1. Die deutsche Sommeroffensive
Genauso wie alle Kriege des 20. Jahrhunderts unterschied sich der Große Vaterländische Krieg der Sowjetunion von den Kriegen vergangener Jahrhunderte dadurch, dass man seinen Ausgang nicht durch eine einzige Schlacht entscheiden konnte. Die Schlacht vor Moskau brachte den Deutschen eine schwere Niederlage bei, aber die deutsche Kriegsmaschine war noch lange nicht zerschlagen. Im ersten Weltkrieg hatten die Großmächte einen Ring von Fronten um Deutschland geschaffen, und trotzdem waren vier Jahre erforderlich, um der deutschen Armee eine endgültige Niederlage beizubringen. Im zweiten Weltkrieg kämpfte Deutschland zwar ohne die Türkei, hatte dafür aber Italien, Japan und Finnland auf seiner Seite.

Im Jahre 1941 führte die Sowjetunion faktisch allein den Kampf gegen Deutschland, das im Vergleich zum Jahre 1914 wesentlich stärker geworden war. Die Last, die sich früher auf einige Großmächte verteilt hatte, musste die Sowjetunion allein tragen. Diese Tatsache allein sagt überzeugend darüber aus, was für Fortschritte das Sowjetland im Vergleich zum alten Russland gemacht hat.

Im Jahre 1942 kämpfte die UdSSR gegen Deutschland und seine Verbündeten auch weiterhin allein, weil die Alliierten keine zweite Front in Europa geschaffen hatten. Das Fehlen der zweiten Front machte sich die faschistische Führung zunutze, um mit neuen Kräften gegen Osten aufzubrechen. In Deutschland wurde eine „totale Mobilmachung“ verkündet: in den Betrieben und Ämtern sowie in den Lehranstalten wurden alle Waffenfähigen eingezogen.

Hitler presste seinen Vasallen neue Truppenverbände ab. Er zog Dutzende von Divisionen von der Westfront ab und warf sie nach Osten. Es gelang ihm, eine gewaltige Faust an der sowjetisch-deutschen Front zu ballen.

In seiner Reichstagsrede am 26. April 1942 sagte Hitler: „Der Winter ist zu Ende, jetzt muss es sich entscheiden, wer siegen wird.“ Einige Tage später warf Hitler seine Armeen in eine neue Offensive. Er versuchte vor allem, sich gegen einen Schlag im Rücken von der Krim aus zu sichern. Anfang Mai fielen die deutschen Truppen über die sowjetischen Verbände her, welche die Kertsch-Halbinsel hielten. Ende Mai wichen die sowjetischen Truppen dem Druck überlegener feindlicher Kräfte und räumten die Kertsch-Halbinsel.

Nachdem sie ihre Kräfte auf der Kertsch-Halbinsel frei gemacht hatten, nahmen die Hitlerleute den Sturm gegen die Stadt Sewastopol, die sich bereits über 200 Tage tapfer verteidigte, wieder auf. Gegen die heldenmütigen Verteidiger von Sewastopol setzte Hitler 300 000 Mann, über 400 Panzer und 900 Flugzeuge ein. Die Faschisten ließen täglich 2500 bis 6000 Bomben auf die Stadt fallen. An zwei Kampftagen feuerte der Feind 37 000 Geschosse gegen Sewastopol ab. Aber die Verteidiger Sewastopols kämpften mit beispiellosem Mut und ließen den Gegner im Vorfeld der Stadt verbluten.

Schulter an Schulter mit den Kämpfern der Küstenarmee kämpften heldenmütig die Angehörigen der Schwarzmeerflotte. Die Flotte brachte den Belagerten Ersatz, Waffen und Verpflegung. Die Geschütze der großen Schiffe und die Küstenbatterien errichteten vor dem Gegner eine mächtige Feuerwand. Die Marineluftwaffe bekämpfte unter unwahrscheinlich schwierigen Bedingungen bis zum letzten Belagerungstag die feindliche Luftwaffe und griff die deutschen Stellungen an. Die Brigaden der Marineinfanterie fingen als erste den feindlichen Ansturm auf und vollbrachten in erbitterten Kämpfen Wunder und Standhaftigkeit und Tapferkeit.

Auf dem Höhepunkt der Kämpfe erhielten die Verteidiger von Sewastopol – die Kämpfer der Küstenarmee und der Schwarzmeerflotte – eine Botschaft von J.W. Stalin. Darin hieß es: „Der aufopferungsvolle Kampf der Sewastopoler dient der ganzen Roten Armee und dem Sowjetvolk als Vorbild des Heldenmutes.“

Atemlos verfolgten alle freiheitsliebenden Völker die Schlacht um Sewastopol. In den Stunden des Kampfes auf Leben und Tod erhielten die Verteidiger von Sewastopol ermutigende Grüße von der Garnison der Insel Malta. Der Gouverneur von Malta, Lord Gort, brachte die Begeisterung der Garnison und der Zivilbevölkerung von Malta über die bewundernswürdige Verteidigung von Sewastopol zum Ausdruck und schrieb: „Der Widerstand, den die Verteidiger der Stadt dem Feind leisten, schmückt den historischen Namen Sewastopols mit neuem Lorbeer.“

Der neue Sturm auf Sewastopol kam den Deutschen teuer zu stehen. Allein in 25 Angriffstagen, vom 07. Juni bis 03. Juli 1942, verloren sie etwas 150 000 Soldaten und Offiziere, davon nicht weniger als 60 000 an Toten, über 250 Panzer und 250 Geschütze. In den Luftkämpfen über der Stadt wurden von den Sowjetfliegern über 300 deutsche Flugzeuge abgeschossen. Nach einer 250tägigen heldenmütigen Verteidigung fiel die Heldenstadt am 03. Juli. In dieser Zeitspanne verloren die Deutschen etwa 300 000 Soldaten und Offiziere an Toten und Verwundeten.

Nachdem sie ihren Rücken gegen einen eventuellen Schlag von der Krim aus gesichert hatten, konzentrierten die Hitlerleute seit Anfang Juni ihre Truppen im südwestlichen Abschnitt der sowjetisch-deutschen Front und schufen hier eine große zahlenmäßige Überlegenheit.

In dieser Periode waren von Hitler außer den 179 deutschen Divisionen weitere 61 Divisionen seiner Vasallenländer gegen die Rote Armee eingesetzt. Auf diese Weise operierten gegen die Rote Armee 240 Divisionen- fast doppelt soviel wie im Krieg 1914-1918 gegen Russland.

Das Ziel der neuen faschistischen Offensive bestand genauso wie im Herbst 1941 in der Einnahme von Moskau, aber diesmal wollte man es auf einem anderen Wege erreichen. Die Wolga sollte erreicht, die Hauptstadt von dem Hinterland an der Wolga und dem Ural abgeschnitten werden. Das war der Plan des deutschen Oberkommandos. Aber zum Unterschied vom Jahre 1941, da Hitler seine Pläne hinausposaunte, versuchte er diesmal, seine wahren Absichten zu tarnen. Die Nazis brachten das Gerücht in Umlauf, dass die Eroberung des kaukasischen Erdöls das Hauptziel ihrer Offensive darstelle.

Es gelang ihnen aber nicht, die Wachsamkeit des sowjetischen Oberkommandos zu täuschen. J.W. Stalin durchschaute die deutschen Pläne. Er wies darauf hin, dass das Hauptziel die deutschen Offensive „darin bestand, Moskau vom Osten her zu umgehen, es vom Hinterland, dem Wolgagebiet und dem Ural, abzuschneiden und dann den Schlag gegen Moskau zu führen. Das Vorrücken der Deutschen im Süden in der Richtung auf die Erdölgebiete hatte das Nebenziel, nicht nur und nicht so sehr die Erdölgebiete zu besetzen, als vielmehr unsere Hauptreserven nach dem Süden abzuziehen und die Moskauer Front zu schwächen, um bei dem Schlag gegen Moskau desto leichter einen Erfolg erzielen zu können“.

Die Deutschen hatten zunächst vor, im Raum von Woronesh durchzubrechen. Das sowjetische Oberkommando erriet die gegnerischen Absichten und ergriff die notwendigen Gegenmaßnahmen: bei Woronesh stießen die Deutschen auf einen entschlossenen Widerstand. Das Hitlerkommando warf immer neue Divisionen in den Kampf. Es gelang den Deutschen, in Woronesh einzudringen, ohne dass sie jedoch die Stadtganz zu besetzen vermochten. In den Kämpfen gegen die faschistischen Eindringlinge legten die sowjetischen Krieger außerordentliche Standhaftigkeit und ungewöhnlichen Mut an den Tag und fügten den Angreifern große Verluste zu. Der deutsche Plan wurde zunichte gemacht.

Da es bei Woronesh auf einen zähen Widerstand stieß, änderte das Hitlerkommando die Hauptstoßrichtung und stieß südlicher über den Unterlauf des Dons zur Wolga vor. Da eine zweite Front fehlte, gelang es den Deutschen durch eine beispiellose Kräftekonzentration an einem schmalen Frontabschnitt, neue Gebiete im Südosten der Sowjetunion zu erobern. Sie besetzten den östlichen Teil der Ukraine, überschritten den Don, rückten längs des Unterlaufes dieses Flusses vor und brachen zum Kuban und Nordkaukasus durch. Das Sowjetland geriet in eine äußerst schwere Lage.

2. Die faschistische „Neuordnung“
Überall, wo die deutschen Faschisten hinkamen, legten sie der Bevölkerung ein Joch auf, das schwerer als das der Mongolen war. (siehe „Das Sowjetland“, Band 1) Selbst bei Barbarenüberfällen auf Russland vor vielen Jahrhunderten hatte es keine derartige Ausrottung von Menschen und eine derartig systematische Plünderung gegeben. „Wir brauchen Russland ohne die Russen“ ,erklärten die Nazis. Dieses Menschenfresserprogramm begannen sie in den von ihnen besetzten Gebieten in die Tat umzusetzen.

Städte und Dörfer wurden buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Die deutschen Faschisten haben 1710 Städte und über 70 000 Dörfer vollständig oder teilweise zerstört und niedergebrannt, über 6 Millionen Wohnhäuser vernichtet. 25 Millionen Sowjetmenschen blieben obdachlos.

In den vorrübergehend besetzten Gebieten und Republiken der Sowjetunion schafften die Hitlerräuber die vom Volke in der Oktoberrevolution erkämpfte Freiheit und Unabhängigkeit wieder ab. Das eroberte Gebiet wurde von den Faschisten in eine Kolonie verwandelt. Überall wurde die sowjetische Verwaltung vernichtet. An die Spitze der besetzten Republiken und Gebiete wurden nazistische Statthalter gestellt. Die nazistischen Kommandanten hatten über das Leben der Bevölkerung zu bestimmen. Wer die Anordnungen des faschistischen Eroberers nicht unverzüglich befolgte, wurde mit dem Tode bestraft. Alle Nazibefehle schlossen unvermeidlich mit der gleichen Androhung der Todesstrafe ab. Die faschistischen Henker erschossen, verbrannte und henkten die Sowjetmenschen zu Tausenden.

Die Hitlerleute schafften das in der Stalinschen Verfassung verankerte Recht des Sowjetmenschen auf Arbeit ab. Die sowjetische Industrie wurde vernichtet. Die Nazis zerstörten 31 850 Betriebe, in denen etwa 4 Millionen Arbeiter beschäftigt waren. Die Ausrüstungen von Werken und Fabriken, die nicht mehr hatten verlagert werden können, wurden von den Deutschen nach Deutschland abtransportiert. Allein an den Werkbänken zur Metallbearbeitung vernichteten oder verschleppten sie 175 000 Stück.

Die Nazis trieben die Sowjetbauern von ihrem Boden und verteilten diesen an ihre Offiziere und Soldaten. Die Kollektivwirtschaften wurden vernichtet. Nach bei weitem nicht vollständigen Angaben betragen allein die Verluste durch unmittelbare Vernichtung des Eigentums von Bürgern, Kollektivwirtschaften, gesellschaftlichen Organisationen sowie staatlichen Ämtern und Betrieben insgesamt 679 Milliarden Rubel. Auf dem sowjetischen Boden erschienen deutsche Gutsbesitzer und Großbauern. Die Nazis vertrieben die Kollektivbauern von ihrem Boden und zwangen sie, für die faschistischen Sklavenhalter zu arbeiten und trieben sie zur Zwangsarbeit nach Deutschland, Wer Widerstand leistete oder seine Unzufriedenheit äußerte, wurde ausgerottet.

Die Sowjetmenschen mussten Nummernschilder am Hals tragen. Sie wurden nach ihren Nummern zum Ausheben von Schützengräben oder zur Arbeit auf den Gütern der Junker aufgerufen. Hunderttausende von Russen, Ukrainern, Bjelorussen, Litauern, Letten, Moldauern und Esten, die zur Zwangsarbeit weggetrieben worden waren, arbeiteten wie Sklaven, nicht selten in Fesseln. Die deutschen Behörden veröffentlichten eine besondere Anweisung, wie man die Sowjetmenschen zu behandeln hat:
„Deutscher! Um die Produktivität der deutschen Betriebe zu steigern, wurde es notwendig, Arbeiter aus Sowjetrussland herzuschaffen. Zeigen ihnen stets, dass du ihr Herr bist…Zeige den russischen und ukrainischen Arbeitern stets, dass du ihnen überlegen bist.“
Millionen von Sowjetmenschen kamen vor Hunger oder übermäßiger Arbeit für die faschistischen Sklavenhalter um. Die Nazis schafften das vom Sowjetvolk erkämpfte und in der Stalinschen Verfassung niedergeschriebene Recht auf Bildung ab. Sie lösten die Hochschulen und Schulen auf, brannten Bibliotheken, Klubs und Lesehallen nieder. Von insgesamt 992 Museen zerstörten die Hitlerleute 427.

Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 4 aus dem Jahre 1947

Auf dem Schutthaufen des heimatlichen Dorfes. Die Hitlerleute haben 1710 sowjetische Städte und über 70 000 Dörfer vollständig oder teilweise zerstört und niedergebrannt, über 6 Millionen Wohnhäuser vernichtet. Über 25 Millionen Sowjetmenschen blieben obdachlos
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 4 aus dem Jahre 1947
Die Hitlerbanditen verhöhnten die Ehre und den Nationalstolz des russischen Menschen. Sie beraubten ihn seiner geistigen Schätze und waren bestrebt, die Sowjetmenschen zu versklaven und zu germanisieren. Die Hitlerleute zerstörten die Denkmäler Schewtschenkos, des großen Kämpfers um die Freiheit des ukrainischen Volkes. Sie plünderten das Häuschen des großen russischen Komponisten Tschajkowskij in Klein aus und brannte das Gedenkhaus des großen russischen Schriftstellers Tschechow in Tanganrog nieder. Sie schändeten eine der ganzen Menschheit heilige Gedenkstätte: das Gutshaus von L.N. Tolstoi in Jasnaja Poljana.

Die von den Besatzungsbehörden und Truppenteilen begangenen Bestialitäten wurden auf Befehl der deutschen Regierung und des deutschen Oberkommandos nach vorher ausgearbeiteten Plänen verübt.
In offiziellen Befehlen wurde das Plündern von den faschistischen Generälen gefördert. Den regulären Truppenteilen wurden besondere Waggons zur Verfügung gestellt, damit die Soldaten das Beutegut in Hinterland schicken konnten.
In dem deutschen „Merkblatt über das Beutegut und über die bei der Bevölkerung beschlagnahmten Lebensmittel“ für die Truppen heißt es:
„Für jeden Truppenteil muss es das höchste Gebot sein, alle örtlichen Hilfsquellen höchstmöglich auszunutzen… Die Einziehung oder die Beschlagnahme von Lebensmitteln oder Rohstoffen bei der Bevölkerung kann auf Befehl der Kompanieführer und ihnen gleichgestellten und darüber erfolgen. Die Beschlagnahme muss planmäßig erfolgen. Die Beute kommt jenem Truppenteil zugute, der die Beschlagnahme durchgeführt hat.“
Das war die „Neuordnung“, die von den nazistischen Kannibalen in dem vorrübergehend besetzten Sowjetgebiet eingeführt wurde.

Der Qualm der Brandstätten legte sich über die Städte und Dörfer. Ein Stöhnen ging durch die verwüsteten Gebiete.

3. Die heldenmütige Verteidigung von Stalingrad
An der Front rückten die Hitlertruppen, die immer wieder Verstärkungen erhielten, weiter zur Wolga, nach Stalingrad, vor. (Stalingrad ist im Jahre 1961 in Wolgograd umbenannt worden.)
Stalingrad war damals eine der größten Industriestädte der Sowjetunion. Vor dem Krieg zählte sie etwa 500 000 Einwohner. Die Stadt erstreckte sich als ein 60 km langes Band längs des rechten Wolga-Ufers. An ihrem nördlichen Rand war der Industriegigant – das Stalingrader Traktorenwerk – sowie eine Reihe metallurgischen Betrieben gelegen. In den Jahren der Sowjetmacht wurde Stalingrad zu einer der wichtigsten Waffenschmieden des Landes. Aus Stalingrad rollten Panzer, Schlepper und Geschütze in einem ununterbrochenen Strom an die Front.

Stalingrad hatte auch eine ungeheure strategische Bedeutung. Die Stadt steht an der Kreuzung der sichtigsten Wasser- und Eisenbahnwege, die das Zentrum des Landes mit dem Kaukasus und Transkaukasien, mit Astrachan und Baku verbinden.

Hitler setzte die 6. Armee unter Führung des Generalobersten von Paulus gegen Stalingrad ein. Diese Armee hatte in Belgien, Frankreich, Jugoslawien und Griechenland gekämpft. Die Deutschen hielten sie für unbesiegbar. Bei Stalingrad operierte ferner die 4. Panzerarmee. Vor der Stadt kämpften zunächst 17 und im August bis September 36 Divisionen, darunter 21 deutsche, der Rest rumänische und italienische Divisionen. Die Deutschen konzentrierten bei Stalingrad nicht weniger als 2000 Flugzeuge. Über 1500 Geschütze nahmen die Stadt unter Feuer.

Der Oberste Befehlshaber, Stalin, befahl, den Ansturm des Feindes aufzuhalten. „Keinen Schritt zurück!“ wurde zur Parole der ganzen Armee.
Hitler dachte zunächst, Stalingrad im Handstreich zu nehmen. Es vergingen aber Tage. Stalingrad hielt sich. Hitler setzte einen Termin nach dem anderen für die Eroberung der Stadt fest. „Das Schicksal Stalingrads ist das Schicksal des ganzen Krieges“, wiederholte immer wieder die deutsche Presse. Ende August wurde die Lage besonders kritisch. Nachdem sie den letzten Befehl Hitlers erhalten hatten, ohne Rücksicht auf Verluste die Stadt nicht später als am 25. August zu nehmen, verstärkten die Deutschen ihren Druck. Am 23. August gelang es einer deutschen Vorhut mit über 100 Panzern, nordwestlich von Stalingrad durchzubrechen und am Abend die Wolga zu erreichen. Die Hitlerleute glaubten: noch ein Ruck, und die Stadt würde fallen. Drei Tage lang wurde sie von den Faschisten ununterbrochen mit Bomben belegt. Im Durchschnitt unternahm die deutsche Luftwaffe bis zu 2000 Feindflüge täglich. Aber die Hitlerleute hatten sich erneut verrechnet. Die unmenschlichen Bombenangriffe haben unter den Verteidigern von Stalingrad keine Panik hervorgerufen, wie das der Feind glaubte, sondern deren Widerstandsgeist entfacht. Zusammen mit den regulären Truppen erhob sich die Bevölkerung der Stadt zu deren Verteidigung. Ein Korps der Volkswehr rückte an die Front. Die Arbeiter des Stalingrader Traktorenwerks setzten sich an das Steuer der Panzer oder stellten sich an die Geschütze. In diesen schweren Tagen rückten die Deutschen ganz nahe, bis auf 500-800 m an das Stalingrader Traktorenwerk heran. Aber in das Werk ließ man sie nicht hinein.

Nach zahlreichen Angriffen gelang es den Deutschen, am 14. September in der Nähe des Bahnhofs in die Stadt einzudringen und am 22. September in der Nähe der Zentralanlegestelle die Wolga zu erreichen. Aber die Stadt setzte den Kampf fort. Es entspannen sich erbitterte Straßenkämpfe. Die beispiellose Tapferkeit der Verteidiger von Stalingrad machte sämtliche deutschen Pläne zunichte. Die Kämpfer der 62. Armee verteidigten unter dem Befehlt von General W.I. Tschujkow, später Held der Sowjetunion, heroisch jedes Haus. Es galt den Ruhm des ehemaligen Zarizyn nicht verblassen zu lassen. Viele von den alten Kämpfern um Zarizyn kämpften in den Reihen der Stalingrader. Jede Straße der Stadt erinnerte an die einstige heroische Verteidigung unter Stalins unmittelbarer Führung während des Bürgerkrieges. Es kam nicht selten vor, dass die Stalingrader die gleichen Stellungen bezogen, an denen einstmals der Ansturm der deutschen Regimenter und der Regimenter Krasnows zerschellte. Die von den Kampftraditionen der Zarizyner beseelten Stalingrader wehrten einen feindlichen Angriff nach dem anderen ab. Hunderte deutscher Flugzeuge wurden abgeschossen, Hunderte von Panzern vernichtet. Jeden Tag musste Hitler 3-4000 Mann abschreiben.

Mit tiefer Erregung verfolgte das ganze Land die heldenmütige Verteidigung von Stalingrad. Vom Ural, von der oberen Wolga, aus allen Enden des Landes trafen Freiwillige ein, rückten Truppen in Eilmärschen heran, rollten Munitionszüge an. Aus Moskau kamen die Moskauer Gardisten, die als erste den Mythos von der Unbesiegbarkeit der Deutschen zerstört haben. Die gesamte fortschrittliche Menschheit verfolgte mit Hoffnung und Stolz die Schlacht an der Wolga. Alle waren sich der Tatsache bewusst, dass der Ausgang der Schlacht das Schicksal des Feldzuges 1942 bestimmen würde. Bei der Verteidigung von Stalingrad spielten die Matrosen der Wolgaflottille eine gewaltige Rolle. Die Einheiten der Flottille waren an der linken, südlichen Flanke der Verteidigung konzentriert. Die eine Gruppe der Schiffe operierte unter dem Befehl von Konteradmiral Nowikow, die andere unter dem Befehl von Konteradmiral Worobjow. Die Schiffsartillerie leistete den sowjetischen Infanterieeinheiten große Hilfe. Im September 1942, als die Gefahr drohte, dass die Deutschen zur Wolga durchbrechen könnten, wurden die Schiffe des Konteradmirals Worobjow in die Nähe der Zentrale für Kulturarbeit verlegt. Hier wurde ein Marinesammelbataillon aufgestellt, das eine Verteidigungsstellung in der Nähe des Traktorenwerkes bezog.

Im Norden operierte ein Verband von Schiffseinheiten, der die Infanterietruppen unterstützte, bis die Verteidigung der Stadt beendet war. Die Schiffe der Wolgaflottille sicherten unter den schwierigsten Bedingungen den Übersetzverkehr über den Fluss unmittelbar bei Stalingrad. Ende Oktober unternahm der nördliche Verband von Panzerkuttern einen Durchbruch nach Stalingrad. Die Matrosen der Wolgaflottille schafften Munition und Verpflegung heran und brachten die Verwundeten in Sicherheit.

Die Regierung zeichnete über 400 Kommandeure und Matrosen der Flottille durch Orden aus. Die Kanonenboote „Usyskin“ und „Tschapajew“ wurden durch Orden des Roten Banners ausgezeichnet. Der Erste Panzerkutter-Verband wurde in die Garde eingereiht. Durch das ganze Land unterstützt, reiben die sowjetischen Truppen bei Stalingrad die faschistischen Divisionen auf. Die Kräfte der Deutschen schmolzen dahin, die Kräfte des Sowjetlandes erstarkten. Die heroische Verteidigung von Stalingrad machte es dem Sowjetischen Oberkommando möglich, die notwendigen Reserven zusammenzuziehen. Die Verteidiger von Stalingrad haben den Feind entkräftet und schwer mitgenommen und dadurch seine endgültige Zerschmetterung vorbereitet.

Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 4 aus dem Jahre 1947, Original-Autoren I.I. Minz, I.M. Rasgon und A.L. Sidorow, bearbeitet von Petra Reichel

Ein Kommentar zu „Die Verteidigungsschlachten im Sommer 1942“