Die Teilnahme Russlands am Siebenjährigen Krieg

Peter der Große war im Jahre 1725 gestorben. Einen Nachfolger hatte er nicht ernannt. Unter den Adligen der Hauptstadt, die sich auf die Waffengewalt – die Garderegimenter- stützten, begann ein Kampf um die Macht. Es war eine Periode der Palastrevolutionen, in denen die Bewerber um die Macht einander ablösten. Im Jahre 1741 wurde als Ergebnis einer Palastrevolution die Tochter Peters des Großen, Jelisaweta Petrowna, auf den Thron gehoben.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte sich der Einfluss Russlands auf die europäischen Angelegenheiten verstärkt. Engels bemerkte, dass die Nachbarn Russlands schwächer geworden waren. Im Norden waren die Kraft und das Prestige Schwedens deshalb gesunken, weil Karl XII. den Versuch unternommen hatte, ins Innere Russlands einzudringen. Im Süden stellten die Türken und ihre Tributpflichtigen, die Krim-Tataren, nur noch Reste der ehemaligen Größe dar. Im Westen bedeutete Polen, das sich im Zustand völligen Verfalls befand, bereits keine Gefahr mehr für Russland. Auch der deutsche Feudalstaat bröckelte auseinander. Wie Engels betonte, bestand das römisch-deutsche Reich nur noch dem Namen nach.

Dieses mittelalterliche Reich unter dem prunkvollen Titel: „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“ stellte einen ohnmächtigen Bund von 360 deutschen Halbstaaten dar. Den Kern des Reiches bildete Österreich, und seine Herzöge galten als deutsche Kaiser. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts traten als Nebenbuhler der Habsburger die preußischen Hohenzollern auf. Im Jahre 1740 wurde Friedrich II. König von Preußen. Dieser – nach Äußerung seiner Zeitgenossen „ein ganz schlauer König“- unternahm unerwartete Angriffe auf seine Nachbarn, eroberte skrupellos fremde Länder, wobei er in der Politik keinerlei Moral anerkannte. „Erst Besitz ergreifen und nachher Verhandlungen führen“, pflegte er zu sagen.

Er eroberte die reiche alte polnische Provinz Schlesien, die Österreich einverleibt war, und suchte zu erreichen, dass alle europäischen Staaten wie diese Eroberung so auch „die Rechte“ Preußens auf Böhmen, Sachsen und das baltische Gebiet anerkennen.

Preußens Eroberungspolitik entfesselte einen großen europäischen Krieg, der die Bezeichnung „Siebenjähriger Krieg“ erhielt (1756 bis1763). Auf Seiten Friedrichs stand England, das darauf rechnete, durch Preußens Hilfe seinen Nebenbuhler zur See, Frankreich, zu schwächen. Russland trat dem Bündnis Frankreichs, Österreichs und Sachsens gegen Preußen bei. Die Hauptaufgabe Russlands in diesem Krieg war, die preußische Aggression im Baltikum zu verhindern.

Als Friedrich II. den Krieg begann, war er von seiner militärischen Überlegenheit überzeugt. Seine Armee, aus angeworbenen Berufssoldaten bestehend, war gut ausgebildet, gedrillt, an leichte und schnelle Siege gewöhnt und galt für „unbesiegbar“.

Friedrich II. behandelte die russische Armee als Kriegsmacht mit Geringschätzung. Er rechnete damit, durch einen kurzen und schnellen Schlag erst Russland niederzuwerfen und dann Russlands Bundesgenossen Frankreich.

Die russischen Truppen überschritten im August 1757 die Grenzen Ostpreußens und begannen den Angriff auf Königsberg. Friedrich II. schickte ihnen starke Kräfte entgegen. Als sich die russischen Truppen auf einem schmalen Waldweg inmitten unzugänglicher Sümpfe fortbewegten, griffen die Deutschen sie an, nachdem sie sämtliche Ausgänge vom Schlachtfeld versperrt hatten. In dieser Falle, bei Groß-Jägersdorf, war die russische Armee gezwungen, die Schlacht aufzunehmen. Die Vorhuten der Infanterie kämpften erbittert am Waldrand und ließen den Feind nicht durch, bis das Gros der russischen Kräfte, das sich auf dem Waldweg befand, ihnen zu Hilfe gekommen war. Mit Hurrarufen stürzten sich sie russischen Truppen in den Bajonettgriff und warfen die Deutschen zurück. Eine bedeutende Rolle bei der Abwehr des deutschen Vorstoßes spielte die russische Artillerie, die gerade am Vorabend des Krieges reorganisiert worden war. Geschütze neuen Typs waren eingeführt worden, die weitragender und beweglicher waren als die alten.

Der Sieg der Russen bei Groß-Jägersdorf verblüffte die Deutschen. Die Festung Königsberg ergab sich kampflos. Fast das gesamte Ostpreußen geriet in die Hände der Russen.

Die Erfolge der russischen Truppen in Ostpreußen beunruhigten nicht nur die Feinde, sondern auf die Bundesgenossen Russlands. Da die Bundesgenossen eine Verstärkung des russischen Einflusses befürchteten, unterstützten sie die Erfolge der russischen Armee nicht durch eigene Angriffsoperationen und festigten diese Erfolge auch nicht. Infolge des Zauderns und der Fehler der Kommandoführung der Bundesgenossen geriet die russische Armee im Jahre 1758 in eine schwierige Lage bei Zorndorf, kam aber auch hier um den Preis großer Anstrengungen und Opfer mit Ehren aus der schwierigen Lage heraus. Friedrich musste nach Zorndorf anerkennen: „Die Russen kann man alle bis auf einen totschlagen, aber nicht besiegen.“ Zur gleichen Zeit äußerte er sich über seine eigenen Soldaten: „Meine Halunken flohen wie alte Weiber.“

Nach Zorndorf trat Stillstand ein. Die preußische Armee war sehr mitgenommen. An der Spitze der russischen Armee stand der alte russische General Saltykow. Im Sommer des Jahres 1759 führte er die Armee zum Angriff auf Berlin. Die Entscheidungsschlacht fand bei Kunnersdorf, fünf Kilometer von Frankfurt an der Oder entfernt statt. Unter dem orkanartigen Feuer der russischen Artillerie flohen die Preußen in panischem Schrecken über die schmalen Durchgänge zwischen den Seen: Die Zerschmetterung war so vernichtend, dass der König selber beinahe in Gefangenschaft geraten wäre. Friedrich II. war nahe daran Selbstmord zu begehen. „Ich bin unglücklich, dass ich noch am Leben bin“, schrieb er. Von einer Armee von 48 000 Mann verblieben mir noch nicht einmal 3 000 Mann. Während ich dies sage, flieht alles, und ich habe schon keine Macht mehr über diese Leute.“

In Berlin trat eine Panik ein. Die königliche Familie und die Berliner Behörden verließen die Hauptstadt. Die österreichische Heeresleitung rettete jedoch abermals Friedrichs Lage, da sie seine Verfolgung und auch den Marsch nach Berlin ablehnte. Die gab Friedrich II. die Möglichkeit, eine neue Armee aufzustellen. Ein Jahr später jedoch wurde Berlin von russischen Truppen eingenommen. Am Morgen des 9.Oktober 1760 zogen die russischen Truppen feierlich in die preußische Hauptstadt ein. Die Vertreter der Stadtverwaltung Berlins überbrachten der russischen Heeresleitung auf einem Samtkissen die Schlüssel der Festungstore der Stadt.

Preußens militärischen Lage war hoffnungslos. Zu dieser Zeit jedoch starb die Zarin Jelisaweta Petrowna. Ihr Enkel, ein holsteinischer Prinz, der als Peter III. Imperator von Russland wurde, rief, da er ein glühender Verehrer und Anhänger Friedrichs II. war, die russischen Truppen zurück und schloss mit Preußen einen Bündnispakt.

Die russische Armee, die so viele Opfer gebracht und im Kampf mit Preußen neuen Ruhm an ihre Kriegsfahnen geheftet hatte, war von einer solchen Politik bitter enttäuscht. Allen wurde klar, dass Peter III. die Interessen Preußens, aber nicht die Russlands verteidigte.

Die empörten Gardisten zettelten gegen den neuen Imperator eine Verschwörung an. Im Sommer 1762 wurde Peter III. verhaftet, bald darauf ermordet. Seine Gemahlin Jekaterina II.(Katharina die Große) wurde zur Zarin ausgerufen.

Siehe auch Wikipedia, wo das Ganze etwa anders dargestellt wird.

Die heutige Russische Botschaft stellt es in ihrem Facebook-Eintrag zum Denkmal für Peter den Großen, wieder anders dar.

 

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1, Original-Autorin Anna Michailowna Pankratowa, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 1

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