine Regelung des MfS in Kraft getreten war, welche die Zuordnung der HVA-Unternehmen Asimex, Camet, Gerlach und Intersport verfügte.[20]Die Deutsche Handelsbank AG wurde dem Bereich KoKo 1981 unterstellt[21], und 1986 erhielt er das Nutzungsrecht über die Staatsreserve A zur Gewinnerwirtschaftung.[22]
Mitte der 1970er Jahre wurde dem Bereich durch Beschluss des Politbüros die wirtschaftliche Lenkung der entgegen den Vorschriften der Militärregierungsverordnung Nr. 53 in der Bundesrepublik Deutschland und auch in anderen westlichen Ländern aus Mitteln der DDR errichteten Unternehmen übertragen, die bis dahin von der Abteilung Verkehr des ZK der SED betreut worden waren.
Hauptaufgabe war die Devisenbeschaffung mit allen legalen und illegalen Mitteln, über die Möglichkeiten des normalen Außenhandels hinaus.
Beschaffung von Devisen
Die Versorgung mit Devisen zur Deckung der Importe basierte dabei auf mehreren Bereichen:
Zum einen konnten mit den Intershops,die sich besonders in Bahnhöfen, Flughäfen und an Grenzübergängen und Transitstrecken befanden und den Bedarf der Reisenden aus den westlichen Ländern decken sollte, Gelder erwirtschaftet werden. Hierbei war von Vorteil, dass die Reisenden die Waren meist günstiger als im Herstellungsland erwerben konnten.
Auch wurden über Genex Devisen erwirtschaftet. Der Genex-Kataloghandel richtete sich an BRD-Bürger mit Verwandten und Bekannten in der DDR.
Die Kunst und Antiquitäten GmbH exportierte Kulturgüter aus staatlichem und privatem Besitz gegen Devisen. Zum Aufspüren dieser Kunstwerke bei Privatleuten und zur Absicherung der Geschäfte wurde eng mit den Fachabteilungen des MfS, der Zoll- und Steuerfahndung zusammengearbeitet.
Doch die damit erwirtschafteten Gelder konnten den Devisenbedarf nicht decken.
So kaufte KoKo auch im westlichen Ausland kleinere Unternehmen auf, verwaltete SED-Parteibetriebe im westlichen Ausland (meist BRD, Österreich; Treuhandunternehmen auch in Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz) und betrieb Waffenhandel. KoKo profitierte auch von den Geldern aus Häftlingsfreikäufen,[32] Müllimporten aus Westberlin,[33] Blut- und Blutplasma-Export (Wikipedia schreibt allerdings nichts über Blut-, Blutplasma-Importe. Die wird es wohl auch gegeben haben. Schließlich ging und geht bis heute der Bluthandel rund um die Welt, was ganz normal ist. P.R.),[34] Textil- und Zigarettenschmuggel u. a. Außerdem wurde mit Geldern in Millionenhöhe an westlichen Waren- und Termingeldbörsen spekuliert.
Geplant war auch die Gründung einer „deutsch-deutschen“ Bank in Zürich, die an die DDR Kredite von insgesamt vier Milliarden DM ausreichen sollte, wobei die DDR im Gegenzug das Reisealter für Westreisen ihrer Bürger um fünf Jahre senken sollte. Diese Planungen wurden als Zürcher Modell bezeichnet.[35]
Beschaffung von Embargo-Ware
Ein wesentlicher Geschäftsbereich, für den die erwirtschafteten Devisen wieder ausgegeben wurden, war die Beschaffung von Embargoware aus nichtsozialistischen Staaten und West-Berlin (CoCom-Liste), insbesondere Hochtechnologie für den Aufbau der DDR-Mikroelektronik-Industrie (siehe Kombinat Robotron), komplette EDV-Anlagen und Militärtechnologie; allein 1986 bis 1990 fanden Käufe für angeblich 900 Mio. DM statt.
Der seit den 1970er Jahren stetig ansteigende Lebensstandard in der DDR war nicht zuletzt durch Importe aus dem Westen ermöglicht worden. Die Kosten hierfür konnten nur zeitweise durch reguläre Exporte von laufenden Produktionsgütern erwirtschaftet werden. In der BRD fand der Ölpreisschock 1972 statt. Die DDR profitierte davon zunächst, der Führung erschien die Krise als „Geschenk des Himmels“.[23] Wegen der unterschiedlichen Verrechnungspreise (im fünfjährigen Mittel des Weltmarktpreises) im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) konnte sie Rohöllieferungen aus der UdSSR über die 1962 fertiggestellte Erdölleitung Freundschaft bis 1977 günstig beziehen und nach der Veredelung über den binnendeutschen Handel für den gesamten RGW wichtige Gewinne erzielen.[23] Der spätere Verfall der Ölpreise auf dem Weltmarkt traf dann später mit der RGW-internen Preiserhöhung und Anfang der 1980er Jahre gedrosselten Lieferungen zusammen, die vorher bedeutenden Gewinnmargen fielen weg. Die SED (vgl. entsprechende Beschlüsse des IX. Parteitages) bemühte sich bereits ab 1977 um Ansätze zum Aufbau eines Mikroelektronikclusters.[24] Das Kombinat Mikroelektronik Erfurt, der VEB Kombinat Robotron Dresden und das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena wurden zur industriellen Basis eines DDR-Hochtechnologieprogramms. Man wollte im RGW quasi zum Monopolanbieter werden und sich so von der Rohstoffabhängigkeit lösen. Die KoKo sagte in der Endphase der DDR noch zu, Investitionen in diesem Bereich in Höhe von 1,2 Milliarden Valutamark als Kredit zu finanzieren.[25] Ansätze zu verstärkten Rüstungslieferungen im Elektronikbereich scheiterten auch an der Politik von Gorbatschow.
Zentralbild-Stolp 6.9.1962
Erdölförderung der UdSSR. Die sowjetische Erdölindustrie hat mit einer Halbjahresbilanz 1962 von 89.3 Mio. t ihre Aufgaben zur raschen Steigerung der Produktion erfüllt. In diesem Jahr wird die Sowjetunion fast zehnmal mehr Öl als 1945 fördern. Das Entwicklungstempo ist so stürmisch, daß die ursprünglichen Ziele des Siebenjahrplanes erhöht werden konnten. Für das Jahr 1965 wird mit einer Jahresproduktion von 240 Mio. t gerechnet. Die Erfolge der sowjetischen Erdölindustrie kommen vielen Ländern des sozialistischen Lagers zugute, die keine oder nur geringe Erdölvorräte haben. Der Bau der Freundschaftsleitung nach Polen, der DDR, der CSSR und Ungarn macht schnelle Fortschritte.
Zeitgenössische Darstellung der Rohstofflieferungen der SU an die industriellen Abnehmer im RGW
Die fehlende Akzeptanz des Sozialismus in der Bevölkerung der DDR, versuchte Honecker ab den 1970er Jahren durch sein Konsumprogramm (Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik) zu kompensieren. Dies überforderte jedoch die Leistungsfähigkeit der innovationsträgen Planwirtschaft der DDR und steigerte die Auslandsverschuldung der DDR bis hin zur drohenden internationalen Zahlungsunfähigkeit Anfang der 1980er Jahre. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung schien durch seinen zunehmenden Einfluss im Außenhandel und nicht zuletzt im innerdeutschen Handel Abhilfe zu schaffen. So erzielte KoKo mit teilweise illegalen Methoden beträchtliche Exporterlöse.
Die durch KoKo beschafften monetären Mittel wurden jedoch nicht in ausreichendem Maße für dringend notwendige Investitionen in der Industrie der DDR verwendet, sondern für Konsumausgaben etc. Dieser industrielle Substanzverlust wirkte sich nachteilig auf die Volkswirtschaft der DDR aus. Deshalb verlor die DDR weiterhin an Wettbewerbsfähigkeit auf westlichen Märkten. Damit wurde KoKo für die Regierenden immer unentbehrlicher und erhielt weiteren Einfluss im Export und somit auch im Handel mit der BRD. Diese Entwicklung bekam Eigendynamik, stabilisierte kurzfristig die den Sozialismus, förderte aber langfristig den Verfall der DDR-Industrie und trug so zum Ende der DDR bei.[26]
Unterstützung von DKP und SEW
Ein weiterer Ausgabenposten der KoKo war die finanzielle Unterstützung derDeutschen Kommunistischen Partei(DKP) und derSozialistischen Einheitspartei Westberlins(SEW).[36]
Da die beiden deutschen Staaten aufgrund alliierter Vorbehalte auf dem Territorium des jeweils anderen Staates wirtschaftlich nicht aktiv sein durften, es aber andererseits ein wechselseitiges starkes Bedürfnis nach wirtschaftlichem Austausch und politischer Einflussnahme gab, wurden Handel und Transport z. T. über bundesdeutsche Unternehmen abgewickelt. Diese Unternehmen übernahmen unverzichtbare und von beiden Seiten wertgeschätzte Funktionen im Ost-West-Handel. Unter den gegebenen Bedingungen bedurfte es jedoch komplizierter Gesellschafterstrukturen u. a. auch mit HilfeliechtensteinischerStiftungen unter Betreuung und in Regie der KoKo. In Absprache mit der Abteilung Verkehr des ZK der SED waren als Geschäftsführer und Prokuristen solcher Unternehmen auch Mitglieder der DKP tätig, die treuhänderisch Anteile an ihnen hielten.[37](Na da hatten sich ja einige über diesen Posten gefreut. P.R.)Im Ergebnis war es möglich, z. B. über Anzeigen solcher Unternehmen in Zeitungen und Zeitschriften der DKP (u. a.Unsere Zeit) Beiträge nicht nur zur Finanzierung dieser Medien, sondern der DKP als Partei zu leisten.
Diese Unterstützung war in Politik und Medien der BRD bekannt.
Dann und wann wurde etwas in dieser Richtung veröffentlicht. Die DKP z.B. konnte das erfolgreich dementieren. Wikipedia schreibt, dass laut BStU die Bevölkerung in der BRD darüber gut informiert gewesen wäre. Dem ist aber nicht so. Selbst die einfachen Mitglieder z.B. der DKP wussten nicht, dass die Partei von der DDR finanziert wurde. P.R.
Organisation
Geleitet wurde der Bereich seit der Gründung von Alexander Schalck-Golodkowski, einem langjährigen Mitarbeiter des Ministeriums für Außenhandel, seit 1975 Staatssekretär für Außenhandel. Sein Stellvertreter war zunächst Horst Roigk und dann lange Jahre Manfred Seidel, beide, genau wie Schalck-Golodkowski selbst, Offiziere im besonderen Einsatz (OibE) des MfS.
Die Zentrale des Bereiches KoKo bestand aus dem Bereich des Staatssekretärs, den Hauptabteilungen I, II und III sowie den selbstständigen Abteilungen Handelspolitik und Tourismus. Die Zentrale hatte ihren Sitz in der Wallstraße 17–22 in Berlin-Mitte. Der unauffällige Plattenbau wurde 2018 zugunsten eines Neubaus abgerissen.
Der Bereich des Staatssekretärs
Dieser Führungsbereich umfasste zehn Mitarbeiter und ihm waren stabsförmig die Abteilungen Sekretariat, Kaderabteilung, Sicherheit, Zoll und Beschaffung untergeordnet sowie weitere Funktionalorgane wie Kuriere, Finanzen, Sonderbeauftragter und Einkäufer.
Abteilung Kader/Staatliche Ordnung, Sicherheit und Geheimnisschutz
Diese Abteilung umfasste 10 Mitarbeiter und war gegliedert in die Sektoren Information und Dokumentation, Kader, Ordnung und Sicherheit sowie Zoll. Ihr untergeordnet waren ferner die VS-Hauptstelle und die Objektwache.[39]
Ein Sitzungsbeschluss des ZK der SED vom 24. Oktober 1989 unterstellte KoKo dem Generalsekretär des ZK der SED Egon Krenz.[27] Ab November 1989 wurde KoKo zunehmend infrage gestellt. Auch wenn sich Egon Krenz für die Fortexistenz von KoKo aussprach, plädierte er für unumgängliche Strukturveränderungen und personelle Konsequenzen. Am 6. Dezember 1989 erließen die Ministerin für Finanzen und Preise Uta Nickel und der Minister für Außenwirtschaft (Ministerium für Innerdeutschen Handel, Außenhandel und Materialversorgung) Gerhard Beil der Regierung Modrow eine „Gemeinsame Anweisung“, in der Karl-Heinz Gerstenberger mit sofortiger Wirkung als kommissarischer Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung eingesetzt wurde. Die Aufgabe des kommissarischen Leiters bestand in der Einordnung des Bereichs in die Volks- und Finanzwirtschaft der DDR.[28]
Die Untersuchung unterlag der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (UKPV), die treuhänderische Verwaltung der Treuhandanstalt bzw. ihrer Nachfolgeorganisation, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Das KoKo-Geflecht schien bei der Auflösung der Abteilung im März 1990 undurchschaubar, nur wenige hatten Einblick in die geheimen KoKo-Geschäfte. Für DDR-Normalbürger war der Bereich bis zur Konterrevolution 1989 völlig unbekannt.
Die Treuhandanstalt privatisierte bzw. wickelte u. a. die folgenden Unternehmen der Koko und deren Beteiligungen ab:
Bekannt sind die langjährigen Rechtsstreitigkeiten um das Vermögen der Novum GmbH, wonach Rudolfine Steindling als Treuhänderin noch vor der endgültigen juristischen Klärung etwa 450 Millionen DM von den Novum-Konten abhob, deren weiterer Verbleib nie geklärt werden konnte.
Vom 6. Dezember 1989 bis 28. Februar 1990 wurden 95 von 171 KoKo-Mitarbeitern in andere volkswirtschaftliche Bereiche umgesetzt. Weil die Staatliche Finanzrevision der DDR kein Kontrollrecht für KoKo besaß, existierte kein hinreichender Belegnachweis und somit war eine Transparenz betriebswirtschaftlicher Daten nicht gegeben. Außerdem waren die einzelnen Arbeitsbereiche voneinander isoliert und weder für den Gesamtbereich noch für die einzelnen Hauptabteilungen und Abteilungen gab es Arbeitsordnungen, innerbetriebliche Weisungen mit eindeutigen Festlegungen zu Rechnungsführung und Statistik, Verantwortlichkeiten oder Befugnissen. Im Dienstgebäude fanden sich 19,970 Tonnen Gold, das seit Oktober 1988 gekauft worden war. In der Verwertungsmasse befanden sich darüber hinaus Einfamilienhäuser, Kraftfahrzeuge, Bargeld, Schmuck, hochwertige Konsum- und Kulturgüter, Waffen und Munition[29]
Ursprünglich sollte KoKo als Staatsorgan bis zum 31. März 1990 abgewickelt werden, was aus technischen, finanziellen und wirtschaftspolitischen Erwägungen heraus nicht realisiert werden konnte. So war die erst am 31. März 1990 eröffnete Liquidation der Firma Forgber bis Ende Mai 1991 noch nicht abgeschlossen, da die Eintreibung von Forderungen gegen westdeutsche Gesellschaften, welche die Zahlung von vereinbarten Provisionen nachträglich mit dem Hinweis auf bestehende Zwangsvertretung ablehnten, nicht erfolgreich war. Ähnliche Probleme gab es mit der IMES GmbH, deren Liquidation zwar am 30. April 1991 beendet war. Doch blieb eine offene Forderung gegenüber dem iranischen Verteidigungsministerium aus einem umfangreichen Panzerreparaturgeschäft von ca. 23 Millionen US-$ insofern bestehen. Diese wurde an das Bundesministerium für Finanzen abgetreten.
Der Gesamtbereich der Kommerziellen Koordinierung war Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages unter dem Vorsitz des CDU-Abgeordneten Friedrich Vogel. Über das Ergebnis der Untersuchungen gab es umfangreiche Berichte, vor allem: Beschlussempfehlung und Bericht Drucksache 12/7600 vom 27. Mai 1994 mit drei Anlagenbänden und einem Anhangband.[30]
Mit der Niederlage der Nazis und der Besatzung durch die Alliierten (Frankreich, USA, die Sowjetunion und Großbritannien) änderte sich das Steuersystem erneut. Bereits 1946 erließen Großbritannien, Frankreich und die USA Gesetze, die zu einer hohen Besteuerung der von ihnen kontrollierten westdeutschen Gebiete führten. Das 1949 in Kraft getretene Grundgesetz legte schließlich das Fundament für eine neue Finanzverwaltung. Die finanziellen Hoheitsrechte wurden zwischen Bund und Ländern aufgeteilt; es entstanden getrennte Finanzverwaltungen. Das war ganz im Sinne der Alliierten, die die finanzpolitische Macht in Deutschland verteilt sehen wollten. Mit der Umsatzsteuerreform von 1968 löste die Mehrwertsteuer das alte Umsatzsteuersystem aus der Preußen-Zeit ab.
Die DDR als sozialistischer Staat ging ihren eigenen Weg. Ähnlich wie heute in China lenkte die DDR die Wirtschaft in Mehrjahresplänen. Ein Großteil der Produktionsmittel der Unternehmen gehörte dem Staat. Der finanzierte sich hauptsächlich über die Abgaben der Volkseigenen Betriebe. Steuern für Bürger oder private Unternehmen spielten so gut wie keine Rolle. Für die komplette Finanzplanung war das Ministerium für Finanzen zuständig, Finanzämter wie in der BRD gab es nicht
Nach der Annexion der DDR durch die BRD im Jahre 1990 wurde das System der DDR an die BRD angepasst. Das erledigte eine Treuhandanstalt, die dem Bundesfinanzminister unterstellt war. Vier Jahre brauchte sie, um das vormals staatliche Eigentum der DDR zu privatisieren – erst dann konnten darauf Steuern anfallen. Seitdem hat es in Deutschland keine grundsätzliche Veränderung des Steuersystems mehr gegeben.
Die Deutsche Außenhandelsbank AG (DABA) war in der DDR als Spezialinstitut verantwortlich für die Durchführung kommerzieller Zahlungen mit dem Ausland sowie mit Devisenausländern im Inland. Die Bank wurde am 18. Mai 1966 in das Handelsregister von Groß-Berlin eingetragen. Sitz war Berlin/DDR. Das Grundkapital betrug 1,5 Milliarden Mark der DDR. Organe waren der Aufsichtsrat, der Vorstand und der Verwaltungsrat. Präsident der Bank war ab 1978 Werner Polze.
Abschluss von Abkommen und Vereinbarungen mit anderen Banken (insbesondere Auslandsbanken)
Zusammenarbeit mit internationalen Bankenorganisationen und anderen Institutionen
Korrespondenzbank gegenüber dem Ausland
Kontenführung für ausländische Banken in der DDR
Kontoführung für die DDR bei Auslandsbanken
Vergabe und Inanspruchnahme vonKrediten auf internationaler Ebene
Finanzierung der Außenhandelsbetriebeder DDR sowie von Verkehrsbetrieben mit überwiegend außenwirtschaftlicher Tätigkeit
Durchführung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland (SW und NSW). Innerhalb des RGW übernahm die DABA das Clearing mit der Internationalen Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Basis vonTransferrubel.[1]
Kreditgewährung für Außenhandelsunternehmen,
finanzielle Beteiligung an in- und ausländischen Unternehmen.[2]
Statut (Auszüge):
Die Bank konnte in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der DDR und im Ausland Filialen und Agenturen eröffnen sowie eigene Vertreter haben. Sie konnte Grundstücke, Gebäude und andere Gegenstände mieten, pachten oder zu Eigentum erwerben. Die Bank verfügte über ein Aktienkapital, einen Reservefonds sowie spezielle Fonds.
Die Tätigkeit der Bank erstreckte sich darauf,
Devisenund Sorten zu kaufen und zu verkaufen sowie Bestände von Devisen und Sorten zu halten
Gold und andere Edelmetallezu kaufen und zu verkaufen sowie zu verwahren
Reiseschecks der DDR von 1967 bis 1977 auszugeben und einzulösen[3]
inländische und ausländische Wertpapiere zu kaufen und zu verkaufen sowie im Auftrage ihrer Kunden und Korrespondenten ins Depot zu nehmen.
Organisation
Die Zentrale residierte in Berlin in einem Gebäudekomplex an der EckeFriedrichstraße/Unter den Linden, zu dem dasHaus der Schweizund dieKaiserhöfegehören.
Ende der 1980er Jahre gab es zehn Filialen, u. a. in Karl-Marx-Stadt, Leipzig und Rostock. Einzelne Filialen unterhielten Außenstellen.
BRD-Kredite für die Deutsche Außenhandelsbank
Der ZK-Sekretär der SED für WirtschaftsfragenGünter Mittaghandelte zusammen mitAlexander Schalck-GolodkowskimitFranz Josef StraußAnfang der 1980er Jahre den sogenannten „Milliardenkredit“ eines westdeutschen Bankenkonsortiums an die Deutsche Außenhandelsbank der DDR aus.
Privatisierung nach der Konterrevolution
Die im Besitz des Bundes und derKfWbefindlichen Aktien der Deutschen Außenhandelsbank wurden zum 1. Januar 1995 durch dieTreuhandanstaltan die Westdeutsche Landesbank Girozentrale (WestLB) verkauft.[4]Die Westdeutsche Landesbank Girozentrale zahlte für die Deutsche Außenhandelsbank 430 Millionen Mark und bekam dafür Altschuldenforderungen über sieben Milliarden Mark gegenüber denAußenhandelsbetrieben der DDR.[5]
Die Informationen dieses Artikels entstammen dem Statut der Deutschen Außenhandelsbank AG vom 10. März 1986 sowie dem Lehrmaterial zur Ausbildung zum Finanzkaufmann – Spezialisierungsrichtung Geld und Kredit – bei der Deutschen Außenhandelsbank AG mit Stand September 1987.
Der erste Häftlingsfreikauf wurde Weihnachten 1962 realisiert: 20 Häftlinge und ebenso viele Kinder kamen gegen die Lieferung von drei Waggon-Ladungen Kalidüngerfrei.[5] Bundeskanzler Konrad Adenauer hatte nach einer Koalitionskrise am 14. Dezember 1962 das Kabinett Adenauer V berufen und darin Rainer Barzel zum Minister für gesamtdeutsche Fragen.
Die Häftlingsfreikäufe wurden bis 1989, einige Zeit vor der Beseitigung des Antifaschistischen Schutzwalls, praktiziert. Sie wurden inoffiziell auf Regierungsebene ausgehandelt. Nachdem es zu Beginn noch um Einzelfälle gegangen war, wurde der Freikauf zunehmend organisiert. In der Zeit zwischen 1964 und 1989 wurden insgesamt 33.755 Häftlinge freigekauft. Der Preis pro Häftling betrug anfangs durchschnittlich ca. 40.000 DM und stieg später auf 95.847 DM. Offiziell bemessen wurde die Summe an dem angeblichen „Schaden“, den der Häftling in der DDR angerichtet haben soll (so die halbamtliche Begründung) und dem Ersatz für die (kostenlose) Ausbildung bzw. das Studium.
Tatsächlich hatte die DDR einen ständigen Devisenmangel und war sehr daran interessiert, an D-Mark oder andere konvertible Währungen zu gelangen. Außerdem entfiel mit dem Freikauf eines politischen Häftlings für die DDR das Problem, ihn wieder in die Gesellschaft integrieren zu müssen. Die „Hartgesottenen“ wollten sich ohnehin nicht integrieren lassen.
Den Transport der freigekauften Häftlinge handhabte die DDR diskret. Mit Bussen, die in der DDR bald inoffiziell den Beinamen Wunderbusse erhielten, wurden die freigekauften Häftlinge an die Grenze gebracht und auf unauffälligen Parkplätzen oder Waldlichtungen an die BRD übergeben, bevor sie in das Aufnahmelager Gießen gelangten.
Später organisierten die BRD-Behörden den Transport mit zwei Bussen der Marke Magirus-Deutz und Fahrern aus der BRD. Der Häftlingstransport startete auf BRD-Gebiet. Die eingesetzten Busse waren in der BRD wie in der DDR zugelassen und mit drehbaren Nummernschildern ausgestattet. Während der Fahrt auf BRD-Gebiet zeigten die Busse BRD-Nummernschilder, nach dem Passieren der Staatsgrenze wurde per Knopfdruck auf DDR-Nummernschilder umgeschaltet, um nicht aufzufallen. Anschließend wurden die Häftlinge direkt von der Haftanstalt in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) abgeholt. Auf der Transitstrecke in der DDR begleiteten Fahrzeuge der Staatssicherheit die Busse bis zum Grenzübergang. Nach dem Grenzübertritt drehten die Busfahrer die Nummernschilder wieder auf BRD-Kennzeichen.[8][9]
Vertrauter von Erich Honecker und Unterhändler der DDR gegenüber der BRD für den sogenannten „Humanitärbereich“ (Häftlingsfreikauf, Ausreisen) war in der DDR der Rechtsanwalt Wolfgang Vogel (1925–2008), welcher die Häftlingstransporte auch begleitete. Seine Verhandlungspartner in der BRD waren u. a. Herbert Wehner, Helmut Schmidt, Hans-Jochen Vogel,Ludwig A. Rehlinger, Walter Priesnitz und der Vizepräsident des Diakonischen Werkes, Ludwig Geißel. Andere Kontakte mit dem Rechtsanwalt Jürgen Stange und Mitarbeitern aus dessen Westberliner Kanzlei wie z. B. Herbert Taubert und Barbara von der Schulenburg sowie zu Ministerialdirektor Edgar Hirt vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen in Bonn beförderten einen Skandal,[10] der um 1984 fast die humanitären Bemühungen zunichtegemacht hätte (vgl. dazu unter Literatur Brinkschulte et al.).[11] Auch der SPD-Politiker Hermann Kreutzer – er war 1949 als politischer Häftling zu 25 Jahren Haft verurteilt worden und 1956 freigekommen – hatte in den 1970er Jahren mit dem Häftlingsfreikauf zu tun.[12]
Mit den Eingenommen DM wurden u.a. Luxusgüter für die politische Führung und das Dopingsystem finanziert. .[13]
Von den Devisen aus dem Häftlingsfreikauf wurde eine breite Palette technischer Geräte angeschafft, darunter Video, Ergometer, Mess- und Rechnertechnik, sowie drei Gas-Chromatographen zum Stückpreis von rund einer halben Million D-Mark.
Nur rund 500 Millionen D-Mark aus dem Erlös des Freikaufs wandte die DDR für die Verbesserung der Versorgungslage ihrer Bürgerinnen und Bürger auf. Das war nur etwa ein Siebtel der 3,44 Milliarden D-Mark, die zu 96 Prozent aus dem Häftlingsverkaufsgeschäft stammten und über das Konto 0628, das sogenannte Honecker-Konto, transferiert wurden. Mit einigen Millionen davon tauchte der DDR-Richter Jürgen Wetzenstein-Ollenschläger in den Untergrund ab, nachdem er die Freikaufpreise der von ihm zuvor zu Freiheitsstrafe verurteilten Konterrevolutionäre in die Höhe getrieben hatte.[14]
Es gab auch Kritik an den Häftlingsfreikäufen. So wurde zum einen das Potential der Konterrevolutionäre in der DDR geschwächt und deren Druck auf die Regierung der DDR geschwächt. Nun ja, die Konterrevolutionäre hatten ja trotzdem Erfolg.
Für Amnesty International galt der Häftlingsfreikauf als ein Anreiz für die DDR, viele politische Gefangene mit langen Haftstrafen zu „produzieren“.
Alexander Schalck-Golodkowski (gebürtig Alexander Golodkowski; geboren am 3. Juli 1932 in Berlin-Treptow; gestorben am 21. Juni 2015 in Rottach-Egern[1]) war ein deutscher Politiker (SED), Oberst im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und Wirtschaftsfunktionär(in der DDR verwendete man nicht die heute gebräuchliche US-amerikanische Bezeichnung Manager. P.R.)der DDR. Er war Leiter des geheimen Bereichs für Kommerzielle Koordinierung im Ministerium für Außenhandel, der durch die Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) des MfS kontrolliert wurde. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung war zuständig für den (inoffiziellen) Handel mit dem kapitalistischen Ausland. Bekanntheit erlangte er im Nachhinein für die Aushandlung eines Kredits in Höhe von einer Milliarde DM, den ein westdeutsches Bankenkonsortium der DDR 1983 gewährte.[2] Schalck-Golodkowskis Verhandlungspartner auf westdeutscher Seite war der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU).[3]
Schalk-Golodkowski war ein Geschäftsmann vom Typ „windiger Hund“. Er musste so auftreten, um die Embargos umgehen, Geschäfte zum Wohle der DDR machen und Devisen heranzuschaffen. P.R.
Alexander Golodkowskis Vater Peter Golodkowski war ein Staatenloser mit russischen Wurzeln, dessen Vater ein höherer russischer Finanzbeamter in Gomel gewesen war. Peter Golodkowski war Offizier der zaristischen Armee, bevor er vor den Bolschewiki floh. Später leitete er die russische Dolmetscherschule der Wehrmacht in Berlin-Moabit. Sein Sohn Alexander wurde im Jahr 1940 vom Ehepaar Schalck adoptiert.
Schalck-Golodkowski begann zunächst eine Bäckerlehre und absolvierte dann von 1948 bis 1950 eine Lehre als Feinmechaniker. 1951 trat er in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ein. Ab 1952 arbeitete Schalck-Golodkowski als Sachbearbeiter in einem Außenhandelsbetrieb; nach kurzer Zeit wechselte er in das Ministerium für Außenhandel und innerdeutschen Handel der DDR, wo er innerhalb eines Jahres zum Hauptreferenten des Referates Werkzeugmaschinen aufstieg. Nachdem er an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin sein Abitur abgelegt hatte, absolvierte Schalck-Golodkowski von 1954 bis 1957 ein Studium der Ökonomie an der Hochschule für Außenhandel in Staaken, das er als Diplomwirtschaftler abschloss[4]
Am 5. März 1953 stellte Schalck-Golodkowski den SED-Aufnahmeantrag und wurde nach der Kandidatenzeit 1955 als Mitglied aufgenommen. Bereits 1956, also noch vor Ende seines Studiums, wurde er Hauptverwaltungsleiter beim Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel. Diese Position hatte er bis 1962 inne. 1958 wurde er außerdem zum Vertreter des Außenhandels in der Ständigen Kommission für Bauwesen des Rats für Gegenseitige Wirtschaftshilfe ernannt. Von 1962 bis 1966 war er hauptamtlicher Erster Sekretär der SED-Kreisleitung im Ministerium für Außenhandel.
Ab 1966 war er für den neu gegründeten Bereich Kommerzielle Koordinierung (KoKo) zuständig, den er maßgeblich mit aufbaute. Dieser Bereich sollte mit verdeckten Geschäften zur Devisenerwirtschaftung die Zahlungsfähigkeit der DDR sichern.
Seine Karriere im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) begann 1967, als er zum Offizier im besonderen Einsatz (OibE) der Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) ernannt wurde. 1975 wurde Schalck-Golodkowski zum Oberst befördert. Ein weiterer Aufstieg zum General kam nicht in Frage, da dies zwangsweise seine Enttarnung als MfS-Offizier nach sich gezogen hätte; er erhielt zuletzt jedoch das Gehalt eines Generalleutnants.
1970 verteidigte er gemeinsam mit seinem Führungsoffizier, MfS-Oberst Heinz Volpert, an der zum Ministerium für Staatssicherheit gehörenden Juristischen Hochschule in Golm bei Potsdam seine Dissertation zum Thema „Vermeidung ökonomischer Verluste und Erwirtschaftung zusätzlicher Devisen“. Diese Arbeit war bis zum Ende der DDR geheim. „Doktorvater“ war neben zwei Doktoren des MfS der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke, der selbst weder Abitur hatte noch einen akademischen Grad besaß.[5][6][7]
Von 1967 bis 1975 war Schalck-Golodkowski offiziell einer der stellvertretenden Minister für Außenhandel und im Anschluss daran bis 1989Staatssekretärim Ministerium für Außenhandel. BeimPolitbüro des ZK der SEDwar er seit 1976 Mitglied der Wirtschaftskommission, ab 1981 der Kommission zur Koordinierung der ökonomischen, kulturellen und wissenschaftlich-technischen Beziehungen der DDR zu Ländern Asiens, Afrikas und des arabischen Raums. 1981 nahm er an den Verhandlungen zwischen BundeskanzlerHelmut Schmidtund demStaatsratsvorsitzendenErich HoneckerimJagdhaus HubertusstockamWerbellinseeteil. In der Folge führte er 1983 die erfolgreichen Verhandlungen mit dembayrischen MinisterpräsidentenFranz Josef Straußüber einen westdeutschen Milliardenkredit für die DDR.
Als stellvertretender Minister, Staatssekretär, ZK-Mitglied und Leiter der Kommerziellen Koordinierung war Schalck-Golodkowski einer der wichtigsten Männer der DDR-Wirtschaft und Angehöriger derNomenklatura. Durch seinen Zugriff auf Westwaren aller Art war er innerhalb der DDR-Führung eine gefragte und hofierte Persönlichkeit.
ADN-ZB Mittelstädt Leipziger Frühjahrsmesse 1987
Begegnung im Gästehaus – von l.n.r.: Alexander Schalck-Golodkowski, Georg [Gerold] Tandler, Günter Mittag, Franz Josef Strauß, Theo Waigel und Erich Honecker.
Schalck-Golodkowski selbst wohnte in einem Einfamilienhaus in der Manetstraße im Villenviertel am Orankesee in Berlin-Hohenschönhausen unweit von anderen Domizilen hochrangiger Mitarbeiter des MfS, wie dem Reihenhaus von Mielkes Sohn und dem Gästehaus Mielkes. Er besaß ein Ferienhaus in der Schorfheide, dessen Bau genehmigt wurde, obwohl es inmitten eines Naturschutzgebietes lag, und dessen sanitäre Erschließung über 200.000 Mark (DDR) kostete. Beide Häuser wurden von Westfirmen gebaut und eingerichtet. Wie diese Gebäude heute genutzt werden, schreibt Wikipedia nicht. P.R.
Schalck-Golodkowski war zusammen mit Gerhard Schürer, Gerhard Beil, Ernst Höfner und Arno Donda einer der Autoren der „Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen“, einer Vorlage für die Sitzung des Politbüros der SED am 30. Oktober 1989. In diesem auch als „Schürer-Papier“ bekannt gewordenen Geheimbericht wurde die Überschuldung und wirtschaftliche Zerrüttung der DDR erstmals deutlich benannt.Allerdings ist später das Schürer-Papier widerlegt worden. P.R. Wenn man bedenkt, wie verschuldet die Staaten heute sind, dann müsste man ja viele Staaten auf dieser Welt auflösen. P.R.
Im Zuge der Konterrevolution und der Endphase der DDR wurde Schalck-Golodkowski wegen Pressemeldungen über kriminelle Machenschaften von KoKo-Firmen auf der letzten Sitzung des ZK der SED am 3. Dezember 1989 aus dem ZK und der SED ausgeschlossen. Er flüchtete daraufhin am 4. Dezember mit seiner Ehefrau Sigrid nach Westberlin, wo er sich den Behörden stellte und für circa sechs Wochen in Untersuchungshaft kam. Er gab an, dass er eine Abstempelung als Buhmann und die Beseitigung durch seine ehemaligen Genossen fürchte. Ein Auslieferungsantrag der DDR-Generalstaatsanwaltschaft wurde abgelehnt. Im Januar 1990 zog das Ehepaar Schalck-Golodkowski nach Rottach-Egern am Tegernsee. Dort betrieb er die Firma „Gusimex Handelsgesellschaft GmbH“, deren Unternehmensgegenstand als „Handel mit Waren aller Art“ angegeben wurde.[8] Die Gesellschaft wurde 2015 aufgelöst.[9]
Unter dem Decknamen „Schneewittchen“ machte er beim Bundesnachrichtendienst umfangreiche Aussagen über die kriminellen Wirtschaftsmethoden des Bereichs Kommerzielle Koordinierung und seine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit. Er erhielt vom BND Straffreiheit und bekam Papiere mit falschem Namen in Aussicht gestellt. Es wird gemutmaßt, dass Schalck-Golodkowski aufgrund dieser Ausweisdokumente in der Lage war, auf zuvor geschaffene Rücklagen in Form von Geheimkonten zuzugreifen. Bestätigt ist nur der Zugriff auf ein West-Berliner Bankschließfach mit unbekanntem Inhalt.
Bei der Auflösung seiner alten Wirkungsstätte Kommerzielle Koordinierung wurden weitere dubiose Einzelheiten seiner Tätigkeiten bekannt, die mehrere Ermittlungsverfahren zur Folge hatten. Unter anderem wurden Schalck-Golodkowski Straftaten gemäß Betäubungsmittelgesetz, Untreue, Betrug und Spionage vorgeworfen. 1991 wurde öffentliche Kritik an der Verzögerung der Ermittlungen gegen Schalck-Golodkowski laut, die in der Presse mit den aus DDR-Zeiten bestehenden Kontakten zwischen ihm und bedeutenden westdeutschen Politikern und Unternehmern in Zusammenhang gebracht wurde. Vermutungen, dass Schalck-Golodkowski von westdeutschen Behörden geschützt würde, widersprach der damalige Bundesjustizminister Klaus Kinkel energisch. Natürlich hat Klaus Kinkel diese Aussage getroffen. Es war Klaus Kinkel, der zur Delegitimierung der DDR aufgerufen hat. P.R.
Schalk-Golodkowski selbst beteuerte in einem Auftritt in der Fernsehsendung „Der heiße Stuhl“ auf RTL, „alles anständig und korrekt abgewickelt“ und „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt zu haben, „in der Absicht, der DDR und den Menschen zu dienen“.
Der Gesamtbereich der Kommerziellen Koordinierung, insbesondere die Aufgaben und Tätigkeiten von Schalck-Golodkowski, war Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages unter dem Vorsitz des CDU-Abgeordneten Friedrich Vogel. Über das Ergebnis der Untersuchungen gibt es umfangreiche Berichte, vor allem Beschlussempfehlung und Bericht Drucksache 12/7600 vom 27. Mai 1994 mit drei Anlagenbänden und einem Anhangband.[10]
Das Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde 1992, das Verfahren wegen Veruntreuung von Milliardenbeträgen der DDR-Regierung durch Überweisungen ins Ausland 1993 eingestellt. Zum Prozess kam es jedoch 1995 wegen des Vorwurfs der Abwicklung illegaler Waffengeschäfte. Als Ergebnis wurde Schalck-Golodkowski im Januar 1996 wegen Verstoßes gegen das als Bundesrecht weitergeltende Militärregierungsgesetz Nr. 53 zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Eine Revision gegen das Urteil wurde vom Bundesgerichtshof verworfen.[11] Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Im Juli 1996 kam es zu einer weiteren Anklageerhebung wegen Embargovergehen. 1998 wurde Schalck-Golodkowski wegen eines Krebsleidens für verhandlungsunfähig erklärt und brauchte zunächst nicht mehr vor Gericht zu erscheinen. Dennoch wurde er im Juli 1998 zu einer erneuten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt; wiederum wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Sein Verteidiger war der Berliner Anwalt und spätere SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, der auch andere MfS-Offiziere vertrat.
Im März 2003 erlitt Schalck-Golodkowski während eines Urlaubs einen Herzstillstand und musste sich einer Notoperation unterziehen. Nach langem Krebsleiden verstarb er am 21. Juni 2015 in seinem Haus am Tegernsee.[12] Er wurde auf dem Auferstehungsfriedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt.[13]
Grabstein für Alexander Schalk-Golodkowski auf dem Auferstehungsfriedhof in Berlin-Weißensee
Schalck-Golodkowski war zweimal verheiratet. Seine erste Frau Margareta (geb. Becker; * 23. August 1932) war gelernte Schneiderin. Nach der Heirat 1955 wurde 1956 ein Sohn geboren. Die gemeinsame Tochter kam 1964 zur Welt. Die Ehe wurde 1975 geschieden.
Kurz darauf folgte 1976 die Heirat mit seiner zweiten Frau Sigrid (geb. Gutmann; geboren am 28. Oktober 1940). Sie war die Tochter der ehemaligen Oberbürgermeisterin von Schwerin Johanna Blecha(geb. Kutzerra, geschiedene Gutmann). Ihr Stiefvater Kurt Blecha war Leiter des Presseamtes des DDR-Ministerrats. Beruflich war sie als Diplomfinanzwirtschaftlerin ebenfalls im Bereich KoKo als Leiterin der Arbeitsgruppe Spezialimporte, insbesondere Sonderversorgung Politbürosiedlung Wandlitz, tätig. Sie hatte den Rang eines Obersten des MfS (OibE).
Alexander Schalk-Golodkowski war eine Figur der „Entspannungspolitik“. Es gab keine klaren Fronten mehr. Aus ökonomischen Gründen diente man sich dem Erzfeind an. Ausgerechnet der größte Antikommunist Franz-Josef Strauß und andere konservative bayrischen Politiker wurden nun Handelspartner. Ob das wirklich in vollem Umfang notwendig war, mögen ehrliche Experten beantworten. Ich (P.R.) sehe das als die langsame Aufweichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung der DDR bis hin zur Beseitigung des ganzen Staates. P.R.
Die Staatsbank der DDR wurde zum 1. Januar 1968 als direkte Nachfolgerin der Deutschen Notenbank gegründet. Sie war als Organ des Ministerrates die Zentral- und Emissionsbank der DDR mit Geschäftsbetrieb.
Die gesetzliche Grundlage bildete das Gesetz über die Staatsbank der DDR vom 1. Dezember 1967. Wie ihre Vorgängerin verwirklichte die Staatsbank ihre Aufgaben abhängig von staatlichen Vorgaben, „in Durchführung der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, der Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates und der Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates“. Parallel zu Gründung wurde die Bezeichnung der Währung der DDR in „Mark der Deutschen Demokratischen Republik“ geändert.
Zum 1. Juli 1974 übernahm die Staatsbank die Aufgaben derIndustrie- und Handelsbank. Damit wurde der Ausbau des Geschäftsbetriebes zum Zwecke der Finanzierung (Kontenführung) und Finanzkontrolle aller Wirtschaftsbereiche und des Handels mit Ausnahme der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft erforderlich. Aufgaben des Bereiches Wertpapier- undDepotgeschäfteund Reisezahlungsverkehr kamen ebenfalls hinzu.[2]
Ehemaliger Sitz der Staatsbank der DDR in der Fanzösischen Straße in Berlin-Mitte
Bereits im ersten Gesetz der Staatsbank vom 1. Dezember 1967 war im § 2 festgelegt, dass die Staatsbank das Organ des Ministerrates für die Verwirklichung der von der Partei- und Staatsführung beschlossenen Kreditpolitik ist. Im folgenden Gesetz vom 19. Dezember 1974 wurde dann noch zusätzlich festgeschrieben, dass der Präsident der Bank zugleich dem Ministerrat angehört.[12]
Die Staatsbank der DDR war Mitglied bei der Internationalen Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) mit Sitz in Moskau. Deren Zahlungsmittel waren Transferrubel und Goldreserven.
Aufgaben:
Der Staatsbank der DDR oblag die Ausgabe von Geldzeichen (Münzen, Banknoten, einschließlich der Sonder- und Gedenkmünzen) der Währung der DDR als gesetzliche Zahlungsmittel. Die Staatsbank hatte dabei das alleinige Recht der Ausgabe von Geldzeichen der DDR. Der Präsident der Staatsbank regelte außerdem die Ersatzleistung für beschädigte Geldzeichen.
Durch Beschlüsse des Ministerrates war die Staatsbank berechtigt Wertpapiere auszugeben.
Staatsbank der DDR – Geldsack mit Siegelzange -Siegelabdruck Stb und individuelle Nummer der Zange
Ab 1978 übernahm die Staatsbank die Ausgabe von Reiseschecks, die noch bis 1977 von der Deutschen Außenhandelsbank (DABA) emittiert worden sind.[8]
Die Zuständigkeit für den Zahlungsverkehr und die Kontrolle des Geldumlaufes innerhalb der DDR, sowie der Zahlungsverkehr ins Ausland.
Sie verwaltete, kaufte und verkaufte Wertpapiere, Edelmetalle u. ä.
Die Staatsbank war für die Kontoführung der staatlichen Einrichtungen und der Volkseigenen Betriebe verantwortlich. Ferner wickelte die Staatsbank die Sorten- und Devisengeschäfte für Bürger, Institutionen und Betriebe ab.[9]
Zu ihren internen Aufgaben gehörte die Vergabe von Krediten an Betriebe und Institutionen. Dazu bestand in jedem der 15 Bezirke der DDR mindestens eine Hauptfiliale neben den zahlreichen Kreisfilialen. Als problematisch erwies sich nach 1990, dass das Wohnungsbauprogramm der DDR über Kredite der Staatsbank finanziert wurde (sogenannte Nominalkredite, die nicht durch Zins und Tilgung bedient werden mussten und bilanziell durch Staatsgarantien besichert waren) durch die Währungsunion zu Realkrediten wurden und nunmehr mit Zins und Tilgung bedient werden mussten: Ein Fakt, der zu DDR-Zeiten schon deshalb nicht möglich war, waren (politisch) die Wohnungsmieten auf dem Stand von 1935 eingefroren worden und ermöglichten per se keine reale Kreditverzinsung.
Bürger der DDR, die im Besitz von DM-Sorten (oder auch anderen freikonvertierbaren, westlichen Währungen, in der DDR im Allgemeinen als „Valuta“ bezeichnet) waren, konnten bei der Staatsbank der DDR ein „Valuta-Anrechtskonto“ einrichten. Dieses Konto wurde mit 2,5 % p. a. verzinst und es war gebührenfrei. Ab 1990 gab es auch eine Variante mit einjähriger Kündigungsfrist (Verzinsung 4,0 % p. a.). Die Konten wurden bis Ende 1989 grundsätzlich in DDR-Mark geführt. Verfügungen waren grundsätzlich nur in Form von Forumschecks (siehe Intershop) und Mark der DDR möglich. Für genehmigte Reisen in das westliche Ausland konnten jedoch 15,00 DM (bzw. Gegenwert in anderen westlichen Währungen) pro Tag bar verfügt werden. Ferner waren Bestellungen für Waren über den GENEX Geschenkedienst GmbH möglich. Dafür wurde der GENEX-Katalog gegen Nachweis kurzfristig ausgeliehen. Auf diese Weise war es möglich, dass diese Devisen der DDR-Bürger praktisch unbegrenzt dem Staat zur Verfügung standen. Ab 1. Juli 1990 wurden die Konten ohne die vorstehend genannten Beschränkungen in Deutsche Mark geführt (siehe auch Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion).
Umtauschbescheinigung der Staatsbank der DDR Berlin Bhf Friedrichstraße 20 DM in 20 M der DDR-1987
Bürger der BRD konnten in den Filialen der Staatsbank sogenannte Devisenausländerkonten führen. Diese Konten wurden in Mark der DDR geführt und ab einem Guthaben von 3.000 Mark der DDR mit 1 Prozent per anno verzinst. Der Kunde bekam die Kontoauszüge überwiegend per Briefpost zugestellt. Es gab dabei zwei Arten von Konten. Devisenausländerkonten A wurden für Zahlungen von Arbeitseinkommen, Stipendien, Taschen- oder Tagegelder aber auch für Gelder aus nicht genutztem Mindestumtausch eingerichtet. Über diese Guthaben konnte in der DDR frei verfügt werden. Devisenausländerkonten B wurden für alle übrigen Zahlungen eingerichtet. Über solche Guthaben konnte anfangs in der DDR nur beschränkt verfügt werden. Mit der Vereinbarung über den Transfer aus Guthaben in bestimmten Fällen vom 25. April 1974 zwischen den Finanzministern der BRD und der DDR (BGBL. II 621) konnten Bürgerinnen und Bürger der BRD und Westberlins, deren Einkünfte vorwiegend aus Bezügen aus einer Altersversorgung, aus Gründen der Invalidität oder aus Sozialhilfe bestanden, aus dem Guthaben auf ihrem Devisenausländerkonto monatlich 200 Mark oder vierteljährlich 600 Mark der DDR transferieren. Die transferierten Beträge wurden dem Kontoinhaber im Verhältnis 1:1 in D-Mark gutgeschrieben. Die Guthaben eines Devisenausländerkontos waren vererbbar.[10][11]
Während und nach der Konterrevolution
Die Staatsbank Berlin wurde per Gesetz der DDR-Volkskammer vom 29. Juni 1990 und Gültigkeit ab 1. Juli 1990 zum Rechtsnachfolger der Staatsbank der DDR. Sie trat ab dem 30. Juni 1990 in die bestehenden Verträge der Staatsbank der DDR gegenüber Dritten ein.[1]
Nach der Annexion der DDR wurde die Bank von der Treuhandanstalt abgewickelt und Teile von anderen Banken übernommen.
Am 19. März 1990, vor der Annexion, gründeten Staatsbank und Deutsche Bank das Tochterunternehmen Deutsche Kreditbank, die erste private Bank der DDR. Die Deutsche Bank hielt 49 % der Anteile an dem neu gegründeten Unternehmen. Die Staatsbank brachte 100 Filialen aus ihrem bestehenden Geschäft ein.[3]
Zum 1. Juli 1990 trat der Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 zwischen DDR und BRD in Kraft. In diesem wurde eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vereinbart. Die DDR-Bürger konnten einen Teil ihres in Mark der DDR gehaltenen Bankguthabens 1:1 und einen Teil 2:1 in D-Mark umtauschen.
Ab dem Inkrafttreten der Währungsunion hatte die Deutsche Bundesbank die Notenbankfunktion auch in der DDR; die Staatsbank Berlin erledigte Abwicklungsaufgaben.[4][5] Die Eigenmittel der Staatsbank der DDR betrugen zum 30. Juni 1990 1.866 Mio. M/DDR, davon 250 Mio. M/DDR Kapital und 1.616 Mio. M/DDR Reservefonds.[6]
Die Treuhandanstalt verkaufte die verbliebenen Filialen der Staatsbank nebst Immobilien an westdeutsche Banken. Vermögen und Geschäfte der Staatsbank Berlin selbst gingen 1994 auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau über.[7]