Die Kultur der Völker Russlands im 19. Jahrhundert

Das geistige Leben eines jeden Volkes verläuft nicht abgesondert vom Leben anderer Völker. Es bildet sich als Ergebnis des Zusammenwirkens der Kulturen verschiedener Völker, dabei seine wesentlichen nationalen Traditionen und Züge bewahrend und entfaltend.

Das geistige Leben eines jeden Volkes verläuft nicht abgesondert vom Leben anderer Völker. Es bildet sich als Ergebnis des Zusammenwirkens der Kulturen verschiedener Völker, dabei seine wesentlichen nationalen Traditionen und Züge bewahrend und entfaltend.

Das kennzeichnende Merkmal der russischen Kultur war nicht nur ihr hoher Ideengehalt, sondern auch ihr kämpferischer Geist. Dies ist auch der Grund, weshalb die russische Kultur, die die führenden fortschrittlichen Ideen der Menschheit in sich aufnahm, auch selbst auf die Entwicklung dieser Ideen einen mächtigen Einfluss ausübte. Mit dem großen Puschkin beginnend, nahm dieser Einfluss immer mehr zu. Die französischen Schriftsteller Georges Sand, Alphonse Daudet, Emile Zola, Maupassant hielten Turgenjew für einen großen Meister des Wortes und lernten im gleichen Maße von ihnen. In seiner Grabrede über der sterblichen Hülle Turgenjews sprach der französische Dichter Renan: „In Turgenjew lebte eine ganze Welt. Der Stamm der Slawen, die jetzt auf den ersten Plan in die Geschichte der Völker gerückt sind, bildet eine phänomenale Erscheinung und verkörpert sich in diesem großen Künstler. Turgenjew war ein Sohn seines Vaterlandes, aber nach seiner Art und Weise zu fühlen und zu schaffen, gehörte er der ganzen Menschheit.“

Einen noch größeren Einfluss auf die Kultur der Welt übten Tolstoi und Dostojewskij aus. Der französische Schriftsteller Romain Rolland schrieb über den mächtigen Einfluss Leo Tolstois auf das geistige Leben Europas folgendes: Es war dies wie ein in das grenzenlose Weltall geöffnetes Tor, wie eine große Offenbarung des Lebens. Noch nie war eine ähnliche Stimme in Europa ertönt.“ Großen Einfluss hatte in Europa auch Dostojewskij – „der erste Psychologe der Weltliteratur“, wie ihn der Schriftsteller Thomas Mann nannte. Tschechows und besonders Gorkis Werke schufen in Europa eine neue Schule von Schriftstellern.

Die russische Literatur beeinflusste die Bildung der Schriftsteller anderer slawischer Völker in erheblichem Maße. Die Werke Belinskijs, Tschernischewskijs, Nekrassows und anderer russischer Schriftsteller hatten eine mächtige Einwirkung auf die slawischen Schriftsteller.

Noch tiefer und unmittelbarer war die Verbindung der russischen Kultur mit der Kultur der anderen Völker Russlands. Die herrschenden Klassen des zaristischen Russlands fürchteten die Entwicklung der russischen Kultur und hinderten ihr schöpferisches Aufblühen. Um so mehr erniedrigten und unterdrückten sie die Kultur der unterjochten Völker.

Das russische Volk schuf seine nationale Kultur, die von Achtung gegenüber der Kultur anderer Völker durchdrungen ist.

Das Wachstum des Kapitalismus in den Grenzgebieten Russlands war von der Entwicklung einer nationalen Bewegung unter den unterdrückten Völkern Russlands begleitet. Die fortschrittlichen russischen Menschen zeigten gegenüber den Anfängen und Offenbarungen der Kultur der erwachenden Nationen tiefe Sympathie. Zwischen den russischen Kulturschaffenden und den fortschrittlichen Vertretern der andren Völker Russlands wuchs und befestigte sich eine brüderliche Freundschaft.

Das ukrainische Volk hat im 19. Jahrhundert eine Reihe von bedeutenden Schriftstellern aufzuweisen, die die reiche und klangvolle ukrainische Sprache vervollkommnet und bedeutende künstlerische Werke in ukrainischer Sprache geschaffen haben. Die Schöpfer der ukrainischen Literatursprache und Gründer der ukrainischen Literatur waren die drei Schriftsteller: Kotljarewskij – der Autor von „Natalka-Poltawka“ und „Aeneida“, Kwitka-Osnowjanenko – der Verfasser der „Kleinrussischen Novellen“, und Grebinka – der Autor ukrainischer Fabeln und Gedichte, ein persönlicher Freund und Übersetzer des großen Puschkin. (Ach ja, die Ukraine- Davon will heute niemand mehr was wissen. P.R.)

Der große Volksdichter der Ukraine war Taras Grigorjewitsch Schewtschenko.

Taras Grigorjewitsch Schewtschenko 1814 bis 1861
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1

In seiner Kindheit war er, der Sohn eines Leibeigenen, Hirte, später diente er bei einem Gutsbesitzer. Zusammen mit seinem Herrn gelangte er nach Petersburg und wurde zu einem Malermeister in die Lehre gegeben. Im Jahre 1836 wurde Schewtschenko mit den Schriftstellern Shukowskij und Grebinka bekannt, sowie mit dem berühmten Künstler Brjullow. Um dem urwüchsigen Talent das Studium zu ermöglichen, malte Brjullow Shukowskijs Porträt, verloste es in einer Lotterie und kaufte für die erhaltenen 2500 Rubel Schewtschenko frei. Schewtschenko trat in die Akademie der Künste ein. Zur gleichen Zeit schrieb er seine ersten Gedichte. Im Jahre 1840 erschien seine erste Gedichtsammlung „Kobsarj“ („Der Kobsaspieler“). Von tiefem Hass gegenüber dem Zarismus ist Schewtschenkos Gedicht „Der Traum“ erfüllt. In dem Gedicht „Der Kaukasus“ ruft Schewtschenko die Werktätigen aller Nationen zu Aufstand gegen den Zarismus, gegen das von ihm geschaffene Völkergefängnis, wo „von dem Moldauer bis zum Finnen in allen in allen Sprachen alles schweigt.“

Im April 1847 wurde Schewtschenko wegen revolutionärer Tätigkeit verhaftet. Das Gericht fällte das Urteil: „Den Künstler Schewtschenko wegen Abfassung aufrührerischer und in höchstem Grade frecher Gedichte, da er von starker Konstitution ist, als Gemeinen dem Orenburger Korps zuzuteilen.“

Der Zar Nikolaj I. fügte diesem Urteil hinzu: „Unter strengster Aufsicht – mit dem Verbot, zu schreiben und zu malen.“

Nach zehnjähriger Verbannung wurde Schewtschenko freigelassen. Die Verbannung hatte den revolutionären Dichter nicht gebrochen. Nach wie vor rief er das ukrainische Volk zum Kampf für die Freiheit und Unabhängigkeit auf. Im Juli 1859 siedelte er nach Petersburg über, wo er sich mit dem großen russischen revolutionären Schriftsteller Tschernyschewskij befreundete. Die Führer der russischen revolutionären Demokratie Tschernyschewskij und Dobrojubow schätzen Schewtschenko als ihren Gesinnungsgenossen und Mitkämpfer hoch ein. Dobroljubow schrieb über Schewtschenko: „Er ist ein Volkspoet in vollen Sinne des Wortes…Er kam aus dem Volke, lebte mit dem Volke, und nicht nur mit den Gedanken, sondern auch durch die Umstände seines Lebens war er mit ihm stark und mit allen Fibern verbunden.“

Schewtschenko brachte den russischen Schriftstellern und Revolutionären, die um die Freiheit der Völker kämpften, größte Liebe entgegen.

In der Entwicklung des poetischen Genius von Schewtschenko spielte die große russische Kultur, der Schewtschenko mit tiefer Achtung begegnete, eine gewaltige Rolle.

Die Werke des großen Volksdichters der Ukraine, des revolutionären Demokraten Schewtschenko, gehören nicht nur dem ukrainischen Volke, sondern allen Völker der Sowjetunion. (Na ja, davon ist nichts mehr geblieben. P.R.)

In enger Verbindung mit der russischen Kultur entwickelte sich auch die bjelorussische Literatur. In der Mitte des 19. Jahrhunderts trat der bedeutende Dichter und Dramaturg Dunin-Marzinkewitsch hervor, der mit seinen Poemen „Gapon“, „Kupala“ und anderen den Grund zur bjelorussischen Literatursprache legte. Er war der erste Schriftsteller, der sich dem überaus reichen Schaffen des bjelorussischen Volkes zuwandte. Nach der Reform des Jahres 1861 brachte die bjelorussische Literatur einen ganzen Plejadenschwarm von neuen bedeutenden Schriftstellern hervor, mit Franzisk Boguschewitsch an der Spitze, der besonders energisch für die Entwicklung der bjelorussischen Sprache kämpfte. In Poesie und Prosa schilderten die bjelorussischen Dichter und Schriftsteller wahrheitsgetreu das schwere Leben der weißrussischen Bauernschaft und traten als Ankläger der Zustände des zaristischen Russlands auf.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts rückt der revolutionäre Dichter Janka Kupala auf den ersten Platz. Janka Kupala (dies war der literarische Name von Iwan Dominikowitsch Luzewitsch), der Sohn eines armen Bauern, wurde der Herold für die Millionenmassen des unglücklichen bjelorussischen Volkes in seinem Befreiungskampf. Zur Zeit des revolutionären Aufschwungs in den Jahren 1912 bis 1913 schreib Janka Kupala die klassischen Werke der bjelorussischen Literatur: die Gedichtbücher „Shalejka“, „Gusljar“, „Spadtschina“ und andere.

Unter der ideellen Einwirkung der russischen Kultur entfaltete sich auch das Schaffen der Schriftsteller Georgiens, Armeniens und Aserbaidschans.

Die Gründer der neuen georgischen Literatur war Ilja Tschawtschadse, ein glühender Verehrer Belinskijs, Dobroljubows und Tschernyschewskijs. Unter dem Einfluss dieser revolutionären Demokraten und Vertreter des großen russischen Volkes geißelte Tschawtschawadse in seinen Werken den degenerierten Adel und schrieb verständnisvoll über die unterdrückte Bauernschaft. Er veröffentlichte Übersetzungen der Artikel von Belinskij, Dobroljubow und anderer russischer und westeuropäischer Schriftsteller. Die Zeitschrift „Der Bote Georgiens“, die Tschawtschawadse herausgab, wurde das Zentrum der Aufklärungsbewegung unter dem georgischen Volk. Ilja Tschawtschawadse ist der Schöpfer und Klassiker der zeitgenössischen georgischen Literatursprache.

Einer der bedeutensden Schriftsteller Armeniens war Chatschatur Abowjan. Sein Roman „Die Wunden Armeniens“, aus der Geschichte des russisch-persischen Krieges, spielte in der Geschichte der nationalen Kultur Armeniens eine große Rolle und legte den Grund zu der neuen armenischen Literatursprache. Dieser Roman, der der Stimmung nach patriotisch ist, schilderte in grellen Farben die schwere Lage des armenischen Volkes unter der persischen Oberherrschaft. Abowjan schätzte die russische Kultur hoch und war ein glühender Anhänger der geistigen und politischen Annäherung an das russische Volk. Er eröffnete die erste weltliche Schule in Armenien und machte die armenische Jugend mit den besten Werken der russischen und westeuropäischen Literatur bekannt. In den 1850er bist 1860er Jahren wurde in Moskau die Zeitschrift „Das Nordlicht“ in armenischer Sprache herausgegeben, in der vorbildliche Werke der russischen Literatur abgedruckt wurden.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der Gründer der aserbaidschanischen Literatur, Mirsa Achundow, seinen Kampf um die Entwicklung der aserbaidschanischen Sprache und schlug eine Reform des arabischen Alphabets vor. Achundow wurde in einer russischen Schule erzogen und die russische Literatur hatte einen großen und positiven Einfluss auf sein Schaffen. Achundow liebte besonders Puschkin. Er schrieb auf den Tod des russischen Dichters eine seiner besten Dichtungen. In seinen Lustspielen entlarvte er die Heuchelei und die Habgier der muselmanischen Geistlichkeit. Man nannte ihn den muselmanischen Molière. Achundow trat als erster gegen die Rechtlosigkeit der Frauen auf und kämpfte für die Aufklärung des aserbaidschanischen Volkes.

In Kasachstan waren der kasachische Dichter Abaj Kunanbajew und der demokratische Gelehrte Tschokan Walichanow glühende Anhänger der russischen Aufklärer. Kunanbajew war der Gründer der kasachischen Literatursprache und Klassiker der kasachischen Literatur. Er hat die Werke Puschkins, Lermontows und Krylows in die kasachische Sprache übersetzt. Kunanbajew erblickte in einer tiefen und engen Verbindung mit der fortschrittlichen Kultur den sichersten Weg zur Aufklärung des kasachischen Volkes.

Ein ebensolcher überzeugter Verfechter der Freundschaft des russischen und kasachischen Volkes war Tschokan Walichanow, der sich mit Dostojewskij und anderen Schaffenden der russischen Kultur und Aufklärung der Mitte des 19. Jahrhunderts befreundete. Walichannow war der erste kasachische Gelehrte. Seine Arbeiten über die Geschichte und Geographie der Völker Mittelasiens hatten große wissenschaftliche Bedeutung und waren von Mitgefühl für die unterdrückten Völker erfüllt.

Die kulturelle gegenseitige Beeinflussung und enge Verbindung aller Völker Russlands half die Rückständigkeit und Unwissenheit, die die zaristische Regierung aufrechterhalten suchte, zu überwinden. Die vom Zarismus unterdrückten Völker begeisterten sich an den fortschrittlichen Ideen der russischen Kultur; aus den großen Schöpfungen der russischen Schriftsteller eigneten sich die Ideale der politischen Freiheit und sozialen Gerechtigkeit an. Sie lernten, im russischen Volke ihren besten Freund und Führer im Kampfe um die nationale und soziale Befreiung zu sehen.

Besonders verstärkte sich der fortschrittliche Einfluss der russischen Kultur der anderen Völker Russlands vom Ende des 19. Jahrhunderts an, als an die Spitze der Freiheitsbewegung sämtlicher Völker Russlands das Proletariat trat, das solche Genies der Weltkultur wie Lenin und Stalin hervorgebracht hat. Russland wurde das Vaterland des Leninismus – der höchsten Errungenschaft der russischen und der Weltkultur.

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Autorin: Anna Michailowna Pankratowa

Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“

Russland – ein Nationalitätenreich. Der nationale Befreiungskampf der Völker Russlands

Die Umwandlung Russlands in ein viele Nationalitäten umfassendes Reich

Der im Verlauf des 15. Und 16. Jahrhunderts geschaffene zentralisierte Russische Staat verwandelte sich seinem Bestand nach mehr und mehr in einen Nationalitätenstaat.

Die Eroberung des Kasaner und des Astrachner Khanats, dieser Bruchstücke der Goldenen Horde, führte am Ende des 16. Jahrhunderts dazu, dass die Tataren und Völker des Wolga- und Uralgebietes – die Udmurten, Marijer, Tschuwaschen, die Mordwinen und Baschkiren – in den Bestand des Russischen Staates einbezogen wurden.

Im 16. Und 17. Jahrhundert gliederte der Russische Staat seinen Besitz zuerst das Westliche, aber später auch das gesamte Östliche Sibirien an. Dieses ausgedehnte Territorium bewohnten verschiedene sibirische Stämme: die Manjsi, die Chanten, Ewenken, Chakassen, Jakuten, Burjat-Mongolen und andere. Im Norden und Nordosten namadisierten die Nenzen, die Tschuktschen, die Korjaken und andere Völkerschaften mit ihren Rentierherden.

Im 18. Und zu Beginn des 19. Jahrhunderts bildeten sich auch die westlichen Grenzen des Russischen Reiches heraus. Laut Beschluss des Wiener Kongresses im Jahre 1815, der nach dem Fall des napoleonischen Imperiums Europa umgestaltete, wurde unter der Bezeichnung „Polnisches Reich“ der größere Teil der polnischen Gebiete Russland angegliedert. Der russische Imperator wurde zum erblichen König von Polen erklärt. Die unmittelbare Verwaltung Polens wurde dem vom Imperator ernannten Statthalter übertragen.

Die Litauen und Bjelorussland benachbarten baltischen Gouvernements (Livland und Estland) wurden schon zur Zeit des Nordischen Krieges Russland angegliedert. Das Gouvernement Kurland fiel nach der neuen Teilung Polens im Jahre 1795 an Russland. Die baltischen Gouvernements wurden von russischen Gouverneuren verwaltet. Die wirtschaftliche Herrschaft im Baltikum jedoch gehörte den Großgrundbesitzern, den deutschen Baronen, die der russische Zarismus unterstützte.

Die Vereinigung der Ukraine mit Russland war schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts im Einklang mit dem Willen des ukrainischen Volkes erfolgt, der westliche oder rechts des Dnjepr gelegene Teil der Ukraine jedoch unter der Herrschaft Polens geblieben. Nach der Teilung Polens im Jahre 1793 waren sämtliche bjelorussischen und fast alle Ukrainischen Gebiete dem Russischen Reich einverleibt worden.

Als Ergebnis der Eroberung Finnlands im Jahre 1809 wurde das Großfürstentum Finnland geschaffen. Alexander I. fügte seinen früheren Titeln Allrussischer Imperator und König von Polen auch noch den eines Großfürsten von Finnland hinzu.

Ungefähr zu der gleichen Zeit dehnten sich die Grenzen Russlands im Süden aus. Die internationalen und inneren Verhältnisse Georgiens brachten es in eine solche Lage, dass es entweder zwischen Persien und der Türkei aufgeteilt oder unter die Herrschaft Russlands geraten musste. Schon im Jahre 1555 war der westliche Teil Georgiens (Imeretien) an die Türkei gefallen, der östliche Teil aber (Kartlien und Kachetien) an Persien. Den Schlägen von zwei stärkeren Nachbarn ausgesetzt, konnte das feudale zersplitterte Georgien nicht dem Andrängen der Gegner standhalten und sich seine Unabhängigkeit bewahren. Die Angriffe der Türken und Perser drohten Georgien nicht nur mit dem Verlust seiner Unabhängigkeit, sondern auch mit der physischen Vernichtung der Bevölkerung.

Die georgischen Feudalherren halfen mit ihren inneren Fehden den Türken und Persern das georgische Volk auszuplündern und vernichten.

Die fortschrittlichen Männer Georgiens sahen die einzige Rettung des Volkes in der Angliederung an Russland, dessen Macht immer größer wurde. Obgleich auch die Angliederung Georgiens an Russland den Verlust der Unabhängigkeit bedeutete, rettete es das georgische Volk und seine Kultur vor der Vernichtung.

Nach schweren, von den persischen Eroberern verursachten Nöten sandte die georgische Regierung nach Petersburg eine Gesandtschaft mit „Bittpunkten“, betreffend die Angliederung Georgiens an Russland. Die zaristische Regierung erließ im September 1801 ein Manifest über die Angliederung Georgiens.

Nach der Angliederung Georgiens an Russland wurde auch das übrige Transkaukasien einverleibt.

Ab Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts begann die zaristische Regierung die Bergvölker des Nordkaukasus zu bezwingen. Unter der Leitung des tapferen Heerführers Schamil eröffneten die Bergvölker den Kampf um ihre Unabhängigkeit. Schamil hatte sich die Aufgabe gestellt, die zersplitterten und rückständigen Bergvölker in einem selbstständigen Staat zu vereinigen. Er stellte eine Armee zusammen und führte eine Reihe von Reformen durch, die fortschrittlichen Charakter trugen. Der Kampf der Bergvölker um ihre Unabhängigkeit dauerte länger als 25 Jahre (1834 bis 1859), wurde aber von der zaristischen Regierung unterdrückt.

Die südöstlichen Grenzen des Russischen Reiches erreichten zu Beginn des 20. Jahrhunderts Persien, Afghanistan und China. Russland verwandelte sich in ein gewaltiges, viele Nationalitäten umfassendes Imperium, das in seinem Bestand Dutzende von großen und kleinen Völkerschaften aufgenommen hatte. Vor dem ersten Weltkrieg zählte es ungefähr 170 Millionen Einwohner, unter denen die Großrussen den entwickeltsten Teil der Bevölkerung darstellten. Etwa 100 Millionen waren nicht Großrussen. Davon hatten ungefähr 30 Millionen, hauptsächlich türkische Bevölkerung, die Etappe der kapitalistischen Entwicklung noch nicht durchschritten, besaßen kaum ein eigenes Industrieproletariat und führten größtenteils ein Nomadenleben als Viehzüchter. In wirtschaftlicher und kultureller Beziehung am entwickelsten waren die Völker, die den westlichen Teil des Russischen Reiches bewohnten und früher als die anderen in das kapitalistische Wirtschaftssystem einbezogen worden waren. Bei diesen Völkern hatte sich bereits eine nationale Bourgeoisie und ein nationales Proletariat gebildet. Daher war im 19. Jahrhundert der Kampf um die nationale Unabhängigkeit vor allem in dieses Gebieten entbrannt.

Der Zarismus – der gemeinsame Feind der Völker Russlands

Die eroberten oder auf andere Weise dem Russischen Reich angeschlossenen Territorien verwandelte die zaristische Regierung in Kolonien. Die besten Ländereien zusammen mit den darauf ansässigen Bauern wurden an die Gutsbesitzer verteilt, die die örtlichen Bauern bedrückten und ausbeuteten.

Die zaristische Regierung half nicht nur den Volksmassen der Grenzgebiete nicht, sich von den Überbleibseln der rückständigen patriarchalischen Lebensformen zu befreien, sondern festigte und unterstützte diese Überbleibsel auf jedwede Weise. Die Politik des russischen Zarismus gegenüber den nichtrussischen Völkerschaften charakterisierend, schrieb J.W. Stalin: Der Zarismus pflegte in den Grenzgebieten absichtlich die patriarchalisch-feudale Bedrückung, um die Massen in Sklaverei und in Unwissenheit zu halten. Der Zarismus besiedelte vorsätzlich die besten Winkel der Grenzgebiete mit kolonisatorischen Elementen, um die Eingeborenen in die schlechtesten Gebiete zurückzudrängen und die nationale Zwietracht zu verstärken. Der Zarismus bedrückte, mitunter schloss er auch einfach die örtlichen Schulen, Theater, Bildungsanstalten, um die Massen in Unwissenheit zu halten. Der Zarismus unterband jedwede Initiative der besten Menschen aus der ortsansässigen Bevölkerung. Schließlich tötete der Zarismus jedwede Aktivität der Volksmassen der Grenzgebiete ab. Durch alles dies erregte der Zarismus unter den Eingeborenen tiefstes Misstrauen gegenüber allem Russischen, das zuweilen in eine feindselige Haltung überging.“

Der nationale Druck der herrschenden Klassen im zaristischen Russland zeigte sich vor allem darin, dass die Völker der Grenzgebiete dem russischen Volk nicht gleichberechtigt und der Möglichkeit beraubt waren, ihr eigenes Staatsleben zu haben und eine nationale Kultur zu entwickeln. Die zaristischen Beamten verhöhnten die Sprache und die Gebräuche der unterdrückten Völker, denen es verboten war, ihre Bücher zu drucken, ihre Kinder in der Muttersprache zu unterrichten, ein nationales Theater zu schaffen und sogar ihre nationalen Lieder zu singen. Nachdem die Angliederung Georgiens vollzogen war, unterzeichnete Zar Alexander I. ein neues Manifest über die gegenseitigen Beziehungen zwischen Georgien und Russland, gemäß dem die Verwaltung Georgiens dem neuen obersten georgischen Regenten übertragen wurde. Als Regenten von Georgien und in andere hohe Verwaltungsstellen wurden russische Beamte eingesetzt. An die Spitze Georgiens wurde ein russischer Oberbefehlshaber gestellt, dem das uneingeschränkte Reicht der Ernennung und Absetzung der Amtspersonen eingeräumt wurde. Die georgischen Fürsten und Gutsbesitzer sahen in den russischen Militärbehörden vor allem ihren Schutz gegen die georgische Bauernschaft, die sich sowohl gegen den Druck der zaristischen Behörden als auch gegen ihre eigenen Feudalherren auflehnte. Auf diese Weise bildete sich ein Bündnis zwischen den zaristischen Kolonisatoren und den ortseingesessenen Feudalherren.

Bjelorussland und die Ukraine wurden gleichfalls von russischen Beamten verwaltet und in Gouvernements des Russischen Reiches umgewandelt. Die bäuerliche Bevölkerung dieser Gouvernements war der Ausbeutung seitens der polnischen und russischen Gutsbesitzer ausgesetzt. Aus Erwägungen der internationalen Politik machte die zaristische Regierung den polnischen Gutsbesitzern Zugeständnisse, indem sie ihnen Ländereien, die von den bjelorussischen, ukrainischen und litauischen Bauern bewohnt waren, zuteilte. Auf diese Weise standen diese Bauern unter doppelten Druck: unter dem der polnischen Gutsbesitzer und des russischen Zarismus.

Als in der Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zarenmacht nach Mittelasien vorrückte, bemühte sie sich, es in eine Baumwoll-Rohstoffquelle für die Textilindustrie Russlands zu verwandeln. Die Regierung zwang die örtlichen Bauern, alle ihre Felder mit Baumwollstauden zu bepflanzen; die Baumwolle kam in die Fabriken der russischen Kapitalisten. Dieses Produktionssystem der Baumwolle führte zur Unterjochung der Baumwollbauern sowohl durch die russischen Kaufleute, als auch durch die örtlichen „Bajs“ (Kulaken). Unter Ausnutzung der bitteren Geldnot der Baumwollbauern gewährten die Bajs ihnen Darlehen zu Wucherzinsen, nahmen nicht selten den verschuldeten Bauern das Land weg und verwandelten die Bauern in ihre ewigen Knechte (Tschajriker).

Durch den Schutz der feudalen Privilegien, durch Geschenke und durch die Verleihung von Würden und Orden verwandelte die zaristische Regierung die örtlichen Feudalherren in treue und eifrige Diener. Sie traten als Vermittler im Handel dieser Gebiete mit Russland auf und waren materiell an der Erhaltung des kolonialen Regimes interessiert.

Die städtische Bourgeoisie und die bürgerliche Intelligenz der nationalen Grenzgebiete befanden sich ebenso zu einem beträchtlichen Teil im Dienst bei den zaristischen Kolonisatoren und unterstützten das kolonisatorische Regime.

Der russische Zarismus strebte danach, sich in allen seinen Besitzungen zu festigen und den nichtrussischen Völkerschaften die letzten Reste ihrer Selbstständigkeit zu nehmen. Nach dem Ausspruch Lenins verwandelte sich Russland in ein „Völkergefängnis“. Die russischen Beamten nannten offiziell die nichtrussischen Völkerschaften mit dem verächtlichen Namen „Fremdstämmige“ und erlegten ihnen jede erdenkliche Beschränkung auf. Besonders heftig wurden die Juden verfolgt. Es wurde die „Wohngrenze“ eingeführt, jenseits welcher die Juden sich nicht niederlassen durften. Die zaristischen Behörden hetzten ein Volk gegen das andere, organisierten blutigen Judenprogrome. Mit dem gleichen Ziel, die Völker Russlands unter sich zu entzweien, organisierte die Selbstherrschaft in Transkaukasien das Gemetzel zwischen Armeniern und Tataren.

 

Der Zarismus war der gemeinsame Feind des russischen Volkes und der anderen Völker, die zum Bestand des Russischen Reiches gehörten. Daher fand das russische Volk im Kampf um seine Freiheit und Unabhängigkeit stets die Unterstützung und Sympathie der nichtrussischen Völkerschaften. Andererseits erweckte die nationale Befreiungsbewegung der nichtrussischen Völkerschaften stets das lebhafte Mitgefühl der fortschrittlichen Menschen der russischen Gesellschaft. Nehmen wir z.B. den Aufstand, der unter Führung von Stepan Rasin erfolgte. An ihm nahmen außer den russischen Bauern und Kosaken Baschikren und Tataren teil. Eins der glänzendsten und heroischsten Blätter in der Geschichte des Befreiungskampfes der Völker Russlands war der große Bauernkrieg unter Führung von Jemeljan Pugatschow. An diesem Krieg nahmen die Völker des Wolgagebietes, des Urals und von Kasachstan teil.

Der Kampf der russischen Bauern gegen die leibeigene Ausbeutung fand besondere Sympathie und Widerhall bei den ukrainischen und bjelorussischen Bauern. Wiederholt hatte sich die ukrainische Bauernschaft gegen die Leibeigenschaft erhoben. Eine große Bewegung der Bauernmassen der Ukraine gegen den Druck der Leibeigenschaft entfaltete sich unter der Leitung des legendären Volkshelden Ustin Karmeljuk. Von 1812 bis 1835 stand Karmeljuk an der Spitze der Bauernaufstände in der Ukraine rechts des Dnjepr und riss die Massen der Bauernschaft zum Kampf gegen die polnischen, ukrainischen und russischen Gutsbesitzer fort. Die zaristische Regierung verhaftete Karmeljuk siebenmal und verschickte ihn nach Sibirien, aber jedes Mal flüchtete er und begann den Kampf gegen die Gutsbesitzer von neuem. Infolge seiner ungewöhnlichen Volkstümlichkeit unter der Bauernschaft war Kameljuk nicht zu fassen. In jeder ukrainischen Bauernhütte fand er Schutz und eine Zufluchtsstätte. Im September 1835 wurde Kameljuk während einer Razzia getötet. Die von ihm geleitete Bewegung fand Sympathie und Unterstützung der fortschrittlichen Menschen Russlands.

Auch der Kampf des polnischen Volkes um seine Unabhängigkeit rief die lebhafteste Sympathie der besten russischen Menschen hervor. Im Verlaufe des 19. Jahrhunderts fanden in Polen mehr als einmal Aufstände statt, deren Ziel die Schaffung eines unabhängigen polnischen Staates war. Große Ausmaße nahm der polnische Aufstand in den Jahren 1830/31 an. Dieser Aufstand endete mit einer Niederlage, da die Adligen, die die Bewegung leiteten, sich vor den Volksmassen fürchteten. Die Bauernschaft, die Agrarreformen verlangte, schloss sich dem Aufstand nicht an.

Nach der Unterdrückung des Aufstandes von 1830/31 wurde über Polen der Kriegszustand verhängt. Die zaristische Regierung traf alle Maßnahmen, um einen neuen Aufstand zu verhüten. Jedoch die außerordentlich schnelle Entwicklung des Kapitalismus in Polen, die durch das feudalistisch-leibeigene Regime des Zarismus gehindert wurde, schuf den Boden für einen neuen Aufschwung des nationalen Befreiungskampfes Polens um seine Selbstständigkeit. Dieser Aufschwung wurde auch durch die Entwicklung der revolutionären Bewegung in Europa und in Russland selbst gefördert.

Im Januar 1863 begann ein neuer polnischer Aufstand, in welchem sich breitere Schichten der kleinen Gutsbesitzer, der städtischen Arbeiter und der Handwerker, der polnischen demokratischen Intelligenz und ein beträchtlicher Teil der Bauernschaft zum Kampf erhoben. Jedoch herrschte in der nationalen Befreiungsbewegung des Jahres 1863 keine Einigkeit. Die großen Gutsbesitzer, die Eigentümer der Latifundien (der großen Güter), waren eng mit dem russischen Zarismus verbunden und zogen eine Verständigung mit der zaristischen Regierung vor.

Die von den Aufständischen geschaffene Regierung, in der Mehrzahl aus Angehörigen der Schlachta (des Kleinadels) bestehend, erschrak vor dem Schwung der Bewegung, die sich zu einem Kampf der Bauern um Land ausweitete, und forderte die Bauern auf, nach Hause zu gehen. Durch diese Maßnahme schwächte sie die Bewegung. Die polnischen Schlachtschitzen setzten ihre Hoffnungen auf die europäischen Mächte, aber weder von Frankreich noch von Österreich erhielt Polen die versprochene Hilfe. Zar Alexander II. traf mit dem König von Preußen ein Abkommen über die gemeinsame Unterdrückung des polnischen Aufstandes, zog eine gewaltige Armee zusammen und setzte sie zur Unterdrückung des aufständischen Polens ein.

Der Aufstand griff von Polen nach Litauen, Bjelorussland und auf die benachbarten Gebiete der Ukraine über. Die Bauern Litauens und Bjelorusslands erhoben sich gegen die Gutsbesitzer, und zwar sowohl gegen die russischen wie auch gegen die polnischen. Organisator und Führer des Aufstandes in Bjelorussland war Kastusj Kalinowskij. Er forderte Freiheit und Selbstverwaltung für das heimatliche Bjelorussland und Durchführung einer Bodenreform zugunsten der Bauern. Der Aufstand in Polen, Litauen und Bjelorussland wurde grausam unterdrückt. Die Führer des Aufstandes, die polnischen revolutionären Offiziere Wrublewskij und Dombrowskij flohen nach Frankreich. Der Führer der aufständischen bjelorussischen Bauern Kastusj Kalinowskij und viele Hunderte von Teilnehmern des Aufstandes wurden hingerichtet.

Während die Kräfte der russischen und europäischen Reaktion zur Unterdrückung des Aufstandes in Polen eingesetzt waren, unterstützten die russischen revolutionären Demokraten, mit Herzen und Tschernyschewskij an der Spitze, eifrig den Kampf des polnischen Volkes um seine Freiheit. Ein Teil der russischen Offiziere, die nicht an der Unterdrückung des Aufstandes teilnehmen wollten, nahm den Abschied. Einige russische Offiziere beteiligten sich an dem bewaffneten Kampf der Polen gegen den Zarismus.

Die geheime Gesellschaft „Semlja i Wolja“ („Erde und Freiheit“) schloss mit dem litauisch-bjelorussischen Komitee der Aufständischen zum gemeinsamen Kampf gegen den Zarismus mit der Losung: „Für eure und unsere Freiheit“ ein Bündnis. Serakowskij, einer der nächsten Mitkämpfer Tschernyschewskijs, leitete den Aufstand der litauischen Bauern. In seiner Zeitschrift „Kolokol“ („Die Glocke“) verteidigte Herzen unablässig die Rechte des polnischen Volkes auf seine Unabhängigkeit und geißelte die zaristischen Unterdrücker und Henker.

Auf diese Weise näherten sich die fortschrittlichen Vertreter des russischen Volkes und die unterdrückten nichtrussischen Völkerschaften immer mehr und mehr in dem gemeinsamen Kampf um ihre soziale und nationale Befreiung.

Vor dem Auftreten der Arbeiterklasse in Russland konnte jedoch der Befreiungskampf der unterdrückten Völkerschaften, wie auch der Aufstand der russischen Bauern, nicht erfolgreich sein. Erst die neue historische Epoche, die mit der Entwicklung des Kapitalismus in Russland und seinen Kolonien verbunden ist, schuf die Bedingungen für die Umwandlung der zersplitterten nationalen Befreiungsbewegungen in eine breite allgemein-demokratische Bewegung, geführt von dem russischen Proletariat, dem konsequentesten und entschlossensten Kämpfer gegen den Zarismus, für die Befreiung der unterdrückten Völker.

Zur Lage der Völker in der Sowjetunion (Stand 1947) siehe „Der Staatsaufbau der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Autorin: Anna Michailowna Pankratowa

Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1

Die Entwicklung der revolutionären Bewegung in Westeuropa. Russland in der Mitte des 19. Jahrhunderts

Zar Nikolaj I., der den Thron während des ersten offenen Aufstandes gegen den Zarismus bestiegen hatte, erblickte die Hauptaufgabe seiner Regierung in der Festigung der Selbstherrschaft und der Erhaltung der Leibeigenschaft. Sein Bestreben war, das ganze Land in ein militärisches Zuchthaus zu verwandeln.

Zum Schutze der bestehenden Ordnung wurde das Gendarmeriekorps gebildet. Die geheime politische Polizei berichtete über die Geisteshaltung der Untertanen. Besondere Beamten-die Zensoren-schauten vorher sämtliche Bücher, Zeitschriften und Privatbriefe durch, um „in die Geisteshaltung einzudringen, um zu beobachten, wer sich frei und unehrbietig über Religion und Staatsgewalt äußert“. Bei den Gerichten wurden die Prozesse nicht öffentlich geführt. Jedes Freidenkertum wurde streng bestraft.

Die Regierung Nikoajs I. erachtete es für gefährlich, das Volk aufzuklären. Der Minister für Bildungswesen, Uwarow, sagte: „Ich werde beruhigt sterben, wenn ich die Entwicklung Russlands um 50 Jahre verzögere.“ Der Unterricht wurde im Geiste „der Rechtgläubigkeit, der Selbstherrschaft und der Völkischheit“ erteilt. Die Erziehung und der Unterricht im Geiste dieser „Grundsätze“ sollten in der Seele der Jugend das Gefühl des Protestes gegen das Leibeigenschafts-Regime und die Selbstherrschaft ersticken.

Der russische Zar befürchtete das Eindringen der „Revolutionären Seuche“ vom Westen. Die Revolution in Europa trat ihren Triumphzug an. Im Juli 1830 flammte in Frankreich eine neue Revolution auf. Im November desselben Jahres begann der Aufstand in Polen. Nikolaj I. brach unverzüglich die Beziehungen zu Frankreich ab und schickte eine große Armee gegen Polen. Zur gleichen Zeit trat er mit den reaktionären Regierungen Österreichs und Preußens in Verhandlungen ein, um die weitere Ausbreitung der Revolution zu verhindern. „Die Revolution steht auf der Schwelle Russlands“, sagte er, „aber ich schwöre bei Gott, solange ich atme, wird sie diese Schwelle nicht überschreiten!“

Die revolutionäre Bewegung in Europawuchs weiter an. Die Arbeiterklasse, die als Ergebnis der Entwicklung des Kapitalismus aufkam, trat in den 30-40er Jahren des 19. Jahrhunderts mit ihren Forderungen auf. Im Jahre 1831 fand in Lyon (Frankreich) der erste Aufstand der Webereiarbeiter statt. Fast zur gleichen Zeit begannen die englischen Arbeiter einen revolutionären Kampf um die Gewährung politischer Rechte. Die Arbeiter legten ihre Forderungen in einem Dokument nieder, das sie „Charta“ nannten. Diese politische Bewegung wurden „Chartismus“ genannt.

In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts erstanden den Arbeitern große Führer: Karl Marx und Friedrich Engels. Sie organisierten die erste Partei der Arbeiterklasse: den „Bund der Kommunisten“, und schrieben für sie ein Programm: das „Manifest der Kommunistischen Partei“. In dem „Manifest“ wird dargelegt, dass der jahrtausendelange Kampf zischen Unterdrückern und Unterdrückten mit dem Sieg der Arbeiterklasse enden muss, die die proletarische Diktatur errichten und den Sozialismus aufbauen wird. Das „Manifest“ schließt mit dem Aufruf: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Im Juni 1848 erhoben sich die Pariser Arbeiter mit der Waffe in der Hand zum ersten Mal zum Kampf um ihre Rechte. Aber sie waren noch schwach und nicht organisiert, und erlitten eine Niederlage. Nichtsdestoweniger fand die französische Revolution des Jahres 1848 in fast allen Ländern Europas einen Widerhall.

Im Jahre 1849 siegte die Revolution in Ungarn, das die Unabhängigkeit von der österreichischen Monarchie, der es einverleibt war, verkündete.

Nikolaj I., der gemeinsam mit dem preußischen und österreichischen Monarchen die Gegenrevolution in Europa unterstütze, schickte zur Niederschlagung der ungarischen Revolution eine Armee von 100 000 Mann. Von österreichischen und russischen Truppen umzingelt, war die revolutionäre Armee Ungarns gezwungen, sich zu ergeben. Den russischen Zaren nannte man den Gendarmen Europas. Auch die anderen feudalen Monarchen, besonders der König von Preußen, spielten die Rolle von Gendarmen.

Der Zarismus konnte die Entwicklung der russischen Geschichte jedoch nicht aufhalten. Das Leibeigenschaftssystem in Russland machte eine Krise durch. Eine der markantesten und krassesten Erscheinungen dieser Krise waren die sich immer öfter wiederholenden Bauernaufstände gegen die Leibeigenschaft.

Im Lande ginge große Veränderungen vor. Die Bevölkerung in den Städten vergrößerte sich. Der Handel mit Europa und im Inneren dehnte sich aus. Von den40-50er Jahren an beginnt die kapitalistische Manufaktur durch die Fabrik (die maschinelle Großindustrie) abgelöst zu werden. In den Fabriken arbeiteten bereits viele Lohnarbeiter. Die Fabrikanten begannen, aus dem Ausland Maschinen zu beziehen. Die Einfuhr der Maschinen aus dem Ausland stieg in den 25 Jahren von 1835 bis 1860 um das 25fache. Es entstanden Eisenbahnen. Im Jahre 1851, wurde eine große Eisenbahn gebaut, die die damals alte Hauptstadt Moskau mit der damals neuen, Petersburg, verband.

Jedoch der Entwicklung des Kapitalismus stand die Leibeigenschaft im Wege. Die Industrie arbeitete schlecht, da die leibeigene Arbeitskraft sich für die Entwicklung des Kapitalismus als unproduktiv und unvorteilhaft erwies. Auch in der Landwirtschaft erwies sich die Arbeit mit Leibeigenen als unvorteilhaft. Im Frondienst arbeiteten die Leibeigenen schlecht. Die Technik der Landwirtschaft war noch rückständiger als in der Industrie. Die Ernten waren schlecht. Die Gutsbesitzer, die Geld brachten, steigerten die Ausbeutung ihrer Leibeigenen. Die Bauern kamen herunter und verarmten.

 

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

 

Original-Autorin: Anna Michailowna Pankratowa

ORIGINAL-TEXT aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1, aus dem Jahre 1947

Die großen russischen Aufklärer

Die bürgerliche Revolution in Europa und die Bauernaufstände im Lande stellten die fortschrittlichen Menschen Russlands vor die unvermeidliche Frage: „Was hat Russland zu erwarten? Welchen Weg soll es beschreiten, um eine gebührende Stellung in Europa einzunehmen?“

Das Werk Radischtschews fortsetzend, waren die Dekabristen als erst zum offenen Kampf gegen den Zarismus angetreten und hatten eine neue junge Generation von Revolutionären, mit Herzen und Belinskij an der Spitze, zum Kampfe aufgerüttelt.

Alexander Iwanowitsch Herzen 1812 bis 1870
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

Alexander Iwanowitsch Herzen wurde im Jahre 1812 in einer adligen Familie geboren und unter dem ideellen Einfluss Radischtschews, der Dekabristen und der Aufklärungsideen der französischen Revolution erzogen. Schon in früher Jugend erwies er der revolutionären Heldentat der Dekabristen seine Huldigung. „Die Hinrichtung Pestels und seiner Kameraden störte endgültig den Schlaf meiner Seele“, schrieb Herzen selbst darüber.

Nachdem Herzen die Universität von Moskau bezogen hatte, stellte er sich in den Mittelpunkt des Zirkels der revolutionären Jugend. Die Aufgabe seines Lebens und das Programm des von ihm organisierten Zirkels umriss Herzen mit folgenden Worten: „Die bestehende Achse, um die unser Leben kreiste, war unsere Einstellung gegenüber dem russischen Volke, der Glaube an das Volk, die Liebe zu ihm und der Wunsch, wirksam an seinem Schicksal teilzunehmen.“

Die Mitglieder von Herzens Zirkel hielten sich für „die Nachkommen der Dekabristen“ und führten den Kampf gegen die Selbstherrschaft und die Leibeigenschaft weiter.

Wegen Propaganda revolutionärer Ideen wurde Herzen verhaftet.

Im Jahre 1847 war er gezwungen, Russland zu verlassen, um den Kampf gegen die Leibeigenschaft außerhalb der Grenzen Russlands fortzusetzen.

Die zaristische Regierung erklärte Herzen zum lebenslänglich Exilierten.

Im Jahre 1848 nahm Herzen am revolutionären Kampf in Europa teil und war bitter enttäuscht über die europäische, besonders die deutsche Bourgeoisie, die den revolutionären Kampf aufgegeben und den Weg des Paktierens mit den Feudalen beschritten hatte.

Im Jahre 1853 gründete Herzen in London die „Freie russische Druckerei“ und gab die Zeitschrift „Der Polarstern“ heraus. Den Umschlag der Zeitschrift schmückten die Bildnisse der hingerichteten Dekabristen. Der Titel „Polarstern“ ließ erkennen, das Herzen das Werk der Dekabristen fortsetzte. Von 1857 bis 1867 ab Herzen im Ausland die berühmte Zeitschrift „Die Glocke“ heraus.

Unter der Devise „Ich rufe die Lebendigen“ rief er alle fortschrittlich und rechtlich denkenden Menschen Russlands zum Kampf gegen die Selbstherrschaft und Leibeigenschaft auf. Herzen forderte die Befreiung der Bauern unter Zuteilung von Land, die Errichtung einer demokratischen Macht und die völlige Vernichtung aller Arten von Leibeigenschaft. Herzen hoffte, dass Russland die bürgerliche Gesellschaftsordnung vermeiden und zum Sozialismus gelangen würde, indem es die Bauerngemeinde als Keimzelle der sozialistischen Gesellschaft benutze. Zeitweise wurde Herzen schwankend, sprach nicht von einer Revolution, sondern von einer Reform, aber diese Schwankungen waren vorübergehend und nicht von langer Dauer. Herzen war und blieb stets revolutionärer Kämpfer gegen die Selbstherrschaft.

In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts spielten nicht die Adligen, sondern die Rasnotschienzy (russ: „Leute aus verschiedenen Ständen“) in der Freiheitsbewegung Russlands die Hauptrolle. Es waren dies Leute aus verschiedenen Ständen, hervorgegangen aus verschiedenen sozialen Gruppen: aus dem Kleinbürgertum, der Geistlichkeit, der Kaufmannschaft, aus dem Beamtentum und dem Kleinadel. Die Revolutionäre aus den Reihen der Rasnotschienzy standen dem Volk näher als die adligen Revolutionäre.

Wissarion Grigorjewitsch Belinskij 1811 bia 1848
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

Der erste revolutionäre Rasnotschienez war der große russische Kritiker Wissarion Grigorjewitsch Belinskij (1811 bis 1848), der von seinen Freunden wegen seines leidenschaftlichen Dranges nach Wahrheit, wegen seiner Aufrichtigkeit und wegen seines feurigen Charakters „der unbezähmbare Wissarion“ genannt wurde.

Sohn eines Marinearztes, kannte Belinskij ein mühe- und entbehrungsvolles Leben seit seiner Kindheit und lernte schon sehr früh die Selbstherrschaft und die Leibeigenschaft hassen. Um Belinskij und Herzen bildete sich ein Zirkel, für den die Bezeichnung „die Westler“ geprägt wurde. Die Mitglieder dieses Zirkels kritisierten die leibeigenschaftliche Ordnung scharf und verfochten den Standpunkt, dass europäische Zivilisation für Russland notwendig sei.

Belinskij war der Begründer der russischen literarischen Kritik. Ungeachtet der wütenden Zensur legte er in geschickter Weise in den der Zensur unterliegenden Artikeln sein fortschrittlichen Befreiungsideen dar.

Belinskij, der das russische Volk mit heißem Herzen liebte, geißelte alle jene, die es als eine „rückständige Rasse“ hinzustellen versuchten. „Wir werden sowohl Dichter, wie auch Philosophen sein“, schrieb Belinskij im festen Glauben an die Zukunft des russischen Volkes, „ein künstlerisches, ein gelehrtes, ein militärisches, ein industrielles, ein händlerisches, ein soziales Volk zu sein.“

Prophetisch schrieb er, indem er von einem neuen, glücklichen Leben des russischen Volkes und der ganzen Menschheit träumte: „Wir beneiden unsere Enkel und Urenkel, denen beschieden ist, dass Russland des Jahres 1940 zu sehen, wie es an der Spitze der gebildeten Welt stehen, der Wissenschaft und der Kunst Gesetze geben und die Achtung der ganzen aufgeklärten Menschheit empfangen wird.“

Belinskij starb im Jahre 1848 in der Blüte seines literarischen Talentes, aber körperlich durch Entbehrungen und Verfolgungen gebrochen.

Der Nachfolger des revolutionären Aufklärers Belinskij und Fortsetzer seines Werkes war der große russische Schriftsteller und Gelehrte, der revolutionäre Demokrat Tschernyschewskij.

Nikolaj Gawrilowitsch Tschernyschewskij 1828 bis 1889
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

Lenin nannte Tschernyschewskij den großen Sozialisten der vormarxistischen Periode. Wie Herzen und Belinskij hatte auch er noch nicht begriffen, dass nur die Arbeiterklasse das Land zum Sozialismus führen kann. Tschernyschewskij verfocht das Programm der Bauernrevolution, wobei er die völlige Abschaffung der Leibeigenschaft und die unentgeltliche Übereignung des gesamten Grund und Bodens an die Bauern forderte. Für ihn verband sich die weitere Entwicklung des Landes auf dem Wege zum Sozialismus mit der Bauerngemeinde. Seine sozialistischen Ansichten legte Tschernyschewskij in einer Reihe von Artikeln nieder. Besonders markant sind die Ansichten in dem Roman „Was tun?“ dargelegt, der von ihm während der Zeit seiner Haft in der Festung geschrieben worden ist.

Im Jahre 1861 ging aus Tschernyschewskijs Zirkel die in einfacher Volkssprache geschriebene Proklamation: „Gruß an die leibeigenen Bauern von den ihnen Wohlwollenden“ hervor. Die Proklamation rief die Bauern auf, sich einmütig und organisiert für den allgemeinen Aufstand gegen den Zaren und die Gutsbesitzer vorzubereiten. Mit ebensolchen Proklamationen wandte sich Tschernyschewskijs Zirkel an die Soldaten und an die junge Generation.

Diese Proklamationen fielen der Polizei in die Hände. Tschernyschewskij und seine Freunde wurden verhaftet. Nachdem Tscheryschewskij zwei Jahre in der Peter-Paul-Festung festgehalten worden war, wurde er zu 14 Jahren Zwangsarbeit und zur lebenslänglichen Strafansiedlung in Sibirien verurteilt. Vor seiner Verschickung zur Zwangsarbeit wurde an Tscheryschewskij noch die mittelalterliche Zeremonie einer Hinrichtung vollzogen. Auf einem der Petersburger Plätze führten Henker Tschernyschewskij auf das Schafott, ließen ihn niederknien, fesselten ihn mit Ketten an den Schandpfahl und zerbrachen den Degen über seinem Kopf. Es regnete. Tschernyschewskij stand ruhig im Regen, das Ende der Verhöhnung abwartend. Als man ihn das Schafott herunterführte, trat ein Mädchen aus der Menge der Jugend hervor, die sich am Ort des Strafvollzugs versammelt hatte, und warf ihm als Zeichen der Bewunderung und Huldigung für die Standhaftigkeit des Revolutionärs Blumen vor die Füße.

Tschernyschewskij war ein großer russischer Patriot, der sein ganzes Leben seinem Volke weihte. Bereits in seiner Jugend schrieb er: „Zum Ruhme des Vaterlandes beizutragen, nicht zum vergänglichen, sondern zum ewigen Ruhme des Vaterlandes und zum Wohle der ganzen Menschheit – was kann es Edleres und Wünschenswerteres geben als das?“ Bis an sein Lebensende blieb Tschernyschewskij dieser großen Idee treu.

Nikolaj Alexandrowitsch Dobroljubow 1836 bis 1861
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

 

Tschernyschewskijs nächster Mitkämpfer und Freund war Nikolaj Alexandrowitsch Dobroljubow. Gemeinsam mit Tschernyschewskij und Nekrassow war Dobroljubow an der Herausgabe des Kampforgans der revolutionären Demokratie, der Zeitschrift „Sowremennik“ („Der Zeitgenosse“), beteiligt. Ihm diente die literarische Kritik als Kampfmittel gegen die Selbstherrschaft und Leibeigenschaft. In unbeirrbarem Glauben an das Volk hielt Dobroljubow die Volksmassen für die gewaltige Kraft der Geschichte. Um aber diesen Kräften freien Lauf zu geben, forderte er die Bauernbefreiung und rief alle rechtlich denkenden und bewussten russischen Patrioten auf, die Bauernrevolution zu unterstützen. Im Jahre 1861 starb Dobroljubow im Alter von 25 Jahren an der Schwindsucht. Tschernyschewskij grämte sich sehr über den Verlust seines jungen Freundes, revolutionären Gesinnungsgenossen und Mitkämpfers. Marx und Engels stellten Dobroljubow in eine Reihe mit den großen westeuropäischen Aufklärern: Lessing und Diderot. Lenin schrieb über Dobroljubow, dass dem gesamten gebildeten und denkenden Russland „der Schriftsteller teuer sei, der leidenschaftlich die Willkür hasste und leidenschaftlich den Volksaufstand gegen die ‚Türken im Innern‘, gegen die Selbstherrschaft, erwartete.“

 

Einer von Tschernyschewskijs Gefährten in seinem Kampf um die Bauernrevolution war der Dichter der revolutionären Bauerndemokratie Nikolaj Alexjewitsch Nekrassow.

Nikolaj Alexejewitsch Nekrassow 1821 bis 1877
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947

Schüler und Nachfolger des großen russischen Kritikers Belinskij, der auf den jungen Dichter einen gewaltigen ideellen Einfluss ausübte, richtete Nekrassow die gesamte Kraft seiner „zündenden Verse“ auf den Kampf mit den Übeln und den Ungerechtigkeiten der Gesellschaft seiner Zeit. In seinen Poemen und Gedichten geißelte er die Anhänger der Leibeigenschaft und rief das Volk zum Kampf gegen den Zaren und die Gutsbesitzer auf. Sein Schaffen übte in der Periode des Aufschwungs der Bauernbewegung Ende der 50er Jahre einen gewaltigen Einfluss auf den demokratischen Teil der Gesellschaft aus. Nekrassows Gedichte, die in der bilderreichen Volkssprache geschrieben sind, wurden zu Lieblingsliedern des russischen Volkes.

Lenin nannte Herzen, Belinskij, Tschernyschewskij, Dobroljubow die großen russischen Aufklärer. Sie vereinte der leidenschaftliche Hass gegen die Selbstherrschaft und die Leibeigenschaft und alle ihre Überbleibsel.

Die Aufklärer verteidigten die Interessen der Volksmassen und waren bestrebt, Russland nach neuen, europäischen Grundsätzen umzuwandeln. Durch ihre Predigten halten die revolutionären Aufklärer, jene neue Etappe in der Geschichte Russlands vorzubereiten, in der die breiten Volksmassen der Arbeiter und Bauern zum Kampf gegen den Zarismus unter der Leitung der bolschewistischen Partei antraten.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts erhoben sich die Revolutionäre aus verschiedenen Klassen zum Kampf gegen den Zarismus, aber erst am Ende dieses Jahrhunderts trat die konsequenteste und entschlossenste Klasse auf den Plan: das Proletariat, dem es gelang, den großen Befreiungskampf bis zum Ende zu führen.

Lenin sagte prophetisch voraus, dass die russische Arbeiterklasse „sich den Weg zur freien Vereinigung mit den sozialistischen Arbeitern aller Länder bahnen wird, nachdem sie jene Natter, die Zarenmonarchie, zertreten haben wird, gegen die Herzen als erster das große Banner des Kampfes erhoben hat, indem er sich an die Massen mit dem freien russischen Wort wandte“.

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Autorin: Anna Michailowna Pankratowa

ORIGINAL-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1 aus dem Jahre 1947