Die sozialistische Landwirtschaft der DDR

Hohe Leistungen zur Produktion von Nahrungsmitteln und Rohstoffen

Hohe Erträge der Landwirtschaft der DDR

Die sozialistische Landwirtschaft der DDR nahm in der Volkswirtschaft einen bedeutenden Platz ein. Die Produktionsgenossenschaften der Bauern und Gärtner sowie die volkseignen Güter hatten die Aufgabe, die Bevölkerung stabil mit Nahrungsmitteln zu versorgen und die Industrie mit Rohstoffen aus eigenem Aufkommen zu beliefern.

Getreideernte mit Mähdreschern
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Fast alle Nahrungsmittel für die Bevölkerung der DDR kamen aus der eigenen Landwirtschaft. Der Bedarf an Grundnahrungsmitteln wie Frischmilch, Fleisch, Eiern und Butter wurde vollständig aus der eigenen Produktion gedeckt.

Die Landwirtschaft stellte viele Rohstoffe für die Industrie bereit, so für die Textil- und Lederindustrie, aber auch für die chemische Industrie.

Mehr als die Hälfte aller Rohstoffe, die in der DDR gewonnen wurden, kamen aus der Land- und Forstwirtschaft. Dafür nur ein Beispiel, was das Schwein neben Fleisch und Wurst allein an Rohstoffen liefert:

Aus der Haut dieses Tieres wird Oberleder für mehrere Paar Sportschuhe oder für einen Schulranzen und einen Fußball gewonnen. Die Borsten werden zur Herstellung von Bürsten und Pinseln benötigt. Aus den Knochen werden Seife, Leim und Gelatine hergestellt. Gelatine braucht sowohl die Film- als auch die Nahrungsmittelgüterindustrie- unter anderem für die beliebten Kaugummis. (Allerdings war der Kaugummi aus DDR-Produktion unbeliebt. Gummibärchen, die auch aus Gelatine hergestellt werden, waren in der DDR Mangelware. Diese Ware wurde als No-Name-Produkt in den Westen exportiert. Der offizielle Name dieser Süßware lautete „Gelatine-Elastik-Zuckerwaren“ P.R.) siehe Google

Die Därme des Schweines, etwa 22 Meter, dienen als Hülle für die Wurst. Das Blut- es enthält hochwertige Eiweißstoffe- wird getrocknet und im Mischfutter der Tierernährung zugeführt. Aus der Bauchspeicheldrüse wird Insulin gewonnen, ein Medikament, ohne das viele zuckerkranke Menschen nicht leben könnten. Schließlich wird aus den Klauen ein harzfreies und sehr hitzebeständiges Öl gewonnen, das in der pharmazeutischen Industrie sowie in der Feinmechanik sehr gefragt ist.

(Ein Land muss sich selbst ernähren können. Das wird heute nicht mehr beachtet. Auch die hier erwähnten tierischen Stoffe werden heute durch Kunststoff ersetzt oder aus dem Ausland importiert. Arzneimittel, so das hier erwähnte Insulin, wird heute im Ausland hergestellt. Das rächt sich nun, denn nun haben wir auch im Kapitalismus Mangel, denn mit den Lieferungen aus dem Ausland klappt es nicht optimal. Allerdings hatte die DDR ihre Qualitätsprodukte exportiert, die für die eigene Bevölkerung fehlten. Das führte zu Unzufriedenheit. P.R.)

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Ähnlich viele Rohstoffe liefern uns auch die anderen Nutztiere und zahlreiche pflanzliche Produkte.

Die Leistungen der DDR-Landwirtschaft drückten sich vor allem in steigender Pflanzen- und Tierproduktion für die Ernährung der Bevölkerung (und den Export P.R.) aus.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion war umso höher zu bewerten, wenn man berücksichtigt, dass die Anzahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft abnahm- und zwar um zwei Drittel im Vergleich zu 1952, der Zeit vor Beginn der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft.

Die Leistungssteigerung wurde durch eine höhere Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft erzielt. Viele Werktätige (arbeitende Menschen P.R.) wurden dadurch für die Arbeit in anderen wichtigen Volkswirtschaftszweigen frei.

Tag für Tag wurden zur Versorgung der Bevölkerung der DDR rund 230 000 dt Milch, 13 Millionen Eier und 65 000 dt Fleisch benötigt. Würde man diese Fleischmenge auf lebende und hintereinander aufgestellte Schweine beziehen, ergäbe das eine 100 Kilometer lange Reihe – tagtäglich!

Der Boden ist das wichtigste Produktionsmittel der Landwirtschaft. Er ist nicht vermehrbar. Somit kann der Anbau von Getreide, Kartoffeln oder Futterkulturen, zugleich auch Grundlage für die tierische Produktion, nicht beliebig ausgedehnt werden. Wenn wir beispielsweise mehr Getreide oder mehr Kartoffeln benötigen, müssen wir das hauptsächlich über Erträge erreichen.

In der DDR standen je Einwohner/innen nicht mehr also 0,37 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche für die Produktion von Nahrungsgütern und Futtermitteln zur Verfügung. Das ist eine Fläche von nur 50 mal 70 Metern, die Hälfte eines Fußballfeldes.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Deshalb kam es darauf an, jeden Quadratmeter landwirtschaftlichen Bodens, auch in den Gärten, so gut wie möglich zu nutzen und stets die höchstmöglichen Erträge zu erzielen.

Die wachsenden Aufgaben in der Landwirtschaft der DDR waren nur zu erfüllen, wenn mit allen vorhandenen Produktionsmitteln pfleglich umgegangen wurde, wenn alle Reserven genutzt wurden. Sehr wichtig war es, überall wissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden und die Landtechnik so vorteilhaft wie möglich einzusetzen, zu pflegen und zu warten. Die zahlreichen Traktoren, Mähdrescher, Kartoffel- und Rübenkombines erforderten nicht nur während der Ernte Umsicht bei der Arbeit mit ihnen, sondern das ganze Jahr über Ordnung, Sauberkeit und Pflege.

Vorbereitung des Bodens zur Frühjahrsbestellung
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987
Wer heute in unserer Landwirtschaft einen leistungsfähigen Traktor fährt, muss auch alle zur Produktion von Getreide, Hackfrüchten und Futter erforderlichen Arbeiten mit Großmaschinen ausführen können.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft der DDR wurde immer mehr von der Anwendung neuer Technologien beeinflusst. (damaliger Stand P.R.) Dazu zählen vor allem Mikroelektronik, moderne Rechentechnik und Biotechnologie. Mit der Mikroelektronik wird die Steuerung der Landtechnik verbessert, durch die Nutzung moderner Rechentechnik wird erreicht, dass die Pflanzen und Tiere stets die genau erforderliche Nährstoffmenge erhalten. Biotechnologische Verfahren helfen, hochleistungsfähige Pflanzen und Tiere schneller zu vermehren, die Futterversorgung zu verbessern, Abfälle zu verwerten und neue Produkte zu erzeugen.

Gebildete Bauern

Die wachsenden Aufgaben der sozialistischen Landwirtschaft konnten nur von qualifizierten Bauern erfüllt werden. Neben gründlichen Kenntnissen über den Boden und die Pflanzen und Tiere verlangte die Bedienung und Wartung der umfangreichen Technik, der modernen Maschinen und Geräte in der Feld- und Viehwirtschaft, die Arbeit in der auf damaligem Stand entwickelten Landwirtschaft überhaupt von den Genossenschaftsbauern und Arbeitern in der Landwirtschaft umfassende Bildung und hohe Fähigkeiten. Mitte der 1980er Jahre verfügten 90,5 Prozent aller in der sozialistischen Landwirtschaft tätigen Genossenschaftsbauern und Arbeiter über eine abgeschlossene Berufsausbildung.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Viele Genossenschaftsbauern, die in der Pflanzenproduktion tätig waren, hatten sich zu Agrotechnikern/Mechanisatoren qualifiziert. Sie waren in der Lage, alle damaligen Landmaschinen zu bedienen, die zu pflegen, zu warten und auch zu reparieren.

Die Tierproduktion erforderte ebenfalls hohes Fachwissen der Bauern, um erfolgreiche Aufzucht und Mast betreiben sowie die Technik in den Ställen gut bedienen und vorschriftsmäßig warten zu können.

Die Arbeit in den Ställen erfordert von den Genossenschaftsbauern gute Kenntnisse über die Tiere und das Beherrschen verschiedener Arbeitsgebiete und der einzusetzenden Technik.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Früher musste jede Kuh mühsam mit den Händen gemolken werden. Heute werden Kühe mit Melkmaschinen gemolken. Auch zur Zeit der DDR wurden die Kühe in vielen Ställen und auf den Weiden mit Melkmaschinen gemolken.

Für das Füttern und für das Entmisten standen zunehmend Stallarbeitsmaschinen zur Verfügung. Die Fütterung selbst verlangte von den Bauern umfassende Kenntnisse über den Energiegehalt des Futters, damit sie die Futterrationen entsprechend der Haltung der Tiere genau berechnen konnten. Schon damals wurden hierfür zunehmend Computer eingesetzt.

Teil der Schweinemastanlage Langenwitzendorf, Bezirk Gera. In jedem Stallteil sind 1250 Tiere untergebracht. Sie werden von nur zwei bis drei Genossenschaftsbauern betreut.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

(Damals galt die Massentierhaltung als Fortschritt. Heute steht sie in der Kritik. Mit einem Bilderbuchbauernhof kriegt man kein Volk satt. Es muss die Balance gefunden werden zwischen dem Tierwohl und der Massenproduktion. P.R.)

Die Jugend spielte in der sozialistischen Landwirtschaft der DDR eine wichtige Rolle. Jugendliche bedienten an der Seiter älterer LPG-Bauern teure Landmaschinen und betreuten wertvolle Tierbestände. Auch in den LPG und VEG arbeiteten zahlreiche Jugendbrigaden.

Die Jugendlichen hatten in der sozialistischen Landwirtschaft die Möglichkeit, entsprechend ihren beruflichen Neigungen zu arbeiten.

In den Dörfern wurde alles getan, um die Arbeits- und Lebensbedingungen weiter zu verbessern und ein interessantes kulturelles und sportliches Leben zu entwickeln.

Im Mittelpunkt der Anstrengungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen auf dem Lande stand der Wohnungsbau, die Modernisierung und der Um- und Ausbau von Wohnungen.

Bei der Entwicklung der sozialistischen Landwirtschaft der DDR unterstützte die Sowjetunion von Anfang an, unter anderem durch die Lieferung leistungsfähiger Landmaschinen. So kamen beispielsweise die ersten Mähdrescher S 4, mit denen die Bauern das Getreide schnell und verlustarm ernten konnten, aus der Sowjetunion. Das war seinerzeit eine große Sensation in den Dörfern, und oft standen viele interessierte Bauern am Feldrand. Denn bis dahin waren für die Getreideernte mehrere Arbeitsgänge nötig, verbunden mit viel schwerer Handarbeit.

Später stellte die DDR selbst leistungsfähige Mähdrescher und andere landwirtschaftliche Maschinen und Geräte her, die sich auf den Feldern der DDR, in den sozialistischen Bruderländern und auch in anderen Ländern bewährten.

Im VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen Neustadt (Sachsen) wird moderne Landtechnik für unsere Republik und für den Export in sozialistische und kapitalistische Länder produziert. Unser Bild zeigt den Ausstellungsgegenstand des Fortschritt-Kombinats auf der Leipziger Messe.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Seinerzeit kam es darauf an, dass die Industrie für die Landwirtschaft planmäßig neue Landtechnik entwickelte und bereitstellte. Außerdem musste sie genügend Ersatzteile produzieren und lagern, damit alle vorhandenen Landmaschinen und Anlagen stets einsatzfähig waren.

Die Zusammenarbeit der sozialistischen Länder diente auch der Stärkung der Landwirtschaft der DDR. Das reichte von entwickelter Landtechnik sowie Pflanzenschutzmitteln bis zur Zusammenarbeit in der Züchtung. So gehörten z.B. gemeinsam mit der UdSSR, der VR Polen, der CSSR und der VR Bulgarien gezüchtete Pflanzensorten mit zu den ertragreichsten in der Landwirtschaft der DDR.

Im Institut für Getreideforschung Bernburg-Hadmersleben wurde unter anderem die neue Winterweizensorte „Arkos“ gezüchtet, die hohe Erträge bringt und weitere gute Eigenschaften aufweist.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Der Weg zur Klasse der Genossenschaftsbauern

Bereits unmittelbar nach der demokratischen Bodenreform entstanden erste Formen der gegenseitigen Hilfe und der Gemeinschaftsarbeit zwischen den werktätigen Einzelbauern. Die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB), die schon 1946 als demokratische Massenorganisation der werktätigen Bauern und Gärtner gegründet wurde, organisierte die Gespannhilfe, Bestell-, Ernte- und Druschgemeinschaften und den Viehaustausch, Die Bauern aus den Südbezirken Sachsens und Thüringens, wo die Viehbestände nicht so sehr unter den Einwirkungen des Krieges gelitten hatten, stellten ihren Berufskollegen im Norden Jungvieh, Kühe und Ochsen zur Verfügung. Kühe und Ochsen dienten gleichzeitig oft als Zugkräfte, weil es zu wenig Pferde und so gut wie keine Traktoren gab. Die VdgB hatte die Aufgabe, die Landwirtschaftsbetriebe mit Produktionsmitteln zu versorgen. Später leistete sie aktive Mitarbeit bei der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft.

VdgB-Logo
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Schon damals keimte unter den Bauern, bewirkt durch die gegenseitige Hilfe, ein neues Gemeinschaftsgefühl, das später wesentlich zu ihrem genossenschaftlichen Zusammenschluss beitrug.

In aufopferungsvoller Arbeit beseitigten die Bauern in kurzer Zeit, stets von der Arbeiterklasse unterstützt, die Kriegsschäden und steigerten beständig die landwirtschaftliche Produktion.

Ab Frühjahr 1949 erfolgte auf Initiative der SED der Aufbau staatlicher Maschinenausleihstationen (MAS). Die Landmaschinen, die die Arbeiter für die Landwirtschaft produzierten, kamen in die MAS, sie blieben staatliches Eigentum. Die Arbeiter der MAS bestellten mit diesen Maschinen und Traktoren die Felder der Bauern gegen geringe Gebühren.

Auch die ersten 1 000 Traktoren und 540 Lastkraftwagen, welche die Sowjetunion schon 1949 lieferte, erhielten die MAS. Mit Beginn der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft wurden die MAS zu Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) umgebildet.

Die meisten Geräte und Landmaschinen der neugegründeten MAS waren veraltet und reparaturbedürftig. Es mangelte an allem: ES gab kaum Fachkräfte. Damals haben die Arbeiter und Bauern gelernt, mit wenig Material zu produzieren und die Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten zu sichern. Die Werktätigen mussten damals viele Schwierigkeiten meistern. Ein Beispiel dafür ist der Folgende Bericht des Genossen Hentzschel.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Der Auftrag für den Genossen Hentzschel

„Im September 1949 erhielt ich von der Partei den Auftrag, im Bereich Leisnig-Polkenberg, Kreis Döbeln, eine MAS aufzubauen.                                                                                                                             Buchstäblich aus dem Nichts haben wir begonnen. Sieben veraltete, fast schrottreife Traktoren, ein paar alte Druschkästen, einige verrostete Anhängegräte wie Eggen, Düngerstreuer, Drillmaschinen, die ich für die MAS sicherstellte, waren der Grundstock unseres Maschinenparks! Die MAS bauten wir dort auf, wo früher die Ziegelei stand. Wir rissen den alten Ringofen und den Trockenschuppen ein und gewannen so das damals kostbare Baumaterial.                                                                                                                         An vielen Wochenenden halfen uns jeweils bis zu 100 FDJ-Mitglieder aus Leisniger Betrieben.               Das war eine große Hilfe der Arbeiterklasse für uns.                                                                                       Wir holten uns weiteres Baumaterial aus den zerbombten Städten herbei. Manches Handwerkszeug, z.B. die Einrichtungen für das Schmiedefeuer, haben unsere Arbeiter aus altem Abbruchmaterial in fleißiger Arbeit damals selbst angefertigt. So entstanden neben der Reparaturwerkstatt für die Maschinen auch eine Stellmacherei, eine Schlosserei und andere Werkstätten, ohne die eine MAS natürlich nicht auskam.         Ende 1950 begannen wir dann auch mit dem Bau eines Kulturhauses in einer MAS des Kreises: Kultur aufs Land! Lautete damals die Losung unserer Partei.“

Von der Einzelbauernwirtschaft zur LPG

Schon sechs Jahre nach Kriegsende erreichten die werktätigen Bauern mit Hilfe der Arbeiterklasse die Vorkriegsergebnisse auf den Feldern und in den Ställen. Für die weitere Leistungssteigerung in der Landwirtschaft wurde die Wirtschaftsweise der Einzelbauern zum Hemmnis. Wie sollte in Einzelbauer die immer moderner werdenden Landmaschinen, Traktoren usw., die die Arbeiter in der Industrie produzierten, aus seinen kleinen Ackerflächen rationell einsetzen? Wie sollte er seine Arbeit im Stall mechanisieren, zum Beispiel für wenige Kühe Melkanlagen nutzen?

Der Einzelbauer musste vom frühen Morgen bis in den späten Abend hart arbeiten. Für ihn gab es keinen Urlaub, keine Reise, keine Theaterbesuche. Er fand kaum Zeit zum Lesen. Das war sein Leben.

Die fortschrittlichen Einzelbauern erkannten, dass sie ihre Arbeits- und Lebensbedingungen nur verbessern konnten, wenn sie gemeinsam ihre bisherige Arbeitsweise und ihr Leben auf dem Dorf grundlegend veränderten. Es war notwendig, die zersplitterte und rückständige Einzelbauernwirtschaft zu überwinden und sozialistische Produktionsgenossenschaften zu schaffen.

Dies war auch für die gesamte Entwicklung in der DDR erforderlich, denn Anfang der 1950er Jahre entwickelte sich bereits eine leistungsfähige sozialistische Industrie. Aber eine moderne Industrie und eine altväterliche Landwirtschaft vertragen sich nicht miteinander, es hätte sich nachteilig für die gesamte Gesellschaft ausgewirkt.

Ab 1952 wurde in der DDR eine sozialistische Landwirtschaft geschaffen, wurden landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) gegründet. Dadurch entstand in der Landwirtschaft der DDR genossenschaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln.

Die SED führte die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft in der DDR zielstrebig. Das Jahr 1960 war der Höhepunkt in der Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Im Frühjahr 1960 hatten sich alle Bauern der DDR in Genossenschaften zusammengeschlossen.

Die Propaganda in der alten BRD und erst recht in der heutigen Zeit, behauptet, dass es in der DDR die Zwangskollektivierung gab. Nun ja, die heutige Generation soll ja nicht von dem Fleiß und der Beharrlichkeit in den ersten Jahren der DDR erfahren. P.R.)

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Die Vorteile der LPG gegenüber der Einzelbauernwirtschaft

  • Arbeitsteilung entsprechend den Fähigkeiten der Bauern unter Berücksichtigung ihrer Interessen.
  • Maschinen können in größeren sozialistischen Landwirtschaftsbetrieben rationell eingesetzt werden. Arbeits- und Lebensbedingungen im Dorf verbesserten sich.
  • Größere Felder und Ställe, dadurch rationellere Arbeit, niedrigere Produktionskosten je Erzeugniseinheit.
  • Hoher Qualifizierungstand, dadurch breite und schnelle Anwendung der modernen Wissenschaft und Technik.
  • Sozialistisches Denken und Verhalten entwickeln sich. Wachsende geistige, soziale und kulturelle Bedürfnisse werden immer besser befriedigt.

Die Arbeiter der MTS und VEG unterstützten mit ihren Maschinen und Traktoren, mit Saat- und Pflanzgut sowie mit Zucht- und Nutzvieh. Sie halfen den Bauern, die genossenschaftliche Arbeit zu organisieren. Die MTS und VEG waren die Stützpunkte der Arbeiterklasse auf dem Lande. Sie förderten das politische und kulturelle Leben in den Dörfern, schufen zum Beispiel Kulturhäuser. In die MTS kamen immer mehr ausgebildete Fachleute, zum Beispiel Agronomen und Zootechniker. Sie vermittelten den Genossenschaftsbauern neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, halfen ihnen, die LPG zu leiten und die Erträge in der Feld- und Viehwirtschaft rasch zu steigern.

Tag der Bereitschaft in einer MAS zur Vorbereitung der Ernte 1951
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Viele klassenbewusste Industriearbeiter, vor allem Genossen der SED, gingen in den 1950er und 1960er Jahren in die neugebildeten LPGs, um ihnen zu helfen, die Anfangsschwierigkeiten zu überwinden.

Die neue Klasse der Genossenschaftsbauern

Die genossenschaftliche Arbeit verlangte von den ehemaligen Einzelbauern eine völlig neue Arbeitsweise und ein Denken für die Genossenschaft. Als Einzelbauer hatte jeder für sich allein gewirtschaftet, nur mit seinen eigenen Sorgen zu tun gehabt, nur an sich und seine Einzelwirtschaft denken müssen. Nun verlangte die Arbeit in der Genossenschaft von ihm gemeinschaftliches Handeln und Denken. Die LPG machte einen Bauern jetzt zum Beispiel für einen Stall mit 100 und mehr Kühen verantwortlich. Vorher hatte dieser Bauer vielleicht nur fünf eigene Kühe zu versorgen.

Die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft war den schärfsten Angriffen der Feinde ausgesetzt. Sie organisierten Brandstiftungen. Sie erpressten Bauern, nicht der LPG beizutreten. Oder sie versuchten, die Bauern von guter genossenschaftlicher Arbeit abzuhalten. Sie prophezeiten der DDR-Landwirtschaft „magere Jahre“. Doch alle Einschüchterungsversuche scheiterten.

Nachdem 1960 alle Bauern den Genossenschaften beigetreten waren, mussten die jungen LPGs gefestigt und weiterentwickelt werden. Nun bewirtschafteten die LPGs den größten Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) der DDR.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Durch den Zusammenschluss der Bauern zu Produktionsgenossenschaften wurde auf dem Lande sozialistisches, genossenschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln geschaffen. Dadurch entstand eine neue Klasse, die Klasse der Genossenschaftsbauern.

Das sozialistische Dorf zu späteren DDR-Zeiten

Das sozialistische Dorf zu späteren DDR-Zeiten zeichnete sich durch eine hohe landwirtschaftliche Produktion und durch gute Arbeits- und Lebensbedingungen für die Bewohnerinnen und Bewohner aus. Beides setzte voraus, dass die vorhandenen Produktionsmittel, vor allem der Boden, ordentlich genutzt wurden.

Die wichtigsten Methoden zur Steigerung der Produktion in der Landwirtschaft war die Aus- und Weiterbildung der Werktätigen, die Mechanisierung (siehe entsprechende Tabellen weiter oben), das Düngen und der Pflanzenschutz (Chemisierung) (Das steht heute in der Kritik, weil durch das Gift eher den Menschen, als den Schädlingen geschadet wird. Damals dachte man nicht darüber nach. P.R.), die Be- oder Entwässerung (Melioration), die Züchtung leistungsfähiger Pflanzensorten und Tierrassen sowie die Lagerung und Konservierung der landwirtschaftlichen Produkte.

Das Düngen und den Pflanzenschutz übernahmen zum großen Teil agrochemische Zentren, die dazu spezielle Technik besaßen und im Auftrag der jeweiligen LPG arbeiteten. Dabei galt es, dass die Dünge- und Pflanzenschutzmittel so einzusetzen, dass ein möglichst hoher Ertrag erzielt wurde. Das verbilligt die Produktion und entlastet zugleich die Umwelt von Schadstoffen. (Na, dann hatte man ja doch damals darüber nachgedacht. P.R.)

Alle Mühe brachten jedoch nicht den erwarteten Erfolg, wenn die Kulturen unter Wassermangel oder unter zu viel Nässe leiden. Auf vielen Böden war deshalb die Be- und Entwässerung für den Ertrag sehr wichtig. Bis 1985 konnten 1,1 Millionen Hektar, das sind 18 Prozent der Nutzfläche, bewässert werden, und rund 2,2 Millionen Hektar, etwa 35 Prozent der Nutzfläche, waren bis dahin entwässert.

Beregnungsanlage der LPG Pflanzenproduktion Golzow im Oderbruch
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Der Gemüseanbau erfolgte bereits zu 80 Prozent auf Flächen, die bewässert werden konnten.

Gurkenernte in der LPG Groß Beuchow, Bezirk Cottbus
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Die verschiedenen Methoden zur Steigerung der Produktion in der Landwirtschaft mussten gut aufeinander abgestimmt sein, damit sie voll wirksam werden konnten. Dazu gehörte auch, dass planmäßig Pflanzensorten und Tierrassen gezüchtet wurden, die hohe Erträge brachten und beste Leistungen aufwiesen.

Auf dem Freigelände der agra werden den Besuchern die züchterischen Fortschritte in der Rinder-, Schweine- und Wollproduktion vorgeführt
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Entscheidend aber blieb bei allem, den Boden stets so zu bearbeiten und zu düngen, vor allem auch mit organischen Substanzen (beispielsweise Stalldung), dass seine Fruchtbarkeit ständig erhöht wurde. Die alles war auch deshalb nötig, weil in der landwirtschaftlichen Produktion bestimmte Besonderheiten zu berücksichtigen waren.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Besonderheiten in der landwirtschaftlichen Produktion

  1. Der Boden, das Hauptproduktionsmittel der Landwirtschaft, ist nicht vermehrbar. Man kann ihn also nicht ausdehnen.
  2. Die landwirtschaftliche Produktion hat mit lebenden Organismen zu tun.
  3. Die landwirtschaftliche Produktion ist stark witterungsabhängig und saisonbedingt.

Die dritte Besonderheit hatte zur Folge, dass ein hoher Bestand an Landtechnik vorhanden sein musste. Denn in einer relativ kurzen Zeitspanne wie in der Ernte musste eine sehr hohe Leistung erzielt werden. Danach standen die Maschinen dann zum Teil das ganze Jahr über still. Es ist leider noch keine Maschine erfunden worden, mit der man Getreide ernten, Kartoffeln pflanzen und Dung streuen könnte. (Vielleicht kommt das noch. P.R.)

Die agrochemischen Zentren, die Meliorationsgenossenschaften, die besonders die Be- und Entwässerung betrieben, und die Kreisbetriebe für Landtechnik, die die Landmaschinen instand hielten und reparierten, waren enge Partner der LPGs. Sie arbeiteten kameradschaftlich zusammen.

Kooperation in der Landwirtschaft

Damit die LPGs die Produktion steigern konnten, trafen sie mit anderen LPGs, mit volkseigenen Gütern und anderen Betrieben Vereinbarungen zur Zusammenarbeit (Kooperation). Solche Kooperationsvereinbarungen dienten der Erhöhung der Produktion, der Steigerung der Effektivität und auch der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen. Sie trugen dazu bei, noch bestehende Unterschiede in den Leistungen der LPGs zu überwinden. Die einzelne LPG blieb aber selbstständig.

Genossenschaftsbauern entschieden gemeinsam

Wichtige Entscheidungen in der LPG musste die Mitgliederversammlung der Genossenschaft treffen. Sie wählte den Vorstand und den Vorsitzenden den LPG und bestätigten die Brigadeleiter. Sie beschlossen auch über die Aufnahme oder das Ausscheiden von Mitgliedern und bestätigte den Finanzplan der LPG. Sie entschied ferner darüber, wie die Einkünfte der Genossenschaft verwendet wurden. Die Mitgliederversammlung wählte ebenfalls verschiedene Kommissionen, in denen oft mehr als die Hälfte aller Genossenschaftsmitglieder unmittelbar an der Leitung ihrer LPG beteiligt waren.

Meliorationsarbeiter des VEB Meleorationskombinat Neubrandenburg halten den Zuflauss für die Karpfen- und Forellenbecken in Boek, Kreis Neustrelitz, instand.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987
Getreidesilos in Golzow
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Im sozialistischen Dorf hatten sich durch den Fleiß der Genossenschaftsbauern und die Hilfe der Arbeiterklasse die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bauern wesentlich verbessert. Die Arbeitszeit war regelt. Urlaub, Weiterbildung, Kultur und Sport waren damals Wirklichkeit in den Dörfern.

Die Produktion unter freiem Himmel und mit lebenden Organismen brachte Besonderheiten mit sich. Diesen besonderen Bedingungen der Pflanzen- und Tierproduktion musste auch der Arbeitstag und der Arbeitsrhythmus der Bauern angepasst sein.

Ein Beispiel für das damals neue Leben auf dem Lande war Golzow, ein Dorf im Oderbruch. Golzow hatte ein stattliches Kulturhaus, in dem regelmäßig Tanzabende stattfanden. Es gab Jugend- und Schülerkonzerte sowie Rentnerveranstaltungen. Fast wöchentlich war Disco, Die LPG-Blaskapelle und der Chor der Oberschule waren weit über Golzow hinaus bekannt und beliebt.

Die Blaskapelle der LPG Pflanzenproduktion Golzow vor der Paul-Papke-Oberschule
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Wer sich sportlich betätigen wollte, konnte dies in der BSG tun, die über hundert Mitglieder zählte. Es gab mehrere Fußballmannschaften sowie die Sektionen Tischtennis, Gymnastik, Boxen und Angeln.

Traditionelles Anglerfest der Sektion Angelsport der BSG Golzow
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Nur Schwielen im harten Sattel konnte man sich hier nicht holen wie in 850 anderen Dörfern, wo es auch Reitsportsektionen gab, in denen mehr als 35 000 junge Leute diese beliebte Sportart betrieben.

In Golzow gab es ferner eine Gemeindebibliothek, eine modern eingerichtete Schule sowie eine Arztpraxis.

Schließlich wurden in Golzow die alten Bauernhäuser modernisiert und weit über 100 neue Wohnungen errichtet. Darüber hinaus entstanden zahlreiche schmucke Eigenheime, an die sich kleine Hausgärten anschlossen, in denen Obst und Gemüse gediehen.

Alle Genossenschaftsmitglieder hatten Anspruch auf 0,25 Hektar Land, das sie persönlich nutzen konnten. Sie konnten es auch von der LPG bewirtschaften lassen und erhielten auf Wunsch Getreiden, Kartoffeln oder Futterrüben. Mit diesen Naturalien fütterten sie ihr Vieh; denn die meisten Bauern hatten in ihren Ställen Hühner, Enten, Gänse und Kaninchen; viele hatten auch Schafe, oder sie mästeten ein paar Schweine oder gar Rinder. So konnten auch im Haushalt und im Garten anfallende Abfälle als Viehfutter nützlich verwertet werden. Damit hatten die Genossenschaftsbauern die Möglichkeit, in ihren persönlichen Hauswirtschaften pflanzliche und tierische Produkte zu erzeugen, die sie gut verkaufen konnten.

Wohnhaus eines Werktätigen in Golzow
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Es ließ sich damals im sozialistischen Dorf gut leben. Die Arbeits- und Lebensbedingungen hatten sich gründlich gewandelt, auch wenn noch viel zu tun bleib. In den Jahrzehnten der DDR hatten sich die Dörfer ungleich mehr verändert als zuvor in Jahrhunderten. Die Menschen hatten damals guten Grund, stolz darauf zu sein.

(Damals sagten die Städter in der DDR, dass es den Bauern gut ginge. Die konterrevolutionären Umtriebe kamen aus den Städten her, nicht vom Lande. Heute herrscht auf dem Lande in den neuen Bundesländern vielfach Ödnis. Eine Arztpraxis z.B. sucht man da heute vergebens. Die Leute müssen weit fahren, wenn sie zum Arzt, zur Ärztin müssen. P.R.)

Siehe auch Schwesterblog „Erich Mielke Power Point-Vorträge“ zum Thema Landwirtschaft

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR

Politische Bildung

Politische Bildung ist notwendig. Man kann einwenden, dass sie ein Propagandainstrument ist. Selbstverständlich ist sie das. Jeder Staat will ja seine Vorzüge anpreisen.

Über die Strukturen, den Staats- und Verwaltungsaufbau sollten sich alle Kenntnisse aneignen. Auch wie die Welt funktioniert, sollte erlernt werden. Ist schwierig, weil ja in jedem Staat die eignen Interessen gelehrt werden.

In westlichen Ländern, so z.B. in der BRD richtet sich politische Bildung gegen die sozialistischen Länder, insbesondere gegen die DDR. Das ist auch im Nachgang so geblieben.

Die Bundeszentrale für politische Bildung ist ja letztendlich eine antikommunistische Institution.

Die politische Bildung in der DDR hatte natürlich auch die Vorzüge ihres Landes angepriesen. Allerdings war sie im Grunde ehrlich und man konnte Zusammenhänge erkennen. Aber die Menschen in der DDR nahmen die politische Bildung nicht an. So nahm dann die Geschichte ihren Lauf.

Heute, da wieder die Kriegstrommeln gerührt werden, ist politische Bildung umso wichtiger. Dabei sollte man sich nicht allein an heutige Aussagen halten, sondern auch Rückblicke in die Geschichte vornehmen und gucken, was damals „die andere Seite“ gesagt hatte. Alte Bücher findet man in Antiquariaten. Dieses Wissen gilt es zu nutzen.

Was hat man den Schülerinnen und Schülern der DDR im damaligen Fach Staatsbürgerkunde mitgegeben? DIE TROMMLER hat sich da einige Gedanken gemacht.

Petra Reichel


(Der größte Irrtum des Jahrhunderts. P.R.)
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

„Unsere Epoche ist die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus.

Der Sozialismus hat bereits auf mehreren Kontinenten festen Fuß gefasst.“

Programm der SED, 1976

(Der größte Irrtum des Jahrhunderts. P.R.)

Du und Deine Zeit

Die Erde, wie sie sich dem Betrachter (und der Betrachterin P.R.) aus dem Weltraum zeigt, aufgenommen mit einer Multispektralkamera aus Jena
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse

Das ist sie unsere Erde! Stetig und ruhig bewegt sie sich im Weltall. Schaut auf die herrlichen Farben, in denen sich die Erde dem Betrachter und der Betrachterin aus dem Weltall zeigt! Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen schätzen ihr Alter auf nahezu fünf Millionen Jahre.

Würden wir einen Zeitstrahl bauen und jede Milliarde Jahre einem Meter gleichsetzen, dann wäre der Zeitstrahl fünf Meter lang.

Wer von euch würde auf dieser Länge mit bloßem Auge einen Millimeter erkennen? In der Umrechnung wäre nämlich ein Millimeter mit einer Million Jahre gleichzusetzen. Etwas so alt ist die Menschheit!

Ein Millimeter im Vergleich zu fünf Metern! Aber auch das schärfste Adlerauge würde es nicht schaffen, von diesem Millimeter den Teil zu erfassen, der etwa die letzten siebzig von einer Million Jahre ausmacht. Und dabei waren gerade diese siebzig Jahre so entscheidend für die gesamte Menschheit und die Existenz unserer guten alten Erde. (Es ist die Zeit des Sozialismus gemeint. Auch wenn, von Ausnahmen abgesehen, der Kapitalismus gesiegt hat, so war die damalige Zeit ein Meilenstein der Geschichte der Menschheit. P.R.)

W.I. Lenin auf dem II. Allrussischen Sowjetkongress im Oktober 1917 (W.A. Serow)
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Zu den wichtigsten Daten gehört nämlich der 7. November (nach der alten russischen Rechnung der 25. Oktober) 1917. Damals begannen russische Arbeiter, Bauern und Soldaten den ersten sozialistischen Staat der Welt zu errichten, die spätere Sowjetunion. Was wurde nicht alles in dieser Zeit erreicht! Seitdem gab es den Sozialismus. Die Erfahrungen der Sowjetunion halfen uns (der DDR P.R.), unseren sozialistischen Weg zu gehen. Die Erfolge des Sozialismus strahlten auf viele Länder und politische Bewegungen in der Welt aus. (Womit es in den 1980er Jahren darnieder gegangen ist. P.R.)

Ein Blick auf die drei Karten auf dem Umschlag deines Atlasses (nicht vorhanden P.R.) über die politische Gliederung der der Erde zeigt dir, dass der Sozialismus in der Welt (seinerzeit P.R.) auf vier Kontinenten Fuß gefasst hatte. Zwar unterschiedlich im konkreten Entwicklungsstand, aber gleichzeitig im Ziel, bauten die Menschen in diesen Ländern ihre sozialistische Gesellschaft auf.

Staatsbürger (und Staatsbürgerinnen) der sozialistischen DDR

Auch die Deutsche Demokratische Republik war ein sozialistischer Staat.

Das Staatswappen der DDR zeigte allen, was das Wichtigste an unserem (der DDR) sozialistischen Staat war. Das Wichtigste waren die Arbeiter, Bauern, Angehörigen der Intelligenz, Handwerker und Gewerbetreibenden, waren die die Staatsbürgerinnen und -bürger selber. Nur durch ihre tägliche fleißige Arbeit, ihr geistiges Schöpfertum und ständiges Lernen konnte das Leben für alle immer schöner und reicher werden.

Sozialismus und Imperialismus – zwei Welten
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Die Symbole der gemeinsamen Arbeit der Bürgerinnen und Bürger der DDR sind im Staatswappen enthalten, weil im Sozialismus die Arbeiterklasse und die anderen Werktätigen die macht haben. Dadurch ist im Sozialismus das Fortschrittlichste durchgesetzt worden, was man sich denken kann: Diejenigen, die alle Werte und Reichtümer schaffen, verfügen über sie und können sie auch nutzen.

Das ist der entscheidende Vorzug, Staatsbürger, bzw. Staatsbürgerin im Sozialismus zu sein. Jede Staatsbürgerin, jeder Staatsbürger war pflichtet mit dem Eigentum des ganzen Volkes sorgsam und bedacht umzugehen. (Allerdings wurde das nicht so ernst genommen. Diebstähle von Kleinigkeiten waren an der Tagesordnung. Bei Kleinigkeiten drohte nicht die fristlose Entlassung, wie im Westen, bzw. in der heutigen Zeit. P.R.)

Aber nicht überall in der Welt ist schon Sozialismus. (Von Ausnahmen abgesehen ist 1989/90 der Sozialismus in der Welt beseitigt worden. P.R.)

Noch immer, bzw. wieder erstarkt gibt es den Imperialismus, wo Fabriken und Maschinen, wo Grund und Boden, wo Rohstoffe und Produktionsergebnisse nur wenigen gehören, wo die Menschen nach wie vor ausgebeutet werden und wo die Staatspolitik dazu dient, den Reichtum der Mächtigen zu mehren.

Wenn ihr die Zeitungen aufschlagt, lest ihr auch viele Meldungen aus dem vom Imperialismus beherrschten Teil der Welt. (So empfahl es das Staatsbürgerkundebuch der DDR. Aber die Menschen glaubten das nicht. Sie hielten das für Propaganda.  Nicht mal Besucherinnen und Besuchern aus dem imperialistischen Teil der Welt glaubte man. P.R.) Damals gab es Massenarbeitslosigkeit. Die Geldentwertung gibt es weiterhin in Form von Inflation, ärmere Länder werden nach wie vor benachteiligt, staatliche Mittel zur Unterstützung der Ärmsten werden rigoros gestrichen usw. Man glaubte, dass dies Anzeichen seien, dass der Imperialismus in Schwierigkeiten gerät.

Die aggressivsten führenden Kräfte im Imperialismus-vor allem die USA- wollen die Schwierigkeiten in ihren Ländern auf ihre Weise lösen: Sie streben einen dritten Weltkrieg an. Was bewegt sie zu diesem Wahnsinnsplan? Diese Kräfte erhoffen sich von einem Weltkrieg erst einmal ein Supergeschäft, denn sie könnten den imperialistischen Regierungen riesige Mengen an Waffen verkaufen. Sie würden verdienen, wie sie bisher noch nie verdient haben. Zugleich erhoffen sich diese Imperialisten, in einem neuen Weltkrieg den realen Sozialismus vernichten zu können. (Nun ja, der reale Sozialismus ist ohne Weltkrieg vernichtet worden. Die heutige Propaganda verkauft das als „friedliche Revolution“. Die Gefahr des dritten Weltkrieges ist nun umso mehr präsent. Die NATO ist an die Grenzen Russlands vorgerückt. Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland ist entbrannt. Ebenso gibt es den Brandherd im Nahen Osten. P.R.)

Der Sozialismus hatte bereits in seinen ersten Lebensjahrzehnten das Antlitz der Welt grundlegend verändert. Sein Beispiel strahlte aus. In Afrika, Lateinamerika und Asien, aber auch in Westeuropa und in den USA verstärkten sich die Aktionen diesem Beispiel nachzueifern. (Von Ausnahmen abgesehen, ist es auch damit vorbei. P.R.)

Mit einem dritten Weltkrieg wollen also die aggressivsten Kreise des Imperialismus ihre eigene Herrschaft retten. Dafür sind sie bereit, das Leben von Millionen Menschen- vor allem in Europa- gewissenlos zu vernichten.

Wir erkennen also: Hinter diesem Kriegskurs stehen grundlegende Interessen der aggressivsten imperialistischen Kräfte. Deshalb sagte auch einer von ihnen: „Es gibt Wichtigeres als den Frieden.“

(Das Staatsbürgerkundebuch der DDR nennt den Namen desjenigen nicht, der dies gesagt hatte. Es war der damalige Außenminister der USA Alexander Haig. Es kann darüber spekuliert werden, warum dieser damalige US-Politiker im Schulbauch nicht namentlich genannt wurde. Vielleicht falsche Rücksichtnahme, Angst vor diplomatischen Verwicklungen, was auch immer…P.R.)

Sicherlich ungewollt, hatte er damit die wahren Ziele dieser aggressiven Politik bloßgelegt: Es geht in diesen Kreisen um höchste Gewinne und die Sicherung aller Bedingungen, um auch in Zukunft ihre Herrschaft durchsetzen zu können. Diese Politik wollen die aggressivsten kreise des Imperialismus gegen die Interessen der Völker und damit auch gegen eure Lebensinteressen unbedingt durchsetzen. Diese Kräfte sind unser Feind. Doch wie kann man sie bekämpfen? Diese Frage stellen sich viele Menschen in der Welt.

Vor allem muss der Frieden sicher sein, und der Frieden wird besonders dann gesichert, wenn der Sozialismus ein starkes Bollwerk gegen die aggressivsten Kräfte des Imperialismus bildet, damit er sie hindern kann, ihre Kriegspläne zu wirklichen. (Nun ist das starke Bollwerk weg. Die Gefahr eines dritten Weltkrieges hat sich bedenklich erhöht. P.R.)

Ein starker Sozialismus – ein sicherer Frieden

Ein starker Sozialismus, ein sicherer Frieden- da gab es viele Wege, um das zu erreichen. Wir kämpften mit allen Völkern und vielen durchaus unterschiedlichen politischen Kräften in der Welt dafür, dass wirksame Abrüstungsschritte eingeleitet werden. Vorschläge der sozialistischen Länder-vor allem der UdSSR-gab es mehr als genug. Deshalb war es sehr wichtig, dass die Volksmassen sich konsequent für die Verwirklichung dieser Vorschläge einsetzen. (Nun ja, leider ist das nicht gelungen. P.R.)

Die Staatsbürgerin, der Staatsbürger der DDR konnte und musste durch seine tägliche Arbeit an der Maschine, am Pflug, am Reißbrett, im Labor und auch auf der Schulbank zum starken Sozialismus, zum starken Frieden beitragen. Ebenso gehörte aber auch dazu, den Sozialismus mit der Waffe in der Hand zu schützen und die aggressivsten imperialistischen Kräfte an der Verwirklichung ihrer Kriegspläne zu  hindern.

(Hier kam nun „Schwerter zu Pflugscharen“ und stiftete Verwirrung. Die behaupteten sich für Frieden einzusetzen, doch sie setzen sich gegen die Verteidigung der DDR, bzw. der sozialistischen Länder ein und nicht gegen die Kriegstreiber auf imperialistischer Seite. Vor allem die Jugend ließ sich durch „Schwerter zu Pflugscharen“ in die Irre führen. P.R.)

Die ganze Arbeitskraft wurde gebraucht, um weiter aufzubauen, und die ganze Verteidigungsfähigkeit, um das Erbaute zu schützen. Für eine Staatsbürgerin, einen Staatsbürger der DDR gehörte all das zum Kampf um die Erhaltung des Friedens. Um den Frieden zu sichern, musste sowohl die Arbeitsfähigkeit als auch die Verteidigungsfähigkeit erhöht werden. (Leider war das zu Wenigen bewusst und es wollten auch nur Wenige das wahrhaben. P.R.)

Für uns gibt es nichts Wichtigeres als den Frieden – im Gegensatz zu jenem USA-Politiker. (Alexander Haig P.R.) Darum stärken wir den Sozialismus mit unserer Kraft. (So sollte es sein, wurde aber nur unzureichend umgesetzt. P.R.)

Einige Menschen sagten, der Sozialismus sollte einseitig die Waffen niederlegen und so seine Friedensliebe bekunden. Manche von ihnen meinen, man sollte die Verteidigungskosten sparen und diese Gelder lieber für die weitere Verbesserung des Lebens verwenden.

Überlegen wir: Es gäbe schon genug zu tun, um das Leben weiter zu verbessern. Es wären ja beträchtliche Summen, die für solche Zwecke freigesetzt werden könnten. Man hätte z.B. noch mehr Wohnungen bauen oder mehr Rohstoffe auf den internationalen Märkten kaufen können. Wir gern hätte die DDR das getan! Und wie gern hätte es die DDR getan, wenn sie weiter bestanden hätte und es wirklich möglich gewesen wäre. Das ist ja der ganze Sinn des Sozialismus, alles, was produziert wird, zur Verbesserung des Lebens zu verwenden. Aber es war damals nicht möglich.

Wenn wir unsere anspruchsvollen Ziele in die Tat umsetzen wollen, brauchen wir den Frieden, müssen ihn allseitig sichern.

Im Sozialismus gibt es keinen, der an Hochrüstung und Krieg verdient. Im Gegenteil: Wir (die Bürgerinnen und Bürger der DDR P.R.), die wir die Werte schaffen und denen sie gehören, können weniger von unserem geschaffenen Reichtum verbrauchen, weil wir ebenso wirksame, teure Waffensysteme haben müssen wie die NATO-Armeen. Wir, die wir als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im damaligen Lande die Macht hatten, müssten selber auf die Schlachtfelder und in die Atomregen eines dritten Weltkrieges marschieren. Viele müssten dort ihr Leben lassen.

Um alle Vorzüge des Sozialismus weiterentwickeln und allseitig nutzen zu können, sind wir für den Frieden.

Der Frieden ist für uns deshalb das Wichtigste, weil er die entscheidende Existenzgrundlage für den Sozialismus und jede einzelne und jeden einzelnen von uns darstellt.

Ließen wir einen Moment in unserer Wachsamkeit nach-man braucht nicht lange zu überlegen, um zu wissen, was dann passieren würde. Jene aggressivsten imperialistischen Kreise würden solche „Zeichen von Friedensliebe“ als Ermunterung empfinden, um einen erbarmungslosen Krieg gegen den Sozialismus vom Zaune zu brechen. Das könnte das Ende der Menschheit werden. Deshalb hat jede und jeder von uns eine besondere Verantwortung für den Sozialismus und für den Frieden.

NATO-Manöver in der alten BRD
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Jeder Staatsbürger, jede Staatsbürgerin braucht einen Kompass

Es sind also lebenswichtige Fragen, in denen sich eine Staatsbürgerin, ein Staatsbürger der DDR zu entscheiden hatte und auf die er oder sie Einfluss nehmen konnte. Mit ihrem oder seinem aktiven Einsatz für die allseitige Stärkung des Sozialismus hilft er oder sie, den Frieden sicherer zu machen. Damit sollten alle einen wichtigen Beitrag für die gesamte Menschheit leisten.

(Nun ja, wir wissen, dass die Bürgerinnen und Bürger der DDR sich 1989 mehrheitlich für einen anderen Weg entschieden hatten. Jetzt steht die Welt wieder am Rande des III. Weltkrieges. P.R.)

Galt das alles auch schon für Zwölf- und Dreizehnjährige? Im Gespräch sagte einmal ein Jugendlicher, bzw. eine Jugendliche: „Ich interessiere mich nicht für Politik!“ Andere pflichteten ihm, bzw. ihr bei, viele widersprachen, einige versuchten auszugleichen.

„Warum interessierst du dich nicht für Politik?“ wurde gefragt.

Die Antwort war irgendwie logisch: „Warum interessierst du dich nicht für Bäume und Pflanzen?“

Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft „Junge Naturforscher und -forscherinnen“
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Alles lachte. Jede und jede wusste, dass der oder die andere gerade noch einen Tannenbaum von einem Rosenstrauch unterscheiden konnte. Und – er oder sie wurde auch unsicher. „Ist da nicht irgendwo ein Unterschied?“ fragte er oder sie noch. „Ob ich mich für Politik interessiere oder für Pflanzen?“

Denkt mal darüber nach! Natürlich ist es nicht gut, wenn einer oder eine keine Ahnung von der Botanik hat. Aber ist das damit zu vergleichen, wenn einer oder eine absolut uninteressiert und unwissend in politischen Fragen ist? Kann man das überhaupt miteinander vergleichen? Politik – das ist schon ein gewichtiges Wort. Es klingt nach Erwachsen- und Wichtigsein. Woran denkt ihr eigentlich zuerst, wenn ihr das Wort hört? Bestimmt an Staatsmänner und -frauen, an deren Begegnungen auf höchster internationaler Ebene, an große Beratungen und Parteitage, an Gesetze und Festveranstaltungen.

Auf der Kampfdemonstration am 1. Mai 1986 in Berlin bekräftigte die Jugend unseres Landes ihre Bereitschaft, nach besten Kräften zur Stärkung der DDR beizutragen.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

(Ich denke, dass es nicht die Jugend der DDR, sondern nur ein Teil der Jugend der DDR war, die willens war „…nach besten Kräften zur Stärkung der DDR beizutragen.“ P.R.)

Der Generalsekretär des ZK der KPdSU, Michail Gorbatschow, leitete die Delegation der KPdSU zum XI. Parteitag der SED im April 1986. Er wurde vom Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates, Erich Honecker, herzlich verabschiedet.
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

(Gorbatschow war der größte Verräter des Jahrhunderts. Sein Coup war einmalig. Er schuf die Voraussetzungen, um den Sozialismus in Osteuropa und der DDR zu beseitigen. Erich Honecker hatte Gorbatschow erst durchschaut, als es zu spät war. P.R.)

Es stimmt, all das hat sehr viel mit Politik zu tun. Aber ist Politik wirklich nur eine Sache der Politiker?

Denkt ihr auch an Politik, wenn ihr am Abendbrottisch sitzt und es euch wieder einmal besonders schmeckt? Wenn ihr euren Eltern eine gute Nacht wünscht und dabei nur meint, keine solle krank werden? Denkt man eigentlich an Politik, wenn man sich auf den nächsten Urlaub freut oder dem entscheidenden Spiel der Lieblingsmannschaft entgegenfiebert? Manche und mancher will es einfach nicht glauben, aber auch das hat mit Politik zu tun. Eine gute Nacht, einen schönen Urlaub und ein begeisterndes Sportereignis kann man nur haben, wenn Frieden herrscht. Und das ist doch ganz klar Politik; dafür sollte man sich schon interessieren.

„Dafür“, so sagte unsere Gesprächspartnerin/unser Gesprächspartner nachdenklich, „interessiere ich mich selbstverständlich. Nur – man kann ja doch nichts beeinflussen.“

Jeder und jede von Euch wird zugeben, es gibt leichtere Fragen. Kann man mit dreizehn Jahren etwas dazu tun, dass Frieden bleibt, oder nicht? Kann man überhaupt Einfluss auf die Politik nehmen? Haben jene Erwachsenen nicht recht, die sagen, Kinder verstehen noch nichts von Politik, lasst sie doch deshalb damit in Ruhe?

Es ist nicht einfach, sich da zurechtzufinden.                                                                                                     Aber gerade um das Zurechtfinden geht es.                                                                                                    Natürlich wollt ihr spielen, euch erholen, sollt lustig sein, Sport treiben und Freundschaften haben. Natürlich sollt ihr in erster Linie günstige Bedingungen für eure wichtigste Aufgabe haben, fleißig zu lernen. All das geschieht aber nicht im luftleeren Raum, in einer „unpolitischen Sphäre“. Ihr lernt, spielt, treibt Sport in unserem Land (der DDR P.R.), innerhalb der Grenzen unseres Landes (der DDR). Das geschah in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik.

Ihr alle seid (wart P.R.) Bürgerinnen und Bürger dieses Staates, Staatsbürgerinnen und -bürger der Deutschen Demokratischen Republik.

In eurem ganzen bisherigen Leben spielte unser Staat  (die DDR P.R.) eine wichtige Rolle. Die meisten von euch haben früher Kinderkrippen und Kindergärten besucht. Sie wurden und werden vom Staat gebaut, und unser Staat (die DDR P.R.) wendet dafür viel Geld auf. (Das sieht heute anders aus. Heute gibt es zu wenig Kindergartenplätze und an Geld dafür mangelt es ohnehin. P.R.)

Oder betrachtet mal euren Impfausweis! Die meisten von euch verstecken ihn am liebsten ganz hinten in einer Schublade, aber dennoch: Diese vielen -für Eure Eltern kostenlosen, für den Staat sehr teuren – Impfungen haben dafür gesorgt, dass manche schwere Kinderkrankheit in der DDR nicht mehr auftritt!

Viele von euch leben in einer neuen Wohnung. Die Eltern zahlen dafür wenig Miete, das meiste zur Werterhaltung bestreitet der Staat. Aber vielleicht konntet ihr dadurch zu Hause schneller sparen und manchen Wunsch eher erfüllen?

Wusstet ihr, dass unser Staat (die DDR P.R.) für Bildung und Erholung einen sehr großen Teil seiner Geldmittel aufwendet? (Nun ja, damit sieht es heute düster aus. Schade, dass viele damals die DDR nicht als „unseren Staat“ gesehen haben. Die Aufwendungen für die oben genannte Dinge nahm man als selbstverständlich. Erst als es zu spät war, ist das vielen bewusst geworden und erst dann haben sie gemerkt, was sie verloren haben. P.R.)

So wie hier erholen sich jährlich in den Ferien etwa 2 Millionen Kinder in Ferienobjekten der Betriebe (Heute interessiert das keinen Betrieb mehr. P.R.)
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Auch ihr habt, wenn ihr heute fleißig lernt, Einfluss auf die Entwicklung unseres Staates (die DDR P.R.) Mit den Kenntnissen und Fähigkeiten, die ihr heute in der Schule erwerbt, werdet ihr morgen komplizierte wissenschaftlich-technische Aufgaben meistern.

Die Jung- und Thälmannpioniere tragen hervorragend zur wirksamen internationalen Solidarität unseres Staates (der DDR P.R.) bei. Auch euer Eintreten für den Frieden hilft, unseren Feinden zu zeigen, dass sie in Zukunft nicht in die DDR eindringen können, es hilft mit, die Lebensfrage der Menschheit- die Erhaltung des Friedens- zu lösen. (Und es ist alles anders gekommen. P.R.)

Man kann also als einzelner, als einzelne eine ganze Menge bewirken! Deshalb solltet ihr euch schon für die Gesellschaft, für die Politik, für den Staat interessieren, dessen Staatsbürger und -bürgerinnen ihr auch mit dreizehn Jahren schon seid.

Freilich, später, als Facharbeiter/in oder Handwerker/in, als LPG-Bauer, bzw. LPG-Bäuerin oder Soldat, Lehr/in oder Künstler/in, Ingenieur/in oder Diplomat/in- da werdet ihr direkter, spürbarer, unmittelbarer auf die Geschicke unseres Vaterlandes (der DDR. P.R.) Einfluss nehmen. Aber darauf muss man sich vorbereiten; man sollte daher rechtzeitig anfangen, sich zu orientieren und zu handeln, dafür braucht man schon heute (im Schulalter P.R.) einen Kompass. Das Fach Staatsbürgerkunde will euch dabei helfen. Viele Fragen können und sollen in diesem Schuljahr gestellt und beantwortet werden. Besonders aber geht es um eine Frage:

Welche Vorzüge hat die sozialistische DDR, und was können wir Staatsbürgerinnen und -bürger tun, um diese Vorzüge zu erweitern? Das allerdings ist eine ganz wichtige und entscheidende Frage, Ihre Beantwortung soll uns helfen, als sozialistische Staatsbürgerinnen und -bürger zu wirken, und das heißt mitzuarbeiten, mitzuplanen, mitzuregieren.

(Allerdings wurde der symbolische Kompass von der Mehrheit der Jugendlichen und vielen Erwachsenen nicht angenommen. So fielen sie auf „Schwerter zu Pflugscharen“ und später auf die Konterrevolutionäre herein. P.R.)

Lied vom Vaterland (DDR)

Text: Lied vom Vaterland (DDR) 

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

In diesem Abschnitt des alten Staatbürgerkundebuches der DDR steckt viel drin. Es ist schade, dass das Interesse an dem Fach Staatsbürgerkunde gering war. Viele fanden es langweilig. Es stellt sich die Frage, wie die Lehrkräfte das Wissen vermittelten und ob sie womöglich selbst nicht davon überzeugt waren, was sie lehrten. Wäre es von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen angenommen und zu Herzen genommen worden, wäre 1989 anders verlaufen. Natürlich konnte es nicht weitergehen, wie es war. Ein neuer Weg musste eingeschlagen werden.

Einfluss haben die Staatsbürgerinnen und -bürger der DDR sehr wohl genommen, aber es wurde der falsche Weg eingeschlagen. Das verkauft die heutige Propaganda als „friedliche Revolution“.

Das erlernte Wissen ist ja nicht angenommen und somit wieder vergessen worden. Nun gibt es die DDR nicht mehr. Doch auch aus heutiger Sicht ist dieser Abschnitt interessant. Es wird ja heute behauptet, dass die DDR eine Diktatur war. Dieser Abschnitt sagt, dass mitarbeiten und mitdenken angesagt war. Das ist in einer Diktatur nicht möglich und erwünscht. Die heutige Propaganda erzählt viel Falsches und Negatives über die DDR. Um die historischen Ereignisse besser zu verstehen, lohnt ein Blick in die alten Schulbücher der DDR. In Antiquariaten kann man sie noch finden.

Petra Reichel

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR

Otto Buchwitz

Otto Buchwitz wurde am 27. April 1879 in Breslau geboren und ist am 09. Juli 1964 in Dresden gestorben.

Nach dem Besuch der Volksschule von 1885 bis 1893 absolvierte Otto Buchwitz bis 1896 eine Lehre zum Metalldrücker und Eisendreher. Er trat 1896 der Metallarbeitergewerkschaft bei und wurde 1898 Mitglied der SPD. Bis 1907 arbeitete Buchwitz in seinem erlernten Beruf, allerdings auch als Weber. Ab 1908 war er als Sekretär des Deutschen Textilarbeiterverbands für das Chemnitzer Landgebiet tätig. 1914 zum Kriegsdienst eingezogen, wurde er bei Kriegsende in Ostpreußen eingesetzt. Danach wurde er 1919 stellvertretender Landrat für den Kreis Görlitz. Außerdem wurde Buchwitz 1920 zum Politischen Sekretär des SPD-Bezirksverbandes Niederschlesien gewählt. Seit Beginn der Weimarer Republik war er Mitglied des Schlesischen Provinziallandtags. Außerdem war er für die SPD von 1921 bis 1924 als Abgeordneter im preußischen Landtag und von 1924 bis 1933 Vertreter des Wahlkreises Liegnitz im Reichstag.

Otto Buchwitz (1947)
Bildquelle: Von Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6551301

Nach der Machtübernahme durch die Faschisten stimmte Buchwitz mit den anderen SPD-Reichstagsabgeordneten gegen das Ermächtigungsgesetz und ging danach ins Exil nach Dänemark. Von dort aus organisierte er die Flucht deutscher Hitlergegner nach Schweden und schrieb für die antifaschistische Wochenzeitung „Freies Deutschland“, die in Brüssel erschien. Nur wenige Tage nach der deutschen Besetzung Dänemarks im April 1940 wurde er verhaftet und im Juli der Gestapo übergeben. Im Juli 1941 wurde er zu acht Jahren Zuchthausverurteilt.

Tafel für Otto Buchwitz in Königshain
Bildquelle: Von Gliwi – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=139194632

Bis zum Ende des Krieges war er im Zuchthaus Brandenburg inhaftiert. Dort nahm die illegale kommunistische Leitung Kontakt mit ihm auf. Gemeinsam wurde das Vorgehen bis zum Ende der Naziherrschaft und danach erörtert. Am 27. April 1945 flohen der Zuchthausdirektor Thümmler und die meisten Wachleute vor der herannahenden Roten Armee. Die politischen Häftlinge entwaffneten die verbliebenen Wachtmeister und übernahmen die Führung des Zuchthauses. Eine militärische Formation besetzte das Tor. Gegen 14 Uhr erreichte der erste sowjetische Panzer das Zuchthaus. Am 28. April zogen etwa 100 ehemalige politische Häftlinge über Bagow und Nauen nach Berlin. Otto Buchwitz war so geschwächt, dass er im Handwagen befördert werden musste.

Nach 1945 arbeitete Otto Buchwitz aktiv an der Vereinigung von SPD und KPD zur SED mit, obwohl er vor dem Krieg nicht unbedingt ein Freund der KPD war. Sein ärgster Widersacher in Sachsen war Stanislaw Trabalski, den er „Krawalski“ nannte. Anschließend übernahm er von April 1946 bis Dezember 1948 zusammen mit Wilhelm Koenen den Landesvorsitz der sächsischen SED. Von April 1946 bis Juli 1964 gehörte er als Mitglied dem Parteivorstand bzw. dem ZK der SED an. Am 29. November 1948 wurde er neben Hermann Matern zum Vorsitzenden der Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK) der SED gewählt.[1] Diese Funktion übte er bis zum III. Parteitag im Juli 1950 aus. Anschließend war er bis zu seinem Tod einfaches Mitglied der ZPKK. Buchwitz gehörte dem sächsischen Landtag von 1946 bis zur Auflösung 1952 an. Während dieser Zeit war er auch Landtagspräsident und erhielt einen Sitz in der Volkskammer der DDR, die ab 1950 zusammentrat. Buchwitz war seit 1950 Alterspräsident der Volkskammer. Er versuchte vergeblich bei den konterrevolutionären Ereignissen, am 17. Juni 1953, zu beschwichtigen.

1953 schied er aus gesundheitlichen Gründen aus der hauptamtlichen Tätigkeit. Im Jahr 1957 wurde Buchwitz zum Ehrensenator der Technischen Hochschule Dresden ernannt, am 27. April 1963 wurde er Ehrenbürger von Dresden.[2] Er starb am 9. Juli 1964 in Dresden, sein Grab befindet sich auf dem dortigen Heidefriedhof.

 

Zentralbild Löwe 6.3.1958 Höhepunkt der Jugendstunden Otto Buchwitz erzählt aus seinem Leben Höhepunkt der Jugendstunden im Erzgebirgskreis Dippoldiswalde war am 5.3.1958 ein Besuch des Arbeiterveteranen Otto Buchwitz in den kleinen Ort Glashütte, wo er vor 150 Kindern aus seinem bewegten Leben erzählte. (siehe auch ADN-Meldung 210 vom 6.3.1958) UBz: Otto Buchwitz im Kreise von Teilnehmern der Jugendstunde.
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-53646-0001 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5354681
Grab von Otto Buchwitz auf dem Heidefriedhof in Dresden
Bildquelle: Von Paulae – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6235247

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Wie die Einheitspartei der deutschen Arbeiterklasse entstand

Warum war es notwendig, die Spaltung der Arbeiterklasse zu überwinden?

In den gemeinsamen Aktionen, wie sie seit dem Juni 1945 vielerorts von Kommunisten und Sozialdemokraten (Hier wird nicht gegendert. In der DDR wusste jeder, dass Frauen und Männer angesprochen waren. P.R.) angeregt worden waren, entstand bei einer wachsenden Zahl von Werktätigen (Erwerbstätige, arbeitenden Menschen P.R.) die Frage: Wozu brauchen wir eigentlich zwei Arbeiterparteien? Lag nicht gerade in der Spaltung unsere Schwäche? Müsste unsere Stärke und Unbesiegbarkeit nicht durch die Einheit der Arbeiterklasse besiegelt werden?

Um die Arbeiterklasse zur Führung in der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung zu befähigen und auch die anderen werktätigen Klassen und Schichten als Bündnispartner zu gewinnen, konnte die politische Einheit der revolutionären Partei ein entscheidender Faktor sein. Viele Kommunisten und Sozialdemokraten hatten in Konzentrationslagern und Zuchthäusern geschworen, nach ihrer Befreiung nur noch gemeinsam zu handeln.

O. Buchwitz: Brüder, in eins nun die Hände. Berlin 1956, S. 35

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987
Otto Buchwitz, bis zur Gründung der SED ein führender Funktionär der SPD, erwarb sich große Verdienste bei der Herstellung der Einheit der deutschen Arbeiterbewegung und der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung in Sachsen
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Den Monopolherren hatte die Spaltung der Arbeiterbewegung stets geholfen, ihre Herrschaft über die Arbeiterklasse aufrechtzuerhalten.

In den westlichen Besatzungszonen verboten die Militärbehörden die Vereinigung beider Arbeiterparteien. Sie beeinflussten auch Funktionäre der SPD, gegen die Vorbereitung des Vereinigungsparteitages aufzutreten. Die Schaffung der Einheitspartei im Osten Deutschlands konnten sie aber nicht aufhalten.

Bereits im Winter 1945 führten Kommunisten und Sozialdemokraten in Städten und Gemeinden gemeinsame Parteiversammlungen durch. In vielen Betrieben forderten die Arbeiter auf ihren Gewerkschaftsversammlungen, an dem ersten Kampftag der Arbeiterklasse im befreiten Deutschland, am 1. Mai 1946, hinter der Fahne der Einheitspartei zu marschieren. Der Kampf um die Einheit der Parteien fand seinen Höhepunkt im Vereinigungsparteitag am 21. Und 22. April 1946 in Berlin.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Wie der Vereinigungsparteitag begann

„Der imposante, repräsentative Saal des ‚Admiralpalastes‘ war ebenso festlich wie würdig geschmückt. Vor dem ‚Admiralspalast‘. Auf der Friedrichstraße, wogte eine nach Tausenden zählende Menschenmenge. Mehr als tausend Delegierte und Ehrengäste, dazu eine noch größere Zahl von Gästen und Zuhörern, füllten den mächtigen Raum bis auf den letzten Platz. Lebhaft und herzlich war durchweg die persönliche Begrüßung alter Kampfgenossen aus den bisher getrennten Parteilagern nach Jahrzehntelanger Spaltung. Nachdem die Fidelio-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven, gespielt vom Orchester der Staatsoper, verklungen war, betraten die beiden Parteivorsitzenden, Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, von verschiedenen Seiten kommend, die Bühne, trafen in der Mitte zusammen und reichten sich unter minutenlangem stürmischem Beifall der Delegierten und Gäste, die sich von ihren Plätzen erhoben hatten, die Hände. Einem Schwur gleich brause ein dreifaches Hoch auf die deutsche Arbeiterklasse durch den Saal.“

Protokoll des Vereinigungsparteitages der SPD und KPD, Berlin 1946, S. 10

Wilhelm Pieck (vorher KPD) und Otto Grotewohl (vorher SPD) reichen sich zu Beginn des Gründungsparteitages der SED symbolisch die Hände
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Zur Begrüßung der Delegierten sagte Otto Grotewohl: „Wer einen geschichtlichen Blick hat, der sieht Millionen von Sozialisten hinter uns stehen. Ein Aufatmen geht durch die Reihen…Ein alter Traum in Wirklichkeit geworden: die Einheit der deutschen Arbeiterklasse.“

Protokoll des Vereinigungsparteitages der SPD und KPD, Berlin 1946, S. 10

Wilhelm Pieck sagte in seinen Begrüßungsworten: „Wir werden unsere Sozialistische Einheitspartei zu der Millionenpartei des deutschen werktätigen Volkes machen, um damit alle inneren Feinde zu schlagen und das große Werk zu vollenden, den Sozialismus. Lieber Otto Grotewohl, das sei unser heiligstes Gelöbnis, das sei unsere Tat.“

SCHOLA 870 041

Plakat von Arno Mohr
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Protokoll des Vereinigungsparteitages der SPD und KPD, Berlin 1946, S 15

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Zu Vorsitzenden der SED wurden Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl gewählt. 

Der Vereinigungsparteitag beschloss das Programm der SED die „Grundsätze und Ziele der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“. Sie enthielten alle wichtigen Forderungen des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945.

Mit der Gründung der SED wurde im Osten Deutschlands die Losung des alten Arbeiterkampfliedes „Brüder, in eins nun die Hände!“ Wirklichkeit.

SED-Logo
Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987

Durch die Gründung der SED konnte die Arbeiterklasse im Osten Deutschlands als einheitliche Kraft auftreten. Sie wurde befähigt, all antifaschistisch-demokratischen Parteien und Organisationen zu neuen Siegen über die Feinde des Volkes zu führen.

Entnommen aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1987, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Staatsbürgerkundebuch der DDR

Siehe auch: SozialistischeEinheitspartei  Deutschlands (SED)

und Die Gründung der SED und ihre historische Bedeutung

DDR: Zu den Ausreiseanträgen zweier Freundinnen

Bild: Ausschnitt aus Broschürentitel vom Bundesarchiv/Stasi-Unterlagen-Archiv (Hg), OV „Zwillinge“. Als zwei Freundinnen Ausreiseanträge stellten. Auszug aus Stasi-Akten. Redaktion: Bettina Altendorf, Axel Janowitz, Andreas Schiller, Berlin 2022

Am 1. April 1976 stellte Silke Spahr einen Ausreiseantrag aus der DDR.

Sie war seit September 1971 als Sekretärin (keine Chefsekretärin, sondern Schreibkraft im Schreibmaschinensaal. In der DDR wurden wohl alle Schreibkräfte als Sekretärin bezeichnet. P.R.) beim Verlag NEUES DEUTSCHLAND beschäftigt. Eine gute Stelle, die sie so einfach gefährdete. Bei einem, heute würde man sagen Tendenzbetrieb, ist doch wirklich Loyalität zu erwarten.

Frau Spahr gibt an zu ihrer Tante in der BRD zu wollen. Zunächst gibt sie nur private Gründe an.  Doch dann mokiert sie sich darüber, dass es in der DDR nicht die freie Wahl der Wohnsitznahme gab. Sie hätte doch intelligent genug sein müssen, um zu wissen, dass man diese Äußerung im Ausreiseantrag besser weggelassen hätte. Das steht im Widerspruch dazu, dass sie sagt, ihr Antrag hätte keine politischen Hintergründe und dass sie die DDR nicht diskreditieren wollte.

Ob die Tante finanziell gut gestellt war, interessierte die DDR-Behörden wohl herzlich wenig, soweit sie ihr Geld nicht in der DDR ausgab.

Dann folgt ein Abschnitt, wo Frau Spahr angibt, die BRD als Ausreiseland gewählt zu haben, um reisen zu können.  Soviel Intelligenz hätte sie doch besitzen müssen, dass gerade darauf die DDR-Behörden empfindlich reagieren. Und was ist ein Urlaub gegen den Alltag? Diese Relation hatte Frau Spahr auch nicht bedacht.

Dann kommt ein Abschnitt von wegen UNO-Mitgliedschaft der DDR und der Schlussakte von Helenski.  Nun wird sie doch politisch. Übrigens hatte die DDR diesen Punkt in der Helsinki-Akte nicht unterzeichnet. Das hätte Frau Spahr in der örtlichen Bücherei in Erfahrung bringen können.

Dann geht sie wieder auf eine Erklärung der Menschenrechte ein. All diesen „Kram“ hätte sie weglassen sollen und sich nur auf die Familienzusammenführung mit der Tante konzentrieren sollen. Dann hätte es wohl geklappt mit dem Ausreiseantrag.

Von einer Angestellten beim Verlag NEUES DEUTSCHLAND wäre mehr Intelligenz und Kenntnisse der politischen Sachlage zu erwarten gewesen.

Ebenfalls am 1. April 1976 stellte Ilona Seeber einen Ausreiseantrag aus der DDR.

Sie war ebenfalls beim Verlag NEUES DEUTSCHALND als Sekretärin (keine Chefsekretärin, sondern Schreibkraft im Schreibmaschinensaal. In der DDR wurden wohl alle Schreibkräfte als Sekretärin bezeichnet. P.R.)   beschäftigt.  Auch sie gefährdete ihre gute Stelle in einem, wie man heute sagen würde, Tendenzbetrieb. Auch mit ihrer Loyalität war es nicht weit her.

Frau Seeber hat ebenfalls eine Tante in der BRD. Auch sie macht die gleichen Fehler, wie Frau Spahr. Anstatt sich auf die Zusammenführung mit ihrer Tante zu konzentrieren und anderen „Kram“ wegzulassen, folgt, nach der anfänglichen Behauptung, dass der Antrag keine politischen Hintergründe hätte, im Widerspruch dazu doch einige politischen Statements.

Es geht wieder um die fehlende Reisefreiheit und der fehlenden Freiheit der Wahl des Wohnsitzes. Soviel Intelligenz hätte sie doch besitzen müssen, dass gerade darauf die DDR-Behörden empfindlich reagieren. Und was ist ein Urlaub gegen den Alltag? Diese Relation hatte Frau Seeber auch nicht bedacht.

Dann folgt das Gleiche, wie bei Frau Spahr mit der UNO-Mitgliedschaft der DDR und der Schlussakte von Helsinki, was doch letztendlich keinen Sinn gemacht hat.

Gleichzeitig am 1. April 1976 verfasst Frau Spahr ein Schreiben an den BRD-Minister für Innerdeutsche Beziehungen, Egon Franke.

Sie legt diesem Schreiben eine Kopie ihres Ausreiseantrages und eines Schreibens an den Innenminister der DDR, Friedrich Dickel, bei. Dieses Schreiben schickt sie über ihre Tante an den Bundesminister Egon Franke und gibt für etwaige Antworten die Adresse ihrer Tante an. Das ist doch total sinnlos. Erstmal erreicht das Schreiben den Minister gar nicht, sondern bleibt in seinem Büro hängen. Falls es nicht gleich in den Papierkorb fliegt, schickt jemand aus dem Büro ein „Lari-Fari“-Schreiben als Antwort. Ebenso verhält es sich mit dem Innenminister der DDR, Friedrich Dickel. Soviel Intelligenz hätte Frau Spahr doch haben müssen, dass diese Schreiben sinnlos waren.

Frau Seeber schickt auch ein Schreiben, über ihre Tante, an den BRD-Minister für Innerdeutsche Beziehungen, Egon Franke.

Auch Frau Seeber hat für eine Mitarbeiterin beim Verlag NEUES DEUTSCHLAND wenig Intelligenz.

Ein Bericht der Postzollfahndung vom 19. April 1976 zeigt, dass die Briefe in die BRD   „herausgefischt“ wurden.

All dieser unnütze Schriftverkehr macht den beiden auch noch unnütze Schwierigkeiten.

Laut der Postzollfahndung ist auch davon die Rede, dass sich die beiden an die Ständige Vertretung der BRD in der DDR wandten.

Am 2. November 1976 gab es ein Gespräch mit Frau Spahr bezüglich der Ablehnung der Ausreise.

Hier ist ersichtlich, dass doch die üblichen politischen Gründe dahintersteckten, die sich gegen die DDR richten.

Sie beschwerte sich darüber, dass ihr beim Verlag NEUES DEUTSCHLAND gekündigt wurde. Was erwartete sie denn? Selbst in der BRD, auch in der heutigen Zeit, wird man auch bei einem Tendenzbetrieb gekündigt, wenn man sich gegen dessen Ziele wendet.

Da sie noch keine neue Arbeitsstelle hatte, wurde sie an das Arbeitsamt verwiesen.

In dem Schreiben gibt es eine Anmerkung, dass die Anträge von Frau Spahr und Frau Seeber gleichlautend waren und dass die beiden in einer Wohngemeinschaft zusammenlebten. (Betriebswohnung des ND) 

Am 8. Februar 1977 folgte das zweite Ablehnungsgespräch mit Frau Spahr und Frau Seeber.

Die beiden erschienen spontan und ohne Vorladung und erkundigten sich nach dem Bearbeitungsstand ihrer Anträge. Es wurde ihnen mitgeteilt, dass die Anträge vom 10. Januar 1977 abgelehnt worden sind.

Daraufhin erklärten beide empört, dass sie arbeitslos seien und nicht mehr länger in der DDR leben möchten. Es wurde ihnen erklärt, dass sie ihre (gute) Stelle wegen ihrer Antragstellung und gegnerischen Haltung zur DDR verloren hätten. Sie wurden zum Arbeitsamt verwiesen.

Dann beriefen sich die beiden auf diverse internationale Abkommen. Wovon sie wohl keine Ahnung hatten und nur nachplapperten.

Es wird vermerkt, dass die 1. Ablehnung am 2. November 1976 erfolgte und das Auftreten der beiden frech, fordernd und sehr überheblich war.

Sachstandsbericht vom 30.04.1977 Hauptabteilung XX/AG RV

Nun kommt das MfS „ins Spiel“. Der Sachstandsbericht betrifft alle beiden Freundinnen.

Aktendeckel
Bildquelle: Stasi-Unterlagen-Archiv „Einblick ins Geheime“ https://www.einblick-ins-geheime.de/de/beispielakten/aop-zwillinge/

Dieser fängt damit an, dass die beiden im Schreibzimmer des Verlages „Neues Deutschland“ tätig waren.

Am 01.04.1976 stellten beide einen an das MdI (Innenministerium der DDR) gerichteten Antrag auf Ausreise aus der DDR, Zielland BRD.

In der Folgezeit stellten beide gleichlautende Anträge auf Ausreise, bzw. Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Und zwar

  • am 08.09.1976
  • am 05.11.1976
  • am 10.01.1977

Es wird vermerkt, dass die beiden sich auf die Charta der Vereinten Nation über die Menschenrechte sowie die Schlussakte von Helsinki beriefen und fest auf ihrem Vorhaben beharrten.

Dann wird die Ablehnung vermerkt und dass die beiden in den jeweiligen Aussprachen nicht von ihrem Vorhaben abzubringen waren.

Niedergeschrieben ist auch, dass die beiden am 23.07.1977 weitere Schreiben an das MdI (Innenministerium der DDR) und den Staatsratsvorsitzenden der DDR mit der Forderung richteten, den Anträgen stattzugeben.

Durch die Kaderabteilung (so wurde in der DDR die Personalabteilung bezeichnet. P.R.) des ND wurde mit den Eltern von Frau Spahr im August 1976 eine Aussprache betreffs des Ausreiseantrages ihrer Tochter geführt. Die Eltern versuchten ständig, ihre Tochter von diesem Vorhaben abzubringen. (Also war das mit der Tante ein vorgeschobener Grund. Ginge es tatsächlich um eine Familienangelegenheit, wären ja die Eltern involviert und würden ihre Tochter unterstützen. P.R.)

Dann wurde im August 1076 das Arbeitsverhältnis der beiden gekündigt. Doch in der DDR wurde niemand auf die Straße geworfen. Durch den Verlag des ND wurden den beiden nach der Kündigung vier Arbeitsstellen zugewiesen:

  1. Autotrans Berlin
  2. EAW Treptow
  3. VEB lufttechnische Anlagen Berlin
  4. VE Kühlbetrieb Berlin

Bei drei Arbeitsstellen habe sie sich nicht beworben und bei VEB Autotrans Berlin haben sie es abgelehnt, dort eine Tätigkeit in der Produktion aufzunehmen. (Was wollten sie? Sollen froh sein, dass sie mehrere Arbeitsstellen zur Auswahl angeboten bekamen. Außerdem ist Produktion doch besser, wie ein Schreibmaschinensaal.P.R.)

Anfang 1977 haben sich Frau Spahr und Frau Seeber bei der Sportstättenverwaltung Berlin beworben, um dort halbtags als Sauna-Kräfte zu arbeiten. Jedoch wurden dort von beiden Forderungen erhaben, die von der Sportstättenverwaltung nicht zu erfüllen waren und es erfolgte dort keine Einstellung. (Menschenskinder, in der von ihnen geliebten BRD hätten sie von vornherein keine Forderungen stellen können. P.R.)

Im Februar 1977 wurde über den Rat der Stadt, Abt. Inneres, durch das Amt für Arbeit (Also dem Arbeitsamt. P.R.) den beiden Arbeit zugewiesen.

Frau Spahr sollte im Betrieb Pentacon eingestellt werden und Frau Seeber sollte eine Tätigkeit im VEB Lufttechnische Anlagen eine Arbeit aufnehmen.

Da die beiden nicht zusammen in einem Betrieb arbeiten konnten, lehnten sie dieses Angebot ab und wandten sich daraufhin an das Amt für Arbeit (das Arbeitsamt P.R.) mit der Bitte um neue Vermittlung. (Das hätten sie schon damals nicht in ihrer geliebten BRD machen können. Da hätte es eine Sperre für den Geldbezug geben. Heute ist das noch viel schlimmer und niemand kann sich solche Sperenzien erlauben. Da steht man schnell ohne Geld da. P.R.)

Sie wurden an das Kinderwochenheim „Makarenko“ – Königsheide verwiesen, haben sich dort aber nicht beworben.

Wovon Frau Spahr und Frau Seeber ihren Lebensunterhalt bestritten haben, war nicht bekannt. Vermutlich ließen sie sich von Freunden und Bekannten aushalten. Inoffiziell wurde bekannt, dass sie von einer Auszahlung aus einer Versicherung (2000 bis 3000 Mark) leben sollten.

Aus einem Beobachtungsbericht vom Oktober 1976 geht hervor, dass die beiden Kontakt zu 2 Ausländern, vermutlich Mitarbeiter der bulgarischen Botschaft in der DDR, hatten.

Frau Spahr und Frau Seeber bewohnten seinerzeit immernoch die Wohnung des ND.  Seitens der Kaderabteilung (Personalabteilung P.R.) wurde ihnen die Auflage erteilt, die Wohnung so schnell wie möglich zu räumen und sich eine Arbeit zu suchen, da die Wohnung dringend vom ND benötigt wurde. Die Miete wurde von den beiden pünktlich bezahlt. (Kündigung wegen Eigenbedarf gab es in der in der DDR nicht. Es wurde niemand auf die Straße gesetzt. Die beiden nutzten, trotz ihres Hasses auf die DDR, diesen Umstand gnadenlos aus. Übrigens war es in der DDR gar nicht so leicht eine Wohnung zu bekommen. Als Single oder WG schon mal gar nicht. Bei den beiden war das schon eine Ausnahme. Aber darüber dachten sie doch nicht nach. Sie bewohnten die Wohnung noch bis zum Schluss. Im Film behaupten sie, dass sie ihre Wohnung durch Erpressung behalten haben. Sie hätten damit gedroht, ein Kamerateam eines westlichen Fernsehsenders zu bestellen, welches die Zwangsräumung filmen würde. In der DDR gab es keine Zwangsräumungen. Woher hätten sie das Kamerateam bestellen sollen? Völliger Humbug, was die da erzählt haben. Es war unfair die Wohnung weiterhin zu nutzen, während möglicherweise ein ehrlicher Mitarbeiter, eine ehrliche Mitarbeiterin des ND ohne Wohnung dastand, auch wenn bereits eine Familie gegründet war. P.R.)

Eröffnungsbericht zur OPK (Operative Personenkontrolle des MfS) „Zwillinge“ vom 27.02.1978

Zunächst geht es um Frau Spahr. Zwischenzeitlich arbeitete sie als Serviererin in einem Eiskaffee.

Zunächst wird über die Ausreiseanträge und Briefe an Politiker, einschließlich Erich Honecker, und Institutionen berichtet. Es wird ist vermerkt worden, dass Frau Spahr gegen die DDR ist.

Im August wurde ihr beim ND gekündigt. Dies wurde von ihr zum Anlass genommen, dass sie in der DDR mit Berufsverbot belegt wäre. (Dabei hatte sie doch andere Stellen angeboten bekommen. Auch in der BRD wird man in einem Tendenzbetrieb, wie Partei oder Kirche, gekündigt, wenn man dessen Ziele ablehnt. P.R.)

Frau Spahr hatte zahlreiche Kontakte zu Ausländern, die sie zum größten Teil im Hotel „Metropol“ kennenlernte. Dort wohnte sie, gemeinsam mit ihrer Freundin, Frau Seeber, mit verschiedenen Ausländern ohne Anmeldung. (Ich frage mich, wie das möglich war. Laut meinen Erfahrungen durfte man im Hotelzimmer keinen Besuch empfangen und es war unmöglich „schwarz“ dort zu wohnen. Vielleicht waren die Regeln erst später so streng. P.R.)

Es war nicht auszuschließen, dass die beiden diese Kontakte für ihr Ziel, die DDR zu verlassen, nutzten. (Laut Film wollten sie diese Kontakte nutzen. Sie hofften einen Bulgaren heiraten zu können und über Bulgarien leichter in die BRD zu kommen. Hat aber nicht geklappt. P.R.)

In ihrem Ersuchen vom 19.04.1977 kritisierte sie die Maßnahmen gegen Biermann (Mensch immer wieder der Biermann P.R.)

Im März 1976 suchten beide die Ständige Vertretung der BRD auf, um sich Hilfe und Ratschläge für ihr weiteres Vorgehen zu holen.

In ihrem letzten Schreiben vom 09.01.1978 begründeten sie ihr Ersuchen u.a. ihre Persönlichkeitsentwicklung gestört würde, bzw. ihre Entwicklung rückwärts verliefe. (Au weia. P.R.)

Dann folgen geheimdienstliche Maßnahmen.

Nun mischt sich die Tante von Frau Seeber ein und schickt einen Brief an den Innenminister der DDR, Friedrich Dickel. Das Datum des Briefes ist der 09.01.1979

Am 11.01.1979 ein Schreiben von einer Abteilung des MfS an eine andere, wo nach Kontakten zu ausländischen diplomatischen Vertretungen gefragt wird. Dann folgen Punkte, die noch geheimdienstlich bearbeitet werden müssen.

Dann ein Schreiben vom 29.01.1979 bezüglich der Tante von Frau Seeber. Gegen sie wurde eine Einreisesperre eingeleitet.

Am 08.02.1979 ein Vermerk, dass die Ausreise von Frau Seeber abgelehnt wird.

Es werden im Nachgang negative Folgen befürchtet. Diese sind ohnehin eingetreten. Siehe im Nachwort „Aus heutiger Sicht gesehen,“ Außerdem war die Mutter von Frau Seeber pflegebedürftig. (Na, ein Grund um Zuhause zu bleiben und sich um die Mutter zu kümmern. Hatte Frau Seeber wohl nicht im Sinn. P.R.)

Mit Datum vom 18.07.1976 mischt sich die Tante von Frau Seeber ein und schreibt einen Brief an den Rat des Stadtbezirkes, Abt. Inneres in Berlin.

Vermerk über ein Gespräch mit Frau Spahr beim Rat des Stadtbezirks Berlin-Friedrichshain, Abt. Inneres vom 24.09.1979

Sie erhielt Mitteilung darüber, dass die Schreiben an Erich Honecker und das MdI (Innenministerium der DDR) an diese Stelle weitergeleitet und eingegangen sind.

Frau Spahr wurde auf die Sinnlosigkeit dieser Schreiben hingewiesen. (In der Tat waren diese Schreiben sinnlos. Niemals erreichten sie Herrn Honecker und Herrn Dickel. Ihre Büros haben die Briefe dann an den Rat des Stadtbezirks… weitergeleitet. Sowas hätten sich die beiden Damen doch denken können.  P.R.)

Nun war das Auftreten von Frau Seeber ruhig und sachlich, wie bei Frau Spahr. (Nun ja, da haben die beiden eingesehen, dass Unruhe nichts bringt. Wenigstens etwas. Im Film wird nur auf das überhebliche Auftreten bei einem anderen Termin eingegangen, aber nicht auf das sachlich-ruhige Gespräch. P.R.)

Mit einem Brief mit Datum vom 27.09.1979 mischt sich die Tante von Frau Seeber wieder ein. Diesmal schreibt sie einen Brief an Erich Honecker. (Wieder so ein Sinnlos-Brief. P.R.)

Ein Vermerk über die Legalisierung postalischer Kontakte zwischen Frau Spahr/Frau Seeber mit jemanden in der BRD.

Hier geht es auch um telefonische Kontakte. (Da das Telefonieren zwischen der BRD und der DDR äußerst schwierig war, stellt sich die Frage was für einen Sinn das für die beiden hatte. P.R.) Der Kontakt wird nicht legalisiert, weil das MfS diese Korrespondenz überwacht.

Information über Frau Spahr (Im Dokument ist der Name falsch geschrieben.) vom 05.11.1979

Vom 23.08.1979 bis 27.08.1979 hielt sich Frau Spahr in der CSSR (Prag) auf, um sich mit einem ehemaligen DDR-Bürger, der nun in Westberlin wohnte, zu treffen.

Auch hier wird erwähnt, dass Frau Spahr seit 3 Jahren Antragstellerin auf Übersiedlung in die BRD gewesen ist und seit längerer Zeit keiner geregelten Arbeit nachgegangen ist. Sie erledigte für Verlage in Berlin gelegentlich Schreibarbeiten.

Der Westberliner Bürger wurde bereits durch das MfS überwacht. Frau Spahr forderte diesen auf sie mit in die BRD zu nehmen. Darauf ist der Westberliner Bürger nicht eingegangen.

Anscheinend ein neuer IM. Denn als er Frau Spahr am 18.10.1979 und am 23.10.1979 besuchte, war ihm der Nachname der Mitbewohnerin Ilona (Seeber) nicht bekannt.

Der IM berichtete, dass Frau Spahr sich mit dem Gedanken getragen hatte, an das ZDF, Sendung „Hilferufe aus dem Osten“ zu schreiben, um ihre Antragstellung von dort aus publik zu machen und zu forcieren. (Die war doch spinnert, um es drastisch zu formulieren. Wusste sie nicht, was sie tat oder war sie eine bewusste DDR-Hasserin? P.R.)

Ilona, also Frau Seeber hatte geäußert, dass sie die DDR ungesetzlich verlassen will. Sie hatte einkalkuliert an der Grenze festgenommen zu werden und nach einer Strafverbüßung in die BRD entlassen zu werden.

Als Motiv für ihre Pläne gaben die beiden an, dass sie auf alle Fälle in die BRD wollten um in „Freiheit“ zu leben. Von der Tante und Familienangelegenheiten war nicht mehr die Rede.

Es folgen Beobachtungsberichte vom 16.11.1979, dem 30.11. 1979 vom 05.12.1979

Bericht vom 04.12.1979 über Aussprache mit Frau Spahr am 28.11.1979 beim Rat des Stadtbezirks Berlin-Friedrichshain, Abt. Innere Angelegenheiten

Die Aussprache fand beim Direktor des Amtes für Arbeit, also des Arbeitsamtes, auf dessen Vorladung statt. Es war noch ein Vertreter der Abt. Innere Angelegenheiten anwesend.

Es ging darum Frau Spahr zu erklären, dass ihre geringfügige Arbeitsstelle bei INTERTEXT nicht den Anforderungen eines geregelten Arbeitsverhältnisses entspricht und sofort eine neue Vollzeitarbeitsstelle angetreten werden muss.

Frau Spahr erklärte sich mit dieser Maßnahme nicht einverstanden und erklärte, dass sie von den 300 Mark, die sie bei der geringfügigen Arbeitsstelle verdiente, ihren Lebensunterhalt bestreiten könnte. Sie wunderte sich, dass dies einer staatlichen Stelle jetzt erst auffiel.

Ihr wurde erklärt, dass mit der Bildung der Ämter für Arbeit (Arbeitsämter) ab dem 01.09.1979, alle gleichgelagerten Fälle einer Prüfung unterzogen und Veränderungen herbeigeführt wurden.

Gleichzeitig wurde die Veränderung der strafrechtlichen Bestimmung erwähnt, wonach Pauschalarbeit (geringfügiges Arbeitsverhältnis) nicht als lautere Art und Weise des Erwerbs des Unterhalts angesehen werden konnte. (Der Asozialen-Paragraph hatte nun hier gegriffen. P.R.)

Frau Spahr sah diese Argumente ein und erklärte sich bereit ein Vollzeitarbeitsverhältnis aufzunehmen.

Allerdings wollte sie auf keinen Fall durch das Arbeitsamt vermittelten Betriebe aufsuchen. Das waren

  • Berliner Bremsenwerk
  • NARVA
  • der Bereich Krippen und Heime beim Rat des Stadtbezirks.

Sie erklärte innerhalb von 14 Tagen den Nachweis eines selbstgewählten Arbeitsverhältnisses vorzulegen. Damit erklärte sich der Direktor des Arbeitsamtes nicht einverstanden, sondern er bestand darauf, dass Frau Spahr die Vermittlungskarte zum Berliner Bremsenwerk annehme und nach Ablauf einer Woche das Arbeitsverhältnis mit diesem Betrieb vorlegt.

Durch den Vertreter der Abt. Inneres wurde ihr eingeräumt, nach dieser Frist auch den Nachweis eines Arbeitsverhältnisses, dass sie durch eigene Bemühungen gefunden hat. Sie sollte aber auf jeden Fall das Berliner Bremsenwerk aufsuchen, da seinerzeit Arbeitsverhältnisse ohne Vermittlung durch das Arbeitsamt nicht zustandekommen konnten.

Frau Spahr wurde zum 05.12.1979 zwecks Vorlage der Nachweise ihrer Bemühungen erneut vorgeladen.

Vermerk über das Gespräch mit Frau Seeber beim Rat des Stadtbezirks Friedrichshain, Abt. Inneres, Datum ist nicht erkennbar, weil da der Stempel der BStU drüber ist.

Frau Seeber ist auf die Vorladung hin erschienen. Sie ist darauf hingewiesen worden, dass die Briefe an Erich Honecker und das Innenministerium der DDR an den Rat des Stadtbezirks Berlin-Friedrichhain, Abt. Inneres weitergeleitet worden sind. Es ist erklärt worden, dass nur diese Behörde für die Angelegenheiten von Frau Seeber zuständig ist.

Desweiteren ist ihr der Vorwurf gemacht worden, dass sie durch falsche Darlegungen völlig unglaubwürdig geworden war und sich die Behörde gegen die falschen Anschuldigungen verwahrt hatte.

Als Rechtsmittelbelehrung war ihr der der § 249 StGB der DDR; also der Asozialen-Paragraph, wörtlich vorgetragen und die daraus entstehenden Konsequenzen erläutert worden. Im Gegensatz zu vorangegangenen Gesprächen, war sie nun ruhig und sachlich.

Sie widerspricht sich, weil sie einmal sagt, dass sie weitermachen wird ohne gegen bestehende Gesetze zu verstoßen und zum anderen nennt sie die Option die Sache publik zu machen und kalkuliert entsprechende Konsequenzen ein.

Sie wollte ihre Freiheit wieder erlangen und dem Staat keinen Nutzen bringen. Sie wollte nur soviel arbeiten, dass es zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes reicht. Die 300 Mark, die sie bei INTERTEXT verdiene, würden ihr ausreichen.

Dann erkundigt sie sich nach gesetzlichen Grundlagen, nach welchen sie in die BRD übersiedeln kann. Diese solle man anwenden, auch wenn es noch 5 oder 20 Jahre dauern würde.

Ein Schreiben des MfS vom 06.12.1979 wo vermerkt wird, dass Frau Spahr und Frau Seeber Mit der GfM in Köln in Verbindung stehen.

Es soll geprüft werden, ob die Tante aus Köln Mitglied der GfM ist. (So eine selbst ernannte Gruppe für Menschenrechte, die aber nur die Aufgabe hat, der DDR zu schaden. Im Netzt findet sich ein Dokument bezüglich der GfM mit Sitz in Frankfurt am Main. Nun ja, die waren dann wohl auch in Köln aktiv. P.R.)

Am 12.12.1979 schreibt die Tante aus Köln einen Weihnachtsbrief.

Briefausschnitt von Tante in Köln

In dem Brief schreibt die Tante, dass sie wegen einer Autoreparatur keine finanziellen Mittel hat, um in den Weihnachtsurlaub zu fahren. Soviel zur Reisefreiheit. Ob Gesetze oder Finanzen die Reisefreiheit einschränken, es kommt doch letztendlich auf Gleiche heraus.

In einem Schreiben des MfS vom 20.12.1979 geht es um die Überwachung der Personen, die mit der GfM zu tun haben.

(Wie konnten sich die beiden auf so eine Organisation einlassen? P.R.)

Im Vorliegenden Dokument geht es um die GfM mit Sitz in Frankfurt/Main. e.V

Dokument entnommen vom Bundesarchiv

Ein Vermerk der Postzollfahndung vom 03.01.1980 über ein kontrolliertes Paket.

Ab dem 15.01.1980 geht es los. Das Strafrecht (§100 StGB der DDR „Landesverräterische Agententätigkeit“) hat nun gegriffen.

Aktenausschnitt
Bildquelle: Stasi-Unterlagen-Archiv „Einblick ins Geheime“ https://www.einblick-ins-geheime.de/de/beispielakten/aop-zwillinge/

(Dafür hätten sie lange Jahre im Knast sitzen können. Wie konnten sich die beiden auf so eine Organisation einlassen? P.R.)

Ein Schreiben des MfS vom 18.01.1980 sagt, dass betreffs der beiden der Auftrag „C“ einzuleiten wäre. (Kontrolle von Brief und Paketsendungen)

In einem weiteren Schreiben des MfS vom 18.01.1980 ist es um Paketsendungen gegangen, die an die beiden gerichtet sind, zu beschlagnahmen, da gegen sie wegen dem § 100 StGB der DDR („Landesverräterische Agententätigkeit“) ermittelt worden ist.

Ein Schreiben der Kriminalpolizei Berlin-Friedrichshain vom 21.04. 1981 besagt, dass Frau Seeber sich nun in die Gesellschaft der DDR eingegliedert hatte und die Personenkontrolle nun beendet worden ist.

Das gleiche Schreiben der Kriminalpolizei Berlin-Friedrichshain vom 21.04.1981 betreffs Frau Spahr.

Am 18.05.1981 verfasste das MfS einen Abschlussbericht zu dem Fall der beiden. („Zwillinge“)

Um nicht alles zu wiederholen, nun das wichtigste und noch fehlende.

(Die beiden hatten mehr Glück, als Verstand, was das Strafrechtliche betrifft. P.R.)

Am 22.07.1979 ging es um diskriminierende Äußerungen gegen die DDR, welche die Strafbestandsmerkmale der §§ 106, 220 StGB der DDR verletzten. Da diese Schreiben der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren, konnten keine strafrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.

Seit Januar 1980 arbeiten die beiden in kirchlichen Einrichtungen. (Menschenskinder, warum sind die nicht früher auf die Idee gekommen bei der Kirche oder einem Privatunternehmer eine Arbeitsstelle anzunehmen.? Da wäre ihr Problem mit der beruflichen Tätigkeit gelöst gewesen. Es arbeiteten viele Leute bei der Kirche, die mit der Arbeitswelt der DDR nicht zurechtkamen. P.R.)

Im Zusammenhang mit GfM, also diese selbsternannte Gesellschaft für Menschenrechte, konnten gegen die beiden keine strafrechtlichen Maßnahmen nach § 100 StGB der DDR eingeleitet werden. Diese Hinweise waren „offiziell nicht auswertbar“, wie es auf Amtsdeutsch heißt. (D.h. wohl, dass das Gericht diese Hinweise nicht anerkannt hatte. Menschenskind, die hatten ganz schön Dusel. P.R.)

Zwischenzeitlich haben die beiden feste Partner gefunden. Und da ihnen, wenn auch verspätet, die Idee gekommen ist, bei der Kirche zu arbeiten, konnte sie nun feste Arbeitsverhältnisse nachweisen. Der Asozialen-Paragraph war nun auch aus der Welt.

Frau Seeber wurde angeboten bei der Beschaffung von Wohnraum die erforderliche Unterstützung durch den Rat zu gewähren. Wo dann Frau Spahr wohnen sollte ist im Dokument nicht ersichtlich. Laut Film hatte Frau Spahr den Pfarrer geheiratet, wo sie arbeitete. Dann wohnte sie wohl im Pfarrhaus.

Schließlich und endlich habe die beiden eingesehen, dass es doch das Beste war, wenn sie in der DDR blieben.

Frau Seeber zog am 17.03.1980 ihren Ausreiseantrag zurück, Frau Spahr folgte am 01.10.1980.

Da sie nun feste Partner hatten und einer geregelten Arbeit nachgingen, wurde dieser Vorgang beendet. Des Lebens Lauf hat an der Beendigung dieses Vorgangs und dieser Karrieren eine wichtige Rolle gespielt.


Nachwort von Petra Reichel:

Wie der Film zeigt, waren die beiden niemals einsichtig. Des Lebens Lauf hatte sie zum stillhalten veranlasst. Heute sind sie wieder laut und beteiligen sich an der Volksverdummung durch die Sieger der Geschichte. Die beiden hatten eine gute Arbeitsstelle und eine dazugehörige Betriebswohnung. Ihnen ging es gut in der DDR. Weshalb sie zu Gegnerinnen der DDR geworden sind und auch im Nachgang diesbezüglich aktiv sind, ist unerklärlich.

Aus heutiger Sicht gesehen, muss man feststellen, dass die DDR damals kontraproduktiv handelte. Im Fall der Beiden wurde der Ausreiseantrag wegen Unrechtmäßigkeit abgelehnt. Warum hatte die DDR nicht die entsprechenden Rechtsgrundlagen geschaffen, damit die Leute ausreisen konnten? Einschränkungen hätte es für Geheimnisträger, in Zivil- und Strafprozessen befindlichen Personen und Leuten, die Schulden hatten, geben können. Das hätte man ja prüfen können. Natürlich hätte es für Menschen, die diesen Schritt bereut hätten die Möglichkeit zur Rückkehr geben müssen. Es ist ja das Widersinnige, dass Leute, die es in die BRD geschafft hatten, in der Regel nicht mehr zurückkehren konnten. Ebenso war der Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern der BRD, welche die Staatsbürgerschaft der DDR anstrebten, sehr stark eingeschränkt. Siehe Aufnahmeheim Röntgental. Hätte die DDR grundsätzlich neue Leute und Rückkehrende aufgenommen und die Unzufriedenen ausreisen lassen, wäre das für die Gesellschaft in der DDR besser gewesen, wie „das Schmoren im eignen Saft“.

In dem Fall der beiden Freundinnen hätte die Gefahr für die DDR im Zusammenhang mit der Verbindung zur GfM vermieden werden können, denn diese wäre nicht zustande gekommen, wenn die beiden hätten zeitnah ausreisen können. Die Betriebswohnung des ND wäre Jahre früher frei geworden.

Auch im Nachgang hat diese Vorgehensweise der DDR einen Bumerangeffekt. Viele Jahre nach ihrem Ende, kippen die Sieger der Geschichte weiterhin Kübel von Dreck über die DDR.


Nachwort des Stasi-Unterlagen-Archivs:

„2019 besuchten die zwei Frauen aus diesem Fall noch einmal gemeinsam die Orte ihrer damaligen Erfahrungen. Begleitet von einem Filmteam der Deutschen Welle erinnerten sie an ihre Situation. Die Reportage „Zwei Frauen im Visier der Stasi“ ist online unter…“

Entnommen aus Bundesarchiv/Stasi-Unterlagen-Archiv (Hg), OV „Zwillinge“. Als zwei Freundinnen Ausreiseanträge stellten. Auszug aus Stasi-Akten. Redaktion: Bettina Altendorf, Axel Janowitz, Andreas Schiller, Berlin 2022

Bearbeitet und Gedankeneinfügungen von Petra Reichel

Siehe auch Stasi-Unterlagen-Archiv – „Einblick ins Geheime“

Broschüre mit den Dokumenten im PDF-Anhang zum Download

Kalenderblatt

Der 09. November, ein geschichtsträchtiges Datum in Deutschland

09.November 1989

Konterrevolutionäres Ereignis in der DDR:

Der Umriss der Grenzanlagen in Berlin, von den „Mainstream“-Medien und der offiziellen Geschichtsschreibung als „Mauerfall“ bezeichnet. Faktisch das Ende der DDR. Die restliche Zeit der DDR bis zum 03.Oktober 1990 war eine Art Kündigungsfrist. In dieser Zeit ging es zunächst „drunter und drüber“. Dann hat die Konterrevolution gesiegt und die Ereignisse mündeten dann in die Angleichung an die BRD, bis dann die Annexion formal vollzogen worden ist.

09. November 1938:

Scheitelpunkt der Novemberpogrome (07.-13. November).

Diese Ereignisse sind auch unter dem beschönigenden Namen „Reichskristallnacht“ bekannt. Es wurden Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte und Einrichtungen demoliert. Hunderte von Juden wurden innerhalb weniger Tage ermordet. Diese Ereignisse markieren den Übergang von der sozialen Ausgrenzung und Diskriminierung zur offenen Verfolgung der Juden in der Zeit des Faschismus. Während des zweiten Weltkrieges mündet der Antisemitismus in Deutschland in den heute als Holocaust bezeichneten industriellen Völkermord an etwa 6 Millionen europäischen Juden und weiteren aus rassistischen Motiven ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen in den Vernichtungslagern der Faschisten.

Fritz Selbmann

Friedrich Wilhelm „Fritz“ Selbmann, geboren am 29. September 1899 in Lauterbach (Hessen), gestorben am 26. Januar 1975 in Berlin/DDR war Parteipolitiker, Minister und Schriftsteller in der DDR.

Fritz Selbmann (links) und Otto Grotewohl (1949)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-S88297 / Igel / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5436606

Fritz Selbmann war Sohn eines Kupferschmiedes. Er arbeitete bereits mit 17 Jahren unter Tage, war Soldat im Ersten Weltkrieg und 1918 Mitglied eines Arbeiter- und Soldatenrates. 1920 trat er in die USPD ein und 1922 in die KPD. In der Weimarer Republik wurde er mehrfach wegen politischer Tätigkeit verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Er war vom 4. Oktober 1930 bis zu seiner Mandatsniederlegung am 22. August 1932 Mitglied des Preußischen Landtages[1], 1932/33 Mitglied des Reichstages und politischer Sekretär in den Bezirken Oberschlesien und Sachsen. Selbmann nahm am 7. Februar 1933 an der illegalen Tagung des Zentralkomitees der KPD im Sporthaus Ziegenhals bei Berlin teil.[2] Im gleichen Jahr wurde er verhaftet und überlebte den Faschismus in Zuchthäusern und KZs (KZ Sachsenhausen und KZ Flossenbürg, siehe „Die lange Nacht“, 1961).

Nach der Befreiung vom Faschismus hatte er in der SBZ (stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Wirtschaftskommission) und in der DDR hohe Funktionen inne (u. a. Minister für Industrie, später Minister für Schwerindustrie und stellvertretender Vorsitzender der Staatlichen Plankommission und des Volkswirtschaftsrates).

Anlässlich der versuchten Konterrevolution am 17. Juni 1953 war er einer der wenigen prominenten SED-Politiker, die sich in Berlin den Streikenden stellten. Als sich am 16. Juni 1953 Tausende von Bauarbeitern auf dem Platz vor dem Haus der Ministerien in der Leipziger Straße versammelt hatten, um gegen die Erhöhung ihrer Arbeitsnormen zu protestieren, begab er sich mutig unter die Demonstranten und versuchte von einem Bürotisch herab zu ihnen zu sprechen. Aber der aufgestaute Unmut der Arbeiter war schon zu groß. Selbst seine Mitteilung, das Politbüro habe die Normenerhöhung soeben zurückgenommen, vermochte die aufgebrachte Menge nicht zu beruhigen. Sein Hinweis, er sei doch selber ein Arbeiter, stieß auf entschiedene Ablehnung. Selbmann musste abtreten. Der begonnene Arbeiterprotest entwickelte sich zum Volksaufstand. In seinem am 21. Juni 1953 auf der Parteiaktivtagung in Dresden gehaltenen Referat bezeichnete Selbmann den Aufstand als „unerhörten Schandfleck der deutschen Arbeiterbewegung“ und verglich ihn mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941.[3]

1954 bis 1958 war Selbmann Mitglied des ZK der SED. Wegen „abweichender Haltung“ wurde er von Walter Ulbricht 1958 im Umfeld der sogenannten SchirdewanWollweber-Fraktion in der SED-Führung aus seinen politischen und staatlichen Ämtern gedrängt und verlegte sich auf die Schriftstellerei. Die Kämpfe um die sozialistische Planerfüllung waren sein vorherrschendes Motiv.

Bis zu seinem Tod lebte Fritz Selbmann als freischaffender Schriftsteller in Berlin, erst in Karlshorst und dann ab 1965 in Müggelheim. 1969–1975 war er einer der Vizepräsidenten des DDR-Schriftstellerverbandes. Er veröffentlichte 1970 im Mitteldeutschen Verlag, Halle/Saale, unter dem Titel „Alternative, Bilanz, Credo. Versuch einer Selbstdarstellung“ seine Autobiografie.

 

Gedenktafel in Lauterbach
Bildquelle: Von Reinhardhauke – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19914809

Seine Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt. Nach Selbmanns Tod wurde 1977 eine Schule in Müggelheim nach ihm benannt (16. POS „Fritz Selbmann“), die nach 1989 wieder umbenannt wurde.[4] Auch in Leipzig gab es eine nach ihm benannte Schule (88. POS „Fritz Selbmann“, Alte Salzstrasse 123). Schon 1950 war die Fachschule für Elektrotechnik in Mittweida nach Selbmann benannt worden.[5]

Grabstätte
Bildquelle: Von Z thomas – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52555270

Sein Sohn Erich war Journalist und Chefredakteur der „Aktuellen Kamera“ (Nachrichtensendung des Fernsehens der DDR).

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Deutsche Wirtschaftskommission

Die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) war die zentrale deutsche Verwaltungsinstanz in der Sowjetischen Besatzungszone und hatte schließlich, bis zum 7. Oktober 1949 – der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik – regierungsähnliche Funktionen.

Die Wirtschaftskommission wurde auf Grundlage des Befehls Nr. 138[1] der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) am 11. Juni 1947 in Berlin errichtet. Sie bestand bis zur Gründung der DDR am 7. Oktober 1949.

Der Kommission wurden durch die SMAD die bereits 1945 gegründeten Zentralverwaltungen für die verschiedenen Wirtschaftssektoren, für Finanzen, Soziales und andere Bereiche unterstellt. Hinzu kamen später Zentralverwaltungen für Umsiedler, Statistik, Interzonen- und Außenhandel sowie Sequestrierung und Beschlagnahme. Nicht der Kommission eingegliedert wurden Inneres, Volksbildung und Justiz. Grundsätzlich blieben die Zentralverwaltungen unabhängig voneinander.

Die Kommission diente zur Koordination der Zentralverwaltungen. Hinzu kamen der Kontakt zur SMAD und die Sicherstellung der Reparationslieferungen.

Aufgrund der krisenhaften wirtschaftlichen Entwicklung in der SBZ und nach dem Scheitern der Londoner Außenministerkonferenz im Dezember 1947 kam es zu einer Reorganisation der Kommission. Durch den Befehl Nr. 32 der SMAD vom 12. Februar 1948 wurde sie gegenüber den deutschen Organen in der SBZ zum Erlass von Verordnungen und Anordnungen ermächtigt.[2] Es gab nunmehr Plenarsitzungen und ein Sekretariat. Außerdem wurden als ständiger Vorsitzender Heinrich Rau sowie zwei Stellvertreter Bruno Leuschner und Fritz Selbmann installiert. Alle drei waren Mitglied der SED. Sie konnten verpflichtende Anordnungen für den Apparat der Kommission treffen. Das zehnköpfige Sekretariat zählte nur je einen Vertreter der Parteien CDU und LDP, was dem Ausbau der Vormachtstellung der SED zugutekam.

Angegliedert wurden der Kommission nun auch die Wirtschaftsleitung und -planung. Ebenfalls 1948 wurden die Zentralverwaltungen in Hauptverwaltungen umbenannt und ihre Zahl von 14 auf 17 erhöht. Die Zahl der Mitglieder der Kommission stieg seit dem 27. November 1948 von 38 auf 101 Personen aus den Verwaltungen. Hinzu kamen nunmehr 48 Vertreter der „Bevölkerung“, 15 Vertreter der Parteien und 10 Vertreter der Massenorganisationen wie dem FDGB.

Die DWK wirkte zentral an den Vermögenseinziehungen in der SBZ mit, etwa durch den Erlass von Durchführungsbestimmungen zu SMAD-Befehl Nr. 201,[3] der sich auf die Alliierte Kontrollratsdirektive Nr. 38 über die Entnazifizierung stützte oder den Erlass von Durchführungsbestimmungen zu SMAD-Befehl Nr. 64.[4] Sie erweiterte ihren Einfluss schrittweise auf das gesamte Wirtschaftsleben der SBZ inklusive der Privatwirtschaft, und die weitgehend verstaatlichten Bereiche Landwirtschaft, Handel und Banken sowie auf andere Bereiche wie die wissenschaftliche Forschung. Sie erreichte somit noch vor Gründung der DDR eine beträchtliche Zentralisierung. Das Sekretariat der Wirtschaftskommission hatte schließlich regierungsähnliche Funktionen. Am 7. Oktober 1949 gingen die Kommission und der ihr angeschlossene über 10.000-köpfige Apparat in der „Provisorischen Regierung“ der DDR auf.

Das Gebäude der Deutschen Wirtschafts-Kommission im Januar 1949, Leipziger Straße Ecke Wilhelmstraße in Berlin (seit 1992 Detlev-Rohwedder-Haus)
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-19000-4055 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5341387

Die Wirtschaftskommission war im Gebäude des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums, dem heutigen Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin untergebracht.

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

Westgeld

Westgeld war ein Begriff im Sprachgebrauch in der DDR[1], im DDR-offiziellen Sprachgebrauch wurden die Begriffe Valuta und Valutamark benutzt.

Wechselstube für „DM-West“ bei der Leipziger Herbstmesse 1950
Bildquelle: Von Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6537518

Im engeren und meist gebrauchten Sinne wurde damit die D-Mark bezeichnet, im weiteren Sinne umfasste Westgeld alle frei konvertierbaren Währungen westlicher Länder.

Westgeld bzw. D-Mark war, anders als die Mark der DDR, kein gesetzliches Zahlungsmittel in der Deutschen Demokratischen Republik. Eine Ausnahme bildete die staatliche Einzelhandelskette Intershop. Es war jedoch in Form von Bargeld eine Schattenwährung, vor allem für Güter und Dienstleistungen, die normale DDR-Bürger nicht ohne Weiteres bekamen.

Bis 1974 war es DDR-Bürgern verboten, Valuta zu besitzen. Mit Erlass des Ministerrates der DDR wurde das Verbot später aufgehoben, und DDR-Bürger konnten nun auch in den Intershops einkaufen. Sie konnten Valuta jedoch nicht legal gegen Mark der DDR eintauschen. Legal waren nur Valutageschenke von Verwandten aus dem westlichen Ausland oder Arbeitsentgelt für Tätigkeiten im westlichen Ausland, das anteilig in Valuta ausgezahlt wurde.

Ab 1979 mussten DDR-Bürger ihre D-Mark vor dem Einkauf in Intershop-Filialen in sogenannte Valuta-Schecks oder Forumschecks umtauschen. Diese besaßen den gleichen Wert wie die D-Mark, konnten jedoch nur in den Intershopläden eingelöst werden. Hintergrund für die Einführung der Forumschecks war der Umstand, dass die DDR auf diese Weise eher in den Besitz des echten Westgelds kam.

Forumschecks
Bildquelle: Wikipedia

Valuta etablierte sich in der DDR, neben Sachwerten wie Antiquitäten oder hochwertigen Lebensmitteln, als Zweitwährung, mit der man aber nicht in Läden und Verkaufseinrichtungen einkaufen konnte, sondern nur im Intershop oder inoffiziell bei Bekannten.

Ein üblicher (illegaler) Umtauschkurs war 1:4 (1 DM für 4 Mark der DDR); oft musste man noch deutlich mehr für eine DM zahlen, bis zu 1:25.

Der offizielle Umtauschkurs der DDR war 1:1, angewendet zum Beispiel beim Mindestumtausch (inoffiziell „Zwangsumtausch“) für Bürger der BRD und Westberlins beim DDR-Besuch oder bei der Bereitstellung des Reisegelds von 15 DM für DDR-Bürger, die ins westliche Ausland fahren durften. 

Umtauschbescheinigung der Staatsbank der DDR, Bhf Berlin Friedrichstraße, 20 DM in 20 M der DDR – 1987
Bildquelle: Von Cyzen – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=98914896

Die Mark der DDR war eine Binnenwährung, sie durfte das Staatsgebiet der DDR nicht in westliche Richtung verlassen, nur in andere Länder des RGW.

Im offiziellen Sprachgebrauch der DDR war von Valutamark bzw. Valuta-Mark (kurz: VM) die Rede, wenn mit Partnern in der BRD Geschäfte gemacht wurden, bei der diese Partner (meist vorab) an die DDR mit D-Mark bezahlten und dann der DDR-Staat dieselbe Summe in DDR-Mark für die Vertragszwecke freigab – wie etwa für die Kirchenbauprogramme in der DDR. Dabei galt nach DDR-Vorgabe das Währungsverhältnis 1 D-Mark = 1 Valuta-Mark = 1 DDR-Mark.

Seit 1. Januar 1959 wendete die DDR bei der Erfassung der Außenhandelsumsätze einen neuen Umrechnungskurs an: Für Außenhandelswerte galt die neu eingeführte Rechen- bzw. Verrechnungs-Einheit Valutamark (VM).[2]

Die Valutamark war kein Zahlungsmittel, sondern ein währungstechnisches Instrument, eine Wirtschaftsplan-Kennziffer zur Umrechnung der auf dem Weltmarkt geltenden Import‑ und Exportpreise einschließlich des Transferrubels, der für die Sowjetunion eine solche Umrechnungsfunktion hatte.[3]

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel